Kapitel 19 - Malfoy Manor

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„Komm mit mir", sprach er mit engelsgleicher Stimme und streckte ihr die offene Hand entgegen. Hermine zögerte keinen einzigen Moment und legte ihre zarte Hand in seine. Sein Blick hatte sie völlig umgarnt, gefangen war sie in den Tiefen seiner hellgrauen Pupillen. Was hatte sie gerade getan? Warum zur Hölle knickte sie jedes Mal ein, wenn Lucius Malfoy sie betrachtete? Warum folgte sie einem Mann, der offensichtlich seine Frau auf übelste Art und Weise zugerichtet hatte? Doch ihre Gedanken wurden untergraben als der Boden unter ihr zu beben begann. Die Welt um sie herum drehte sich, die Zauberer, die durch die Eingangshalle huschten, verschwammen zu einem bunten Gewirr von Farbtupfern, die hellerleuchteten Deckenlampen sprangen umher wie kühne Feenlichter. Der Grund unter ihren Füßen verschwand, sie schien gar zu schweben, ganz schwerelos und unbekümmert. Im nächsten Moment fiel sie zu Boden - einen kalten, dunklen Steinboden. Von Schmerzen des heftigen Aufpralls geplagt richtete sie sich zaghaft auf und kam wieder zu vollem Bewusstsein. Sie waren appariert. Lucius Malfoy zögerte nicht, ihr aufzuhelfen. Seine Bewegungen waren stets elegant, sein Gesichtsausdruck makellos. Nie würde er auch nur eine verborgene Emotion durchscheinen lassen. Es beängstigte Hermine und wieder fragte sie sich, warum sie eigentlich zugestimmt hatte. Doch ihre Neugier konzentrierte sich zunächst auf die ungewohnte Umgebung und ließ Malfoy unbeachtet. Ihre Augen bewegten sich über düstere Wände und antiken Möbelstücken aus hochpoliertem Ebenholz. In Mitte des Raumes schien das flackernde Licht eines Kamins auf den schwarzen Marmor des Fußbodens, der die zarten Flammen spiegelte. „Wo sind wir", fragte Hermine mit kühler Stimme, längst sicher über die Antwort. Sie waren im Landsitz der Malfoys, genau dort, wo Hermine einst von Bellatrix Lestrange durch den Cruciatus-Fluch gefoltert worden war. Sie hörte Lucius belustigten Atemzug. „Ich denke, Miss Granger, sie wissen, wo wir uns befinden". Er drehte sich zu seiner Frau, deutete zur Tür und beobachtete, wie sie sich entfernte. Nun schritt er zur anderen Seite des Raums. „Kommen Sie", rief er Hermine nach. Verängstigt folgte sie ihm leichtfüßig, trat durch die imposante Arkade, die sie zu einem noch viel größeren Raum führte. Die Zimmerdecke war meterhoch und gewölbt, beherbergte mehrere mit funkelnden Kristallen besetzte Kronleuchter, die mühelos einen Menschen erschlagen konnten. Und doch waren sie aus so vielen zarten, filigranen Elementen zusammengesetzt, die in Schönheit kaum zu überbieten waren. Sie dachte an Lucius. An seine wunderschöne Hülle, seine prächtige Erscheinung. Und daran, wie gefährlich er eigentlich war. Sie schluckte und blickte sich weiter um. Sie dachte daran, wie klug es wäre, sich Fluchtwege bereit zu halten. Doch das Haus schien schier endlos zu sein. „Chardonnay, Liebes?", fragte er charmant. Hermine blickte ihn verdutzt an. Fragend hatte sie die Augenbrauen gerunzelt. Seit wann war sie nun ‚Liebes' geworden? Wortlos reichte er ihr ein leeres Weinglas und entfernte den Korken des edlen Tropfens. ‚Nein', dachte sie, ‚er würde sie vergiften'. Er erhob die Flasche, doch sie bedeckte blitzschnell das Glas mit der flachen Hand. „Nein", sagte sie bestimmt. Er schien verärgert und irritiert über ihr unhöfliches Verhalten, blieb aber seiner vorsätzlich manierlichen Art treu: „Wie bitte?". Er war wie eine falsche Schlange, eine List, die er galant zu vertuschen beherrschte. Sie ekelte sich vor ihm, erwiderte aber das Spiel: „Ich trinke heute nichts, Mr. Malfoy. Ich bitte Sie, das zu entschuldigen." Sie triumphierte innerlich, als sie die Worte so selbstsicher verpackte. „Trinken Sie", wiederholte er sich, nahm das Glas wieder an sich und goss den edlen Wein in das kristallne Gefäß. Einschüchternd hielt er das alkoholische Getränk vor sie, ließ nicht nach, auch, als sie nicht direkt danach griff. Sein Blick durchbohrte ihre Augen, sie wollte sich doch wehren, aber sie wurde schwach. Es wäre auch zu unhöflich gewesen, sein Angebot auszuschlagen. Sie griff nach dem Glas und bemerkte, wie ihre Lippen sprachen: „Es tut mir Leid, Master." Zufrieden grinste er und schenkte sich nun auch ein Glas des teuren Weines ein. „Es ist nicht vergiftet", fügte er hinzu und nippte selbst an dem Getränk, „Ich bedaure es, dass meine Frau diese Angst in Ihnen geschürt hat". Hermine nickte: „Es ist wohl nicht Ihre Schuld." Es durchzog sie wie ein Messerstich als sie darüber nachdachte, was er ihr angetan hatte. Ihr Verlangen war groß, ihn zu beschuldigen, ihn sich rechtfertigen zu lassen. Doch sie wusste, dass kein Wort dem Geschehenen Rechtfertigung verschaffen würde. Es war unentschuldbar. Nun erst begriff sie, wie gefährlich es für sie war, neben dem Mann zu stehen, der seine eigene Frau so schamlos zugerichtet hatte. Würde er seine Hand auch gegen sie richten? Nervös tippte sie hin und her, leerte ihr Weinglas in einem Schluck und stellte es auf das nahgelegene Tischlein ab. „Warum haben Sie ihr das angetan?", platzte Hermines Neugier nun doch hervor. Sie hätte sich am liebsten selbst für diese törichte Handlung bestraft. Aber das würde nun wohl er übernehmen. Finster blickte er hinter einer ihm ins Gesicht fallenden blonden Haarsträhne hervor. Quälend langsam sank er das Glas, tat ihr gleich und platzierte es neben des ihren. Mit erhobener Brust rieb er sich die Finger und setzte einen Schritt nach vorne. Er würde sie schlagen. Quälen. Missbrauchen. ‚Renn, Hermine, renn', befahl ihr Gewissen. Und so machte sie auf der Stelle kehrt, stolperte fast über ihre eigenen Füße und rannte so schnell sie ihre Beine trugen würden in Richtung des nächsten Korridors. Doch so weit kam sie nicht. Seine kräftigen Arme hatten längst ihre schmale Taille umschlossen, hielten sie an Ort und Stelle und nagelten sie dann gegen das Gemäuer. Herrisch schwebte er über ihr, seine Arme links und rechts neben ihrem Körper fixiert, sodass sie nicht entkommen konnte. Ihr Herzschlag schnellte und die Luft, die sie zu atmen versuchte, wurde in ihrer Kehle abgeschnürt. Ihre Lungen brannten und ihr Körper war von Adrenalin durchströmt. Sie war hellwach, überlegte blitzschnell hin und her, erkannte aber, dass ihre Bemühungen ausweglos waren. Sein Körper bebte, er atmete angestrengt tief ein und aus während er über ihr kauerte. Wie eine Bestie, die ihre Beute gepackt hatte. Die Haarsträhne hing noch immer tief in seinem Gesicht. Seine Lippen kamen bedrohlich nah, als er zum Reden ansetzte: „Ich habe ihr das angetan, Miss Granger, weil ich sie beschützt habe". „Ich verstehe es nicht, Sir". „Dann versuchen Sie es mal". Kaum waren diese Worte gewechselt, drückte Lucius Malfoy bereits seine warmen Lippen auf ihren Mund. Liebte er sie? Hatte er deswegen seine Frau geschlagen? Hermine konnte sich keinen Reim aus ihm bilden, doch ihr Gedankenkonstrukt brach ohnehin zusammen, als er seine Hand in ihren Nacken legte und sich seine Lippen seicht öffneten, um mit ihrer Zunge zuspielen. Ein Stich in ihrem Unterleib durchzog sie, als sie sich dem leidenschaftlichen Kuss hingab. Mit einem Ruck hatte er sie angehoben und trug sie mühelos durch den Korridor während er weiter ihren Mund bearbeitete. Verzweifelt und erregt zugleich klammerte sie sich an sein weißes Leinenhemd, das die starke Brust bedeckte. Er war ein so stattlicher Mann und es fiel ihr schwer, diese Tatsache zu ignorieren. Sie war seinem leidenschaftlichen Kuss so verfallen, dass sie nicht bemerkt hatte, dass sie einen anderen Raum betreten hatten. Erst, als er sie seicht zu Boden fallen ließ, löste sie sich von seinem Kuss und blickte sich um. Ein Zimmer, das die Fläche ihres gesamten Apartments einzunehmen schien, erstreckte sich vor ihrem Blickfeld. Sie wusste, dass Adelshäuser genau dieses Gefühl vermitteln sollten, was Hermine nun empfand. Eindrucksvoll und imposant, ja, gar überheblich und eklatant, lag der Raum vor ihr. Das Zimmer erschien deutlicher heller als der Rest des malfoyschen Anwesens - weißes Interieur verschmolz mit güldenen Beschlägen und seidenen Textilen. Überall zierten Borten und Rüschen das Dekor. Es war prunkvoll, fast protzig. Bevor sie sich genauer umschauen konnte, zog sie Malfoy wieder in einen langen, erotischen Kuss. Sein herber, männlicher Duft umgarnte sie und seine Berührungen ließen sie zittern. Während er seine Hände an ihrem Körper auf und abfahren ließ, schob er sie sachte rückwärts. Hinter ihr befand sich ein Himmelbett, dessen Größe an die des Raumes angepasst war. Sie konnte keinen Gedanken an das Aussehen des Bettes verschwenden, denn kurzum lag sie bereits mit dem Rücken auf der dessen Laken. Er thronte über ihr, bestieg sie regelrecht und rieb die vor Erregung ausgebeulte Stelle seiner Hose über ihren zarten Körper. Angst, Scham und Ekel stiegen in ihr auf. ‚Was willst du, Hermine?', fragte sie sich selbst. Sie war verwirrt, genoss seine warmen Berührungen, seine charmante Zuneigung und den heißen Körper, der sich über ihr schlängelte, aber sie musste ihn doch hassen. Sie wollte ihn doch hassen.

'Ich krieg' von dir niemals genug, du bist in jedem Atemzug
Alles dreht sich nur um dich, warum ausgerechnet ich?
Zähl' die Stunden, die Sekunden, doch die Zeit scheint still zu steh'n
Hab' mich geschunden, gewunden – lass mich gehen!
Was willst du noch? Willst du meine Tage zähl'n?
Warum musst du mich mit meiner Sehnsucht quäl'n?
Deine Hölle brennt in mir, du bist mein Überlebenselixier
Ich bin zerrissen – wann kommst du meine Wunden küssen?'

(Song von Falco, Out Of The Dark, 1998)

Ministry MaidWo Geschichten leben. Entdecke jetzt