Kapitel 8 - Die Abreise des Lords

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Die Erde beginnt zu zittern und zu beben und Zuckerschnäuzchens Rufe werden lauter. Ich renne aus der Höhle und sehe, wie sie in die Blätterkronen eingebrochen ist und verzweifelt versucht sich mit hastigen Flügelbewegungen heraus zukämpfen. Sie windet sich und dreht sich und jedes Zittern und Beben der Erde lässt sie immer stärker auf den Boden sinken.
Plötzlich zerspringt die Erde, reißt auf und taucht den Wald in Rauchschwaden und Geröll. Aus dem Riss ertönt ein Lachen. Das Lachen wird mit jedem Beben lauter und aus dem Erdenschlund drängen sich grüne Nebelschwaden. Der Nebel wird dichter, der Riss breiter und das Lachen lauter, bis die Erde endgültig bricht und sich ein riesiges Luftschiff herausdrängt. Ein riesiges Schiff aus Blech und Stahl, dass sich wie ein Keil in die Luft treibt und unter sich eine Plattform, die durch Stahlseile an den Triebkörper gebunden ist, mit in die Luft zieht.
„Guten Abend!", hallt es lachend von der Plattform. Langsam erkenne ich einen Schatten, der sich am Stahlseil haltend über den Abgrund zum Boden beugt. „Ich wusste es!" rufe ich, während sich Zuckerschnäuzchen immer noch windet.
Mit halben Blick auf sie gerichtet, um zu wissen, wann sie bereit ist, setze ich fort: „Du!"
„Ich", schallt es hinunter und der Schatten schwingt sich lachend um das Seil, „Ich bin wieder zurück."
Er lässt eine Pause, in der ich eine andere Person am anderen Ende des Luftschiffes am Steuerrad sehe, die das Luftschiff lenkt und den Kopf halb hängen lässt.
„Ein Hundert Jahre ist es her.", ruft der Schatten. „Hast du mich vermisst? Natürlich hast du das. Alle haben das."
Er lacht und bringt mit seinem Lachen die Luft zum Zittern. Mein Blick fällt nun auf ein Rohr am Luftschiff, dass sich in den Himmel streckt. Nun weiß ich woher die grünen Nebelschwaden stammen und sehe auch, wie die Pflanzen, die davon berührt werden anfangen zu verwelken.
Das Luftschiff hat sich schon einige hundert Meter in den Himmel gebohrt, und scheint bald am Horizont zu verschwinden, da höre ich nur ein Knurren und bemerke, wie sich Zuckerschnäuzchens Kopf an mir vorbei schiebt.
„Gleich.", flüstere ich ihr zu und lege meine Hand vorsichtig auf ihre Schnauze. Langsam erhitzt sie sich. „Gleich.", wiederhole ich.
„Auf Wiedersehen!", ruft der Lord von seiner Maschine aus.
„Auf Wiedersehen!", sagt er selbstgefällig lachend.
„Jetzt" sage ich zu meinem Drachen und schwinge mich auf dessen Schultern. Mit einem starken Ruck hebt er auf und hetzt dem Luftschiff hinterher, das grüne Dampfschwaden hinter sich entlang zieht.
Fast haben wir ihn eingeholt, schon sagt er nur:
„Na, na, na. Wer will denn hier böse werden?"
Ich kann sein süffisantes Grinsen auch aus der Weite schon sehen. Er bewegt seine Hände und schnippt nur einmal und schon stellt sich vor uns eine dunkle Wolkenwand, die uns die Sicht versperrt. Zuckerschnäuzchen fliegt direkt hinein und bleibt in der Luft stehen. Blitze schlagen sich gegenseitig in den Wolken und die Motorgeräusche des Luftschiffes, sowie das Lachen des Lords verhallen. Nur noch ein Satz schallt lange in der Luft nach:
„Kaum sind hundert Jahre vorbei und du willst direkt wieder unfair spielen. Das ist doch nicht gerecht..."

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