Kapitel 2 - Ein hitziger Kampf

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Dreißig Minuten voller monotoner Rechtsabsicherung und Klärung der Agenda waren vergangen, als Hermine das erste Mal ihren Stuhl nach hinten schnellen ließ und sich mit ernster Mine erhob: „Nein! Das können wir nicht zulassen!". Ihr Tonfall war laut und klang fast verzweifelt. Das leise Gemurmel um sie herum verstummte. Neben klang ein amüsiertes Seufzen. „Miss Granger, ich möchte Sie bitten, auch bei einer so kontroversen Debatten die Etikette zu wahren. Setzen Sie sich, ihre Redezeit beginnt später. So lassen Sie ihren Kollegen bitte vorerst aussprechen.", begab der Minister zu bedenken. Hermine presste die Lippen zusammen, aus ihrer Selbstsicherheit war ein peinlicher Scham geworden als sie die Blicke durch die Reihen schweifen ließ. Einige Zauberer versteckten ihre Emotionen hinter einem Hochziehen der Augenbrauen, wieder andere bemühten sich gar nicht darum und ahmten sie mit satirisch gehobenem Zeigefinger nach. ‚Wie im Kindergarten', flüsterte sie und gab auf. Sie wusste um die Relevanz ihres Einsatzes und war empört, dass selbst die Mitarbeiter im Ministerium ihre Anmerkungen nicht ernst nahmen. Frustriert rollte sie ihre Schreibfeder zwischen den Fingern. Sie würde es ihnen noch zeigen. Dann, wenn sich ihr Ehrgeiz eines Tages auszählen würde, wenn alle Zauberer dieselben Rechte hätten und es ein Leben in Harmonie mit der Erde gäbe. Doch nun musste sie sich mit Menschen durchschlagen, die in einer Tagung des Zauberei-Rates  mit dem Nachbarn tuschelten und kleine Papierkügelchen in ihre Richtung warfen. „Sie wollen sich doch nicht von diesem Proletariat entmutigen lassen, Miss Granger...?", raunte es mit sanfter Stimme in ihre Richtung. Sie blickte zu ihrer Rechten. Lucius Malfoy schaute sie von der Seite an. Er thronte auf seinem Stuhl, die Beine überschlagen und den Kopf und die Schultern hoch erhoben. Er lehnte sich nicht zu ihr herüber und doch drang seine flüsternde Stimme zu ihr durch. Ein Zauber. Sie hatte ihn immer für einen furchtbar schwachen Zauberer gehalten, der außer seinen Beziehungen - die wohl alle auf einer günstigen finanziellen Lage beruhten - nichts vorzuweisen hatte. Sie musste zugeben, dass sie doch ein wenig beeindruckt war - wenn auch angeekelt. Sie blickte ihm in die Augen, sein Blick eisern und doch so bestimmt. ‚Kindliches Verhalten ist eine Sache, aber dieser Mann manipuliert Menschen. Schau weg', befahl sie sich selbst. Sie versuchte ihre Gedanken wieder auf die Diskussion im Raum zu lenken, aber ihr Kopf ließ das nicht zu. Sie wünschte sich schon so oft, eine bessere Kontrolle über ihre Gedanken zu haben. Nachts lag sie oft lange wach, weil Szenarien ihren Kopf durchwanderten, die womöglich nie eintrafen. Sie überdachte Situationen bis ins kleinste Detail oder nahm Zusammenhänge auseinander, bis sie sich in die wildesten Theorien verstrickte. Es war nicht einfach, sie zu sein. Ein kluger Kopf ließ sich nicht einfach abschalten. Und so fand auch Lucius Malfoy immer wieder Einzug in ihre Gedanken -  ‚Warum sprach er mir zu? Warum ermutigte er mich? Warum benahm er sich nicht wie ein halbstarker Teenager und lachte mich aus? Das macht alles keinen Sinn...'. Am Ende der Konferenz - Hermine fand nie wieder in das eigentliche Streitthema herein und bekam so erneut amüsierte Kommentare zu hören - hatte sie beschlossen, dass Malfoy Senior genau das im Sinn hatte. Er wollte sie ablenken, vom Thema wegzerren, um seine Weltanschauung durchsetzen zu können. Und das hatte er getan. Geschickt hatte er den Minister und alle Kolleginnen und Kollegen umgarnt, das Hässliche wunderschön klingen lassen und alle mit seinem Charme überstimmt. ‚Drecksack', flüsterte sie vor sich hin während sie ihr Notizbuch in die Aktentasche gleiten ließ. Der Raum leerte sich schnell. „Ich hoffe, das galt nicht mir?", raunte seine Stimme abermals. Sie hielt inne und rollte mit den Augen. War er überall? „Nein, Mr. Malfoy, gewiss nicht. Bitte entschuldigen Sie mich", gab sie von sich während sie sich von ihrem Stuhl erhob. Sie bewegte sich zügig Richtung Ausgang, als sie die Hinterlassenschaften ihrer Kollegen erblickte. Der Boden war überdeckt von Papierkügelchen, Kaffeebechern und Muffinpapieren. „Barbarisch", flüsterte sie und bückte sich, um die Einzelteile aufzuheben. Sie war es satt, wie wenig sich die Zaubererwelt um die Umwelt scherte. „Was genau tun sie dort?", ertönte Malfoys Stimme. Er hatte den Raum noch nicht verlassen. Lauerte er ihr auf? „Ich entsorge den Müll, wonach sieht es denn aus?" „Na, na, es gibt keinen Grund für solch eine unbefangene Reaktion", sprach er, „doch ich wundere mich...". Er richtete seine Hand auf einen leeren Papier-Kaffeebecher und ließ ihn hoch in die Luft gleiten. „Haben wir dafür kein Personal?", er drehte den Becher in der Luft und ließ ihn vor ihren Augen verbrennen, „Hauselfen?". Erschrocken über die plötzlichen Flammen und etwas eingeschüchtert von Malfoys Tonfall, riss Hermine die Augen auf, räusperte sich dann aber und strich ihren Blazer glatt. „Mr. Malfoy - wie ich bereits mehrfach in unseren Konferenzen erklärt habe, suche ich nach Gleichberechtigung in der Zaubererwelt. Das betrifft auch Elfen, die uns zu keinerlei Arbeit verpflichtet sind. Ich bin genauso zuständig dafür, für unsere Erde zu sorgen, wie die Elfen. Und wie Sie". „Ah", entgegnete er kühl und mit einem schlecht inszenierten falschen Interesse. Er drückte sich an ihr vorbei und fand schnellen Schrittes den Ausgang. Sein Samtumhang umwehte ihre Beine und hinterließ den Geruch seines Parfums. Hermine atmete mit geschlossenen Augen die männliche Note ein und schüttelte schnell den Kopf, als sie Gefallen daran fand. Nun war sie von sich selbst angewidert.

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