Hermines Rede lag nun schon fast eine ganze Woche hinter ihr und der letzte Tag ihrer Arbeitswoche war angebrochen. Es war eine wundervolle und erfolgreiche Woche für sie gewesen - nicht nur war ihre Rede geglückt, sie wurde auch stetig darauf angesprochen. Gelobt wurde ihre Redegewandtheit, ihr Engagement und ihr Mut. Die Tatsache, dass sie sich gegen die traditionelle, verbitterte und von Männern dominierte Arbeitswelt durchsetzte. Es ermutigte sie, weiter zu machen und noch härter zu arbeiten. So verbrachte Hermine fast die ganze Woche im Ministerium und kehrte nur für ein paar Stunden Schlaf zu ihrer Wohnung zurück. Das erste Mal in ihrem Karriereweg bestand die Chance, dass sie die Mehrheit auf ihre Seite ziehen konnte. Das erste Mal konnte sie wirklich etwas bewirken. Das erste Mal konnte sie ihr Versprechen nach Gleichberechtigung und Fairness im Ministerium halten. Fast. Jedenfalls, wenn die Abstimmung am Montag endgültig und offiziell zu ihrem Gunsten entschieden werden würde. Aber dann... dann hatte sie es endlich geschafft! Und das erfüllte sie mit tiefster Zufriedenheit. So schwebte sie beinahe tanzend durch ihr Büro, erledigte geistesabwesend kleinere Tätigkeiten und ließ Szenarien ihrer überaus gelungenen Rede in ihrem Kopf wie auf einer Leinwand abspielen. Niemand stand ihr mehr im Weg - kein Bigsby, kein Malfoy, keine Malfoy. Sie schätzte sich glücklich, sich endlich von Lucius Malfoy und seiner geisteskranken Frau entfernt haben zu können. Nach wie vor konnte sie sich nicht erklären, wie sie in eine solch missliche Lage gelingen konnte, aber nun war es vorbei. Nur der gelbglänzende Stein, der in ihrer Nachttischschublade ruhte, erinnerte sie an den Vorfall. Die unglaublichen Schmerzen, die sie erlitt, und die Manipulation, der sie ausgesetzt war. Erst jetzt dachte sie darüber nach, dass sie wohl dafür hätte sorgen sollen, dass Narzissa Malfoy eine gerechte Strafe für ihren Mordversuch erhält. Es ist nicht auszumalen, zu welchen diese Frau in Stande war, wenn sie ihre Ehe in Bedrohung sah. Weil sie mit ihm geredet hatte. ‚Psycho', stellte Hermine fest. Doch dieses Stichwort erinnerte sie auch daran, warum sie sich nicht zur Wehr setzen wollte: Die Malfoys waren nicht gerade für ihre faire, berechenbare Art bekannt. Hermines Gedanken fielen zu Bellatrix Lestrange, Narzissas Schwester. Ihr Magen schien sich umzudrehen und eine ängstliche Panik breitete sich in ihr aus. Verarbeitet hatte sie die Ereignisse, die sich im Hause Malfoy zwischen ihr und Bellatrix Lestrange ereignet hatten, noch nicht. Sie wusste auch nicht, ob sie das jemals tun würde. Doch Hermine beschloss, nicht mehr darüber nachzudenken. Sie blickte einen kleinen Spiegel, den sie hinter der Tür befestigt hatte, und betrachtete sich selbst: Eine hübsche, junge Frau, gepflegt und selbstbewusst. Sie lächelte sich an. Das war die Hermine, die sie vor sich sehen wollte. Sie richtete ihre Frisur, zog ihr Oberteil zurecht und blickte auf die Uhr. Um vierzehn Uhr war sie mit einem Reporter vom Tagespropheten verabredet - ein Interview über die Elfen, ihre Rede und Anliegen im Ministerium... und ihre aufstrebende Karriere. Es sollten Fotos gemacht werden, also hatte sie sich in ihr feinstes Business Kostüm geworfen. Noch nie wurde Hermine die Ehre zuteil, über ihre Arbeit reden zu dürfen. Früher stand sie immer im Schatten von ihrem engen Freund Harry Potter. Natürlich wollten die Menschen alles über ihn wissen. Es störte sie nicht, dass sich die Magierwelt für ihn interessierte - im Gegenteil, sie freute sich sogar für ihn. Aber es störte sie, dass sich Reporter mit ihr unter dem Vorwand trafen, an ihrer Person interessiert zu sein, sie im Endeffekt aber nur zu ihrem Freund verhörten. Heute würde es anders sein, das wusste sie. Jahrelang hatte sich nun kein Journalist mehr für ihre Person interessiert. Doch nun, als sich endlich über ihre Kampagne der Mund zerrissen wurde, durfte sie einmal im Rampenlicht stehen. Sie beschloss, bereits früh in Richtung der Eingangshalle zu gehen. Sie würde dort auf das Redaktionsteam treffen und sie war lieber zu pünktlich als zu spät. Nervös lief sie in dem großen Foyer auf und ab, die Hände vor sich gefaltet, die lackschwarzen Pumps auf dem Boden hallend. Zu ihrer Freude erschien das Team ebenfalls vor Termin und die Zeit während des Interviews verstrich in wenigen Momenten. Tatsächlich ging es nur um sie und um ihre Arbeit im Ministerium. ‚Ein Wunder', dachte Hermine. Der Redakteur war freundlich und zuvorkommend gewesen und hatte sie darüber aufgeklärt, dass der Tagesprophet in den nächsten Wochen eine Interviewreihe über starke, innovative Geschäftsfrauen veröffentlichen würde. Hermine war geehrt, als sie erfuhr, dass die Vorstellung ihrer Person diese Reihe anführen sollte. Abschließend sollten noch ein paar Fotos geschossen werden, um sie zu dem Artikel abdrucken zu können. Hermine posierte sich in Mitten der Eingangshalle und schmiss ihren Blazer galant über ihre Schulter. Sie quälte ein paar Posen hervor, die dem Leser das Bild einer selbstbewussten Powerfrau suggerieren sollten. Es lag nicht in ihrer Natur, sich in Szene zu setzen und sie hielt das Posing vor der Kamera für furchtbar oberflächlich, aber ihr kluger Kopf war sich der Notwendigkeit dieser Aufnahmen durchaus bewusst und so zeigte sie sich bemüht und stets kooperativ. Sie zog für die Kamera gerade lässig einen Mundwinkel hoch als sie ihren Blick etwas weiter nach rechts schweifen lies. Lucius Malfoy stand in unweiter Ferne und beobachtete sie. Hinter ihm erblickte Hermine das karge Bild seiner Frau, die sich vor ihr zu verstecken schien. ‚Feige Schlampe', dachte sich Hermine und konzentrierte sich wieder auf die Fotografin. Die gewünschten Fotos waren nun endlich im Kasten und Hermine verabschiedete sich äußerst rasch von dem Team des Tagespropheten. Ihre Blicke fielen immer wieder zu Malfoy. Er schien darauf zu warten, sie sprechen zu können. ‚Oder er ist ein irrer Stalker', scherzte Hermine. Der Spaß verging Hermine schnell, als sich die beiden Malfoy näherten. Lucius starrte ernst und dominant, seine Frau folgte in seinem Schatten. Sie trug ein voluminöses seidenes Halstuch, dicht an ihr Gesicht gepresst. War ihr das Stolzieren, das Rümpfen der Nase und das abschätzige Prahlen vergangen? „Miss Granger", raunte Lucius Malfoy, ergriff ihre Hand und küsste sie auf den Handrücken während er sich zu einer dezenten Verbeugung neigte. Hermine war die Situation höchst unangenehm und doch fühlte sie sich geschmeichelt. Sie hätte nie gedacht, dass der Wunsch, sich zu übergeben, und das Verlangen, gefickt zu werden, so nahe beieinander liegen konnten. Wenn sie jemand sehen würde... Hermine errötete. „Mr. Malfoy". Nach einem kurzen Zögern ergänzte sie ein demütiges: „Mrs. Malfoy". Ängstlich rückte sie ein paar Schritte zurück, doch Malfoy schloss gleich zu ihr auf. Er plusterte sich auf und signalisierte durch seine Körpersprache, dass sie nicht entkommen würde. Doch es war nicht sein Anblick, den sie fürchtete. Unsicher wanderten ihre Augen immer wieder zu Narzissa Malfoy, die bisher keine Anstanden gemacht hatte, ihr gegenüber zu treten. Hermines Verwunderung wurde prompt beantwortet. „Ich möchte mich für meine Frau entschuldigen. Ich wurde erst kürzlich über ihr Verhalten informiert", er blickte abschätzig in die Richtung der blonden Frau, „Bitte seien Sie versichert, dass sie sich nicht vor ihr scheuen müssen". Just in diesem Moment fiel ein heller Sonnenstrahl durch die Glaskuppel der Halle und streifte Narzissa Malfoys zarte Wangen. Sie waren geschwollen und dunkelrot unterlaufen. Ihre Augen waren von Tränen verquollen, das sonst so makellose Erscheinungsbild zerstört von einer zerzausten Frisur. Ihre Augenhöhle war von einem riesigen, dunkelblau-grünen Fleck geziert. Er hatte sie geschlagen. Hermine hielt den Atem an, schloss die Augen. Sie wusste, dass er skrupellos war, aber für einen Frauenschläger hätte sie ihn nicht gehalten. ‚Mistkerl', fluchte sie innerlich, zu ängstlich, es laut auszusprechen. Er grinste hämisch. „Ich habe nur Gleiches mit Gleichem beglichen. Eine kleine Maßnahme...", hauchte er mit ruhiger und gleichzeitig furchteinflößender Stimme, „um ihre Ehre wiederherzustellen." Ihre Ehre? Hermine kochte vor Wut. Nun stellte er es dar, als wäre es ihre Schuld gewesen. Ihre Entscheidung, eine Frau zu schlagen. Schlagen zu lassen. Das würde sie sich nicht gefallen lassen. Überzeugt von ihrem Tatendrang nahm sie einen Schritt in seine Richtung. Blitzschnell ergriff er ihr Handgelenk. „Na, na...", flüsterte er, zog sie ganz nah an ihn heran, „Wir wollen doch nicht undankbar sein". Der Geruch seines Parfums, das herb-würzige Aroma, umschmeichelte ihren Geruchssinn, seine Stimme umgarnte sie so sanft und seine Nähe strömte die Wärme aus, die sie doch so brauchte. „Du wolltest es doch", erklärte er ihr, „du hast doch selber dran gedacht, hm?" Sie blickte in seine stahlgrauen Augen und nickte brav. Als sich seine Mundwinkel dezent aufrichteten, durchzog sie ein Gefühl der Zufriedenheit. Nun zierte auch ihr Gesicht ein friedliches Lächeln.
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Ministry Maid
FanfictionDer Krieg ist vorbei und Hermines Leben hat sich geändert - Schulbücher wurden durch Gesetzesbücher getauscht und statt im kleinen Rahmen Hauselfen zu helfen, reformiert sie nun das Ministerium. Gar nicht so einfach, denn auch die Rivalität ist gebl...