Hermine stand noch immer vor Malfoys Büro. Sie lauschte. Unfreiwillig. Denn die lauten Stimmen, die aus dem Inneren des Raumes drangen, waren kaum zu überhören. Narzissa Malfoy schrie ihren Mann mit quietschender Stimme an. Es klang grausig - als würde jemand mit spitzen Fingernägeln über eine Schiefertafel kratzen. Hermines Herz pochte und sie wusste, dass es besser war, nicht zu lauschen. Doch ihre Neugier siegte. So trat sie wieder Schritt für Schritt an die Bürotür heran und legte vorsichtig ihr Ohr gegen das Holz. Der Unterhaltung konnte sie nur bruchstückhafte Gesprächsfetzen entnehmen. Eigentlich war es gar keine Unterhaltung, sondern ein Monolog, eine Standpauke. Seine Frau musste vor Wut kochen. „Wenn du dieses Mädchen noch einmal...". Ein Poltern drang durch die Tür. „Denk ja nicht, ich wüsste nicht...". Es folgten weitere unverständliche Worte. Hermine lehnte sich noch näher an die Tür, presste ihr Ohr regelrecht daran. „Du bringst Schande über unser edles Haus, Lucius! Ein Schlammblut!". Hermine schluckte bei dem Begriff. Sie wusste, sie dürfte sich diese Worte nie zu Herzen nehmen - sie stammten von uneinsichtigen Zauberern, die keinerlei Anstand und Empathie besaßen - doch sie trafen sie jedes Mal. Ihr wurde schlecht und so stand sie auf und machte sich auf den Weg zu ihrem Büro. Die Freude über das unterschriebene Dokument längst vergessen, saß sie wehleidig an ihrem Schreibtisch. Ihr Bauch schmerzte und sie schwitzte leicht. Sie fragte sich, warum ihr die überhörte Unterhaltung so zugesetzt hatte. Oder war es die Angst darüber, was sie künftig erwarten könnte? Würde Lucius ihr wütend sein, sie gar bestrafen? Oder würde er von ihr gänzlich ablassen? Ein Stich durchzog ihren Leib. Sie warf noch einige Gedanken in ihrem Kopf hin und her, dachte schließlich auch an ihre Handzettel. Aus Angst, die gültige Unterschrift verfallen zu lassen, quälte sie sich aus ihrem Bürostuhl, klemmte Zettel und Pergament unter ihren Arm und verließ das Gebäude.
Mittlerweile hatte sie das antiquiert aussehende blecherne Straßenschild mit der Aufschrift „Winkelgasse" erreicht. Das belebte Einkaufsviertel lag bunt und eindrucksvoll vor ihr. An jeder Ecke, an jedem kleinen Winkel, gab es etwas Neues zu entdecken und zu bestaunen. Sonst erfüllte sie diese Straße immer mit Freude - so magisch, einzigartig. Wie ein kleines Kunstwerk. Die Gasse schien eine Seele zu haben, gar eine ganz eigene Persönlichkeit. Nun war ihr Aufenthalt aber nur eins: schlichtweg überfordernd. Eindrücke schlugen auf sie ein, bunte Farben, Gerüche jeglicher Art. Die Gespräche und die Zauberer, die sie führten, verschmolzen zu einem monotonen Dröhnen in ihrem Kopf. Ihr Magen krampfte zunehmend. Doch sie riss sich zusammen. Sie war keine Hexe, die schnell aufgab und das wollte sie auch nie sein. Sie war eine Gryffindor und eine verdammt stolze dazu. Glücklicherweise hatte sie sich bereits ausgemalt, wo sie sich am besten platzieren sollte. So steuerte sie zielstrebig auf das imposante Gebäude der Gringotts Bank zu. Durch die Menschenmassen kam sie nur schleppend voran, aber ihr schmaler Körper nutzte jede Lücke aus, um hindurch zu huschen. Heute war sie recht zittrig auf den Beinen und so war sie froh, als sie endlich einen festen Standort fand. Es verstrich ein die Zeit, in der sie vorbei hetzenden oder bummelnden Zauberern - es gab nichts dazwischen - einen Zettel in die Hand drückte. Sie stieß auf Ignoranz oder Ablehnung, manchmal sogar auf Verachtung, aber sie gab nicht auf. Mittlerweile hielt sie eine Hand stützend an ihren Bauch. Es war beinahe schmerzhaft geworden. Ihr war furchtbar heiß und kalt zugleich. „Hermine?", ertönte eine seichte Frauenstimme aus der Menge. Sie drehte sich erschrocken um. Ihr wurde schwindelig, die Welt kreiste wirr um sie herum; Gebäude, Menschen und die Straße bewegten sich wie ein Karussell vor ihren Augen. Die Stimme - sie kam ihr so bekannt vor. Luna. Das Mädchen fiel Hermine um den Hals: „Wie lange es her ist! Ich freue mich, dich zu sehen". „Ja, ich freue mich auch, Luna", quälte Hermine mit letzter Kraft aus ihren Stimmbändern. Während Luna ihre Arme zu einer herzlichen Umarmung ausbreitete, fiel Hermine ihr schon entgegen. Mit Mühe fing Luna die bewusstlos werdende Hermine ab, ließ sie sanft zu Boden gleiten und beugte sich zu ihr herunter. Ohne zu zögern griff Luna Hermines Arm: Die Welt drehte sich, stürzte sich in ein schwarzes Nichts und die Schwerkraft schien für einen Moment auszusetzen. Nun fanden sie sich wieder, geborgen in den schützenden Wänden des Hauses Lovegoods. Hermine war bereits zur Seite gedreht, halb geistesabwesend würgte sie und übergab sich schließlich. „Hermine!", rief Luna verzweifelt. Hermine regte sich kaum und schwitzte stark. Luna schien einen Moment zu überlegen, richtete dann aber entschlossen den Zauberstab auf ihre zu Boden gesunkene Freundin und befahl mit zarter, aber selbstsicherer Stimme: „Levicorpus!". Der Körper, der zwischen Trance und Bewusstlosigkeit schwankte, wurde mit spielerischer Leichtigkeit in die Lüfte gehoben und schwebte nun, nach Anleitung der blonden Hexe, in Richtung eines rustikalen Strohbettes. Luna war höchst konzentriert, als sie sich darum bemühte, Hermines Körper möglichst sanft darauf absinken zu lassen. Nun eilte sie zu ihrer Freundin, kontrollierte ihren Puls, der schwach schlug. Hermine schien wieder zu sich zukommen, schlug aber wild mit ihrem Kopf hin und her, presste gequält Augen und Lippen zusammen. Schweißüberströmt, das nasse Haar an ihren Schläfen klebend, schrie sie vor Schmerz. Ihre Hände pressten auf ihren Bauch, klammerten sich dann wieder an das Leinentuch unter ihr. Unruhig bewegte sie sich auf dem Bett, als würde sie einen Albtraum erleiden. „Lucius...", stammelte sie nervös und undeutlich. Luna überhörte diese Worte, als sie in einem Nachttischchen wühlte, die Tischbeine umhäkelt mit buntem Garn. Während Hermine weiter schmerzerfüllt schrie, fand Luna eine schlanke Glasflasche, gefüllt mit einer azurblauen, zähen Flüssigkeit. Sie entfernte spielerisch den Korken von dem Trank und flößte Hermine das dickliche Gebräu ein. Hermine wehrte sich, umklammerte das Handgelenk ihrer Freundin und schlug um sich. Luna war angsterfüllt von dem dämonischen Verhalten der alten Schulfreundin, wusste aber um die Macht des Trankes und wie wichtig es war, dass Hermine alles schluckte. So scheute sie nicht, beherzt zu ihrem Mund zu greifen und ihre Lippen mit beiden Händen zu versiegeln. Hermine schlug nun auch mit ihren Beinen um sich, windete sich furios und würgte wieder laut. Es verstrichen einige Sekunden, in denen Luna eisern gegen den Attacken der jungen Hexe ankämpfte, bis die Gegenwehr nachließ. Hermine ruhte nun still auf dem Bett, fast schon wie eine schlafende Prinzessin, mit sanften rosigen Wangen und unschuldig vor ihrer Brust gefalteten Händen. Luna entfernte sich von ihr, legte die Glasflasche bei Seite und schlich zum Fenster. Einen Moment blickte sie hinaus, betrachtete die weiten Hügel und saftigen Weiden, und hielt inne. Hermine hustete kurz, richtete sich dann auf. Luna drehte sich herum und lächelte zart, als sie ihre Freundin erblickte, die nun wieder bei Bewusstsein war. „Weißt du, wer es war?", fragte Luna mit feenartiger Stimme. Hermine schaute sie fragend, fast verwirrt, an. „Wer was war?" „Wer dich vergiftet hat".
DU LIEST GERADE
Ministry Maid
FanficDer Krieg ist vorbei und Hermines Leben hat sich geändert - Schulbücher wurden durch Gesetzesbücher getauscht und statt im kleinen Rahmen Hauselfen zu helfen, reformiert sie nun das Ministerium. Gar nicht so einfach, denn auch die Rivalität ist gebl...