Kapitel 8 - Seelenheil

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Nur für mich bist du am Leben
Ich steck dir Orden ins Gesicht
Du bist mir ganz und gar ergeben
Du liebst mich, denn ich lieb' dich nicht
Du blutest für mein Seelenheil
Nur ein kleiner Schnitt und du wirst geil
Der Körper schon total entstellt
Egal, erlaubt ist, was gefällt

Ich tu dir weh
Tut mir nicht leid
Das tut dir gut
Hört wie es schreit

(Lyrics von Rammstein, 2009, Ich tu dir weh © Discoton Musik Ed. Gmbh, Rammstein Musikverlag)

Hermine bahnte sich den Weg zu ihrem Büro. Sie drängelte sich durch die Masse der vor dem Konferenzraum tratschenden Zauberern. Ein Zauberer pfiff ihr nach, sie drehte sich aber nicht um, sondern lief stur weiter. Ihre Gedanken lagen nicht mehr bei den Schikanen ihrer doch so erwachsenen Kollegen. ‚Du kannst es nicht', wiederholte sich die Stimme in ihrem Kopf. Wütend stieß sie die vor ihr liegende Tür auf, ihre Schritte hallten stampfend durch die leeren Gänge. ‚Du bist schwach, du bist nicht gut genug, du bringst es nicht mehr'. Sie schlug ihre Hand gegen den Kopf, krallte ihre Finger in ihre lockigen Haarsträhnen, zog an ihnen. Qualvoll wiederholten sich die Geistesblitze: ‚Du wirst es nie schaffen, du bist dumm, du bist schwach'. Sie erreichte ihr Büro, stürmte durch die Tür und schlug sie mit einem Knall hinter ihr zu. Sie stütze sich mit voller Kraft gegen das dicke Eichenholz, hoffte, ihre Gedanken dahinter zurücklassen zu können. Doch das konnte sie nicht. ‚Du hast verloren, gib auf'. Sie sank zusammen, ihr Rücken weiter an die Tür gelehnt, und Tränen begannen ihr Gesicht zu fluten. Ihr Mascara löste sich und zog sich mit den Tränen wie Spinnenbeine unter ihre Augen. Sie verschränkte ihre Arme, zog ihre Beine zu sich und vergrub sich. Sie wollte einfach nur weg. Weg aus diesem Büro, weg aus der Welt, weg aus diesem Leben. ‚Nein, Hermine', sprach sie sich zu, ‚nein. Du lässt das nicht mir dir machen'. Sie rieb die Tränen von ihren Wangen. Das zarte Rosé ihrer Haut schien durch die Mascaraflecken. Ihre Augen waren geschwollen, die Pupillen groß. Da sah sie ihn. Er stand vor ihr. Groß, herrisch, voller Selbstbewusstsein. Das Gegenteil. Ihr Gegenteil. Gegenteil? Er streckte seine Hand aus, wortlos. Sie griff zu. Ihre zarten, kalten Finger ruhten in seiner starken, wärmenden Hand. Er zog sie hoch, ganz nah. „Ich helfe dir", versprach er mit vertrautem, eisernen Blick, „es wird dir gut tun." Ein Mundwinkel erhob sich und sein charmantes, wenn auch dezentes, Lächeln strahlte sie an. Ihr wurde wieder warm und nun lächelte auch sie.

Ministry MaidWo Geschichten leben. Entdecke jetzt