Hermine schrak hoch. Sie lag in ihrem Bett. Wann war sie schlafen gegangen? Wieviel Uhr war es? Ihr Kopf dröhnte und die Einrichtung ihres Schlafzimmers verschwamm vor ihren Augen. Ihre Hand schnellte zu ihrem Kopf. Ein stechender Schmerz durchzog ihre Stirn. Hatte sie getrunken? Sie erinnerte sich nicht. Warum erinnerte sie sich nicht? Gequält wälzte sie sich zur Seite und hob sich aus dem Bett. Sie setzte zum Gehen an, schwankte aber und fiel gegen ihren Kleiderschrank. Gedanken kreisten wild in ihrem Kopf. Unter großer Anstrengung schaffte sie es, ihren Körper, der wie gelähmt war, in die Küche zu tragen. Neun Uhr. Welcher Tag war heute? Donnerstag. Donnerstag! „Oh Mist", fluchte sie und versuchte, zurück ins Schlafzimmer zu rennen. Ihr Kopf war schneller als ihre Beine, sie stolperte durch die Gegend und fiel beinahe wieder zu Boden. „Ich muss doch bei der Arbeit sein", fluchte sie, „warum habe ich nur verschlafen?" Sie stand vor dem in Silber verschnörkelt gerahmten Spiegel als sie sich das erste Mal selber anblickte. Ihr Haar war zerzaust und sie trug ein Kleid. Warum trug sie ein Kleid? Ihre Hände fassten ungläubig über ihren Körper, fühlten das seidige, dünne Material des Kleidungsstückes. Sie hatte keine Erinnerung daran wie und warum es ihren Körper zierte. Doch sie merkte, dass etwas fehlte - sie trug keinen Slip. War sie so betrunken gewesen? War sie überhaupt betrunken gewesen? Während sie sich in ihre normale Arbeitskleidung zwang, stolperte sie durch die Wohnung und suchte nach Hinweisen. Ihre Wohnung war - wie immer - blitzblank. Keinerlei Flaschen, die auf einen vorherigen Alkoholkonsum hindeuten könnten, standen herum. Sie beschloss, Ginny anzurufen. Später. Nun musste sie erst einmal den Weg zur Arbeit finden. Sie dachte daran, dass sie noch nie zu spät gekommen war. Und sie dachte daran, wie sie wohl empfangen werden würde. Während sie die Tür ihres Apartments in das Schloss fielen ließ, scrollte sie durch die Musikliste auf ihrem Handy. ‚It's a Man's World von Cher', grinste sie, ‚wie passend'. Mittlerweile wieder sicheren Schrittes eilte sie zum Ministerium. Heute stand wieder eine Konferenz an - ausgerechnet heute. Während sie sich zielstrebig den Weg durch die zahlreichen Gänge bis zum Konferenzraum bahnte, überflog sie noch einige Papiere. Vor der Tür räusperte sie sich noch einmal und sprach anschließend das Passwort. Zögerlich trat sie ein und versuchte sich unauffällig dicht an die Wand gedrängt zu einem freien Platz zu schleichen. Der Zauberer, der gerade eine Rede hielt, verfolgte sie mit durchbohrendem Blick. Leise setzte sie sich auf einen nah gelegenen Stuhl und nahm geräuschlos ihr Notizbuch hervor. Gerade als sie entspannt ausatmen wollte, kam ein Papierkügelchen geflogen, was sie direkt am Kopf traf und in ihren wilden Haarsträhnen hängen blieb. Genervt griff sie ins Haar und blickte zu ihrer Rechten. „Granger, was istn da los? Haste etwa verschlafen?", krächzte die Stimme von dem fetten Abteilungsleiter in ihre Richtung. Gelächter machte sich breit. „Was ist denn mit deinen Haaren los? Ein Liebhaber?", scherzte sein Nachbar. Die beiden konnten sich vor Lachen kaum halten und rafften sich erst wieder zusammen, als der Minister um Ruhe bat. ‚Liebhaber', durchzog es ihre Gedanken. Sie merkte, wie sie sich weiter amüsierten. Für diese Männer war sie nichts weiter als ein junges Mädchen mit weltfremden Vorstellungen, eine Frau, die erst gemaßregelt werden musste, bevor sie wieder in der Küche landete. Ihre Themen? Kinderkram. Überheblich. Kleinlich. „Miss Hermine Granger?", fragte der Minister. Sie schreckte hoch. Ihre Redezeit war gekommen. Er senkte seinen Blick und schaute über seine Lesebrille hinaus in ihre Augen. Sie erhob sich von ihrem Platz und räusperte sich erneut. Sie umschloss ihr Notizbuch, beachtete es aber nicht weiter. Der Minister wandte seinen Blick ab und setzte mit seiner pompösen weißen Schreibfeder einen Haken hinter ihren Namen. „Ich...", stammelte sie, „möchte heute über Elfen sprechen." „Hauselfen, Granger. Nenn das Tier doch beim Namen", rief der Fette wieder herein. „Elfen", antwortete sie bestimmt. Ihr Blick lag eisern auf seinem Gesicht. Wütend presste sie die Lippen zusammen. Sie holte mit einem großzügigen Atemzug aus: „Wir nennen sie Elfen. Und wir müssen endlich damit beginnen, ihnen Rechte zuzusprechen. Die gleichen Rechte wie uns." Gelächter im Saal. ‚Lass dich nicht irritieren', dachte sie. „Diese Rechte beginnen damit, dass wir sie durch ihre Ansprache nicht mehr degradieren. Das Wort ‚Haus' suggeriert, dass sie nur als Dienstboten taugen würden". „Und wie soll man sie sonst nennen? Das ist doch ihr Job", ertönte ein Zwischenruf. „Nein, Mr. Warburg, das ist nicht ihr Job", sie kam ins stocken. Neben dem älteren und bereits ergrauten Mr. Warburg saß er. Malfoy. Und er blickte sie an. Was tat er dort? Sie schluckte: „Sie sind uns keinerlei Dienste verpflichtet. Sie sind Kreaturen...". Er spielte mit etwas in seinen Händen. „Kreaturen wie Sie und ich." Abschätziges Kichern machte sich breit. Sie wollten kein Wort davon hören. Lucius Malfoy verzog keine Miene. Eisern blickte er sie an, schloss sich nicht seinen Kollegen an, sondern bewahrte seinen kühlen, neutralen Gesichtsausdruck. Was war das in seiner Hand? „Wir sagen Elfen, weil das der richtige Begriff ist", fügte sie hinzu, ihren Blick weiter auf seine Hand gerichtet. Und nun erkannte sie es. Es war ein Slip. „Ähm", sprach sie während sie ihren Blick von ihm richtete, „Elfen sind...". Ihre Gedanken fielen immer wieder zu Malfoy. Die Zauberer wurden unruhig. „Kalte Füße, Granger?", lachte der Fette wieder. Sie würde ihn umbringen, wenn sie könnte. „Ich danke Ihnen für Ihren Beitrag, Miss Granger. Sie dürfen sich setzen", verkündete der Minister. ‚Mist', dachte sie. Sie setzte sich nur widerwillig, aber dem Minister galt es nicht zu widersprechen. Zumindest hatte sie genug Anstand, es nicht zu tun. Ein Gröhlen drängte von ihrer Opposition zu ihr durch. ‚Wie im Kindergarten', stellte sie abermals fest. Und nun hatte sie auch ihre Rede vergeigt. Sie zweifelte an ihrer Fähigkeit als Politikerin im Ministerium - Sie konnte ja nicht einmal eine Rede halten. Sie vergaß wichtige Dinge, kam zu spät oder kam gar nicht. Wo sie auch hinkam, stieß sie auf Ablehnung, Verachtung. Ihr Blick fiel nun ein letztes Mal auf Malfoy, der gerade das schwarze Stück Stoff in der Tasche seines Jacketts verschwinden ließ.
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Ministry Maid
FanfictionDer Krieg ist vorbei und Hermines Leben hat sich geändert - Schulbücher wurden durch Gesetzesbücher getauscht und statt im kleinen Rahmen Hauselfen zu helfen, reformiert sie nun das Ministerium. Gar nicht so einfach, denn auch die Rivalität ist gebl...