Part 1

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Angst. Schmerz. Verzweiflung. Hass. Wut. Diese Worte beschreiben mein bisheriges Leben sehr gut.
Liebe. Freude. Glück. Zufriedenheit. Vertrauen. Diese Worte sind mir fremd. Warum? Ganz einfach.

Seit meinem zweiten Lebensjahr lebte ich in einem Kinderheim. Meine Eltern waren drogenabhängig. Sie schossen sich jeden Tag aufs Neue ab und vergaßen sogar, dass sie überhaupt ein Kind hatten. Wie sollte es auch anders sein? Die Drogen hatten ihr Gehirn auf Erbsengröße geschrumpft.

Ich war unterernährt und kannte keine soziale Gesellschaft. Ich lernte erst mit drei Jahren sprechen und laufen.
Vom sauber werden, fange ich am besten gar nicht erst an. Dadurch, dass sich meine Entwicklung nach hinten verzögerte, war ich im Kinderheim ein leichtes Opfer. Ich wurde bespuckt, in irgendwelche Schränke eingesperrt, getreten und gehauen.

Sie gaben mir gemeine Spitznamen und machten sich über mich lustig. Anfangs war ich ihnen hilflos ausgeliefert. Doch dann kam Josh ins Heim. Er war anders als die anderen.
Er half und unterstützte mich. Josh zeigte mir, wie ich in dieser Welt zurecht kam und wie ich mich verteidigen konnte. Mühsam erkämpfte ich mir Respekt. Jüngere Kinder, welche zu uns kamen, schützte ich. Keines von ihnen sollte das durchmachen, was ich erlebt hatte.

Josh und ich waren ein unschlagbares Team. Er war zwei Jahre älter als ich. Für uns beide lief es in den Pflegefamilien nicht gut.
Wir wanderten von einer zur nächsten. Jedoch wurde es für uns nie besser. Josh zog vor einem Jahr aus, seitdem kämpfte ich mich hier alleine durch. Wir wollten zwar Kontakt halten aber dieser Versuch scheiterte kläglich. In einem halben Jahr, würde ich auch endlich aus diesem Heim ausziehen. Denn dann wäre ich endlich 18, volljährig. Wie es dann weiter gehen würde, wusste ich noch nicht.

"Isabella? Kommst du? Es sind wieder Eltern da." Riss mich eine Betreuerin aus meinen Gedanken. Ich saß auf dem Fensterbrett und sah hinaus in den wolkenbedeckten Himmel. Ich nickte nur und ging ihr gleichgültig hinterher.

Ich machte mir keine Hoffnung. Wer will denn schon eine Jugendliche die fast volljährig ist? Und eine, welche direkt sagt was sie denkt. Mein bisheriges Leben hat mich stark gemacht. Und das nimmt mir keiner. Keiner kann sich vorstellen, wie es ist gedemütigt, missbraucht und benutzt zu werden.

Wir kamen in der Eingangshalle an, wo sich schon die meisten Kinder tummelten. Viele verschiedene jüngere aber auch ältere Pärchen waren ebenfalls dort. Manche beobachteten nur, andere unterhielten sich mit den Kindern oder mit den Betreuern. Ich blieb in der Mitte der Treppe stehen und lehnte mich an das Geländer. Eine dreier Gruppe von Männern zog meine Aufmerksamkeit auf sich. Sie sahen nicht aus wie die typischen Pärchen die immer hier waren. Sie beobachteten nur die Kinder.

"Isabella, komm doch mit her!" Rief mir ein Betreuer zu.

"Wozu? Das ganze hier bringt doch eh nichts." Antwortete ich genervt.
Er funkelte mich wütend an.

Mir war genau klar, dass dies noch ein Nachspiel haben würde. Aber in diesem Moment war es mir egal. Ich spürte mehrere Blicke auf mir. Wieder ließ ich meinen Blick über die Menschenmenge gleiten. Dabei wurde mir bewusst, dass mich die drei Männer ansahen. Ich hielt ihren Blick stand.
Wir standen gefühlt mehrere Minuten so da. Doch dann reichte es mir und ich ging runter und zu ihnen.

"Wollt ihr ein Passbild oder seid ihr jetzt fertig mit starren?" Wollte ich wissen und sah alle drei nacheinander an.

"Wie heißt du?" Fragte ein kleiner, dickerer Mann welcher eine Glatze hatte. Er musterte mich mit seinen dunklen Augen und schob dabei seine Brille ein Stück höher.

"Isabella, hast du doch eben schon mitbekommen." Seufzte ich.

"Du bist ein ganz schön freches Ding." Mahnte mich der größte von den Dreien. Er sah mich durch seine schwarze Brille durchdringlich an.
Er schien ein paar Jahre jünger zu sein.

"Und? Was willst du dagegen jetzt tun? Außerdem habt ihr meine Frage nicht beantwortet." Sagte ich genervt und verschränkte meine Arme vor der Brust.

Die Männer sahen sich gegenseitig an und nickten sich zu. Ich beobachtete es stirnrunzelnd. Sie schienen nur durch ihre Blicke zu kommunizieren. Tief im Inneren wollte ich gerne wissen um was für ein Thema es sich dabei handelte.

Alle drei setzten sich gleichzeitig in Bewegungen und verschwanden in der Menschenmenge. War das jetzt deren Ernst? Die lassen mich hier einfach so stehen?

Ich regte mich innerlich noch eine Weile über die Männer auf und nahm dabei wieder meinen Platz auf der Mitte der Treppe ein. Ich sah dabei zu, wie viele Pärchen sich in Formulare einschrieben und dann das Kinderheim verließen. Ich wartete noch ungefähr 10 weitere Minuten und schlich mich dann wieder hoch auf mein Zimmer. Ich ließ mich in mein Bett fallen und starrte an die Wand. Kurz darauf kam jemand in das Zimmer. Ich sah zur Tür. Es war der Betreuer von vorhin.

"Du wirst vor Eltern nie wieder so mit mir sprechen. Hast du mich verstanden?" Knurrte er mich an.

"Du bist der Einzige, der es nicht in seinen Schädel bekommt. Diese Vorführungen von uns Kindern und Jugendlichen interessieren mich einen Scheiß. Ihr habt mich bisher immer an irgendwelche scheiß Pflegefamilien vermittelt. Wenn du das durchgemacht hättest, was ich schon durchmachen musste, dann würdest du es genau so sehen wie ich. Ich bin in einem halben Jahr hier raus. Also lass mich mit diesem scheiß in Ruhe." Antwortete ich wütend und setzte mich dabei hin.

Ich sah ihm an, das er immer wütender wurde. Er kam auf mich zu. Ich wich ihm geschickt aus und verließ schnell das Zimmer.

"Wo willst du hin?" Hörte ich ihn laut hinter mir rufen. Ich blieb stumm und lief zur Eingangstür. Meine Schritte verschnellerten sich immer mehr. Ich lief immer weiter gerade aus.

In meinem Kopf schwirrten tausende Gedanken kreuz und quer umher. Einen klaren Gedanken konnte ich nicht fassen. Wie sollte es nur mit mir weitergehen? Schaffe ich es in einem halben Jahr überhaupt alleine? Vielleicht finde ich dann Josh. Aber will er überhaupt noch Kontakt zu mir haben? Ich will nicht mehr zurück. Nicht mehr zurück ins Heim. Nicht mehr zurück in dieses triste Leben. Doch wo sollte ich hin? Sie würden mich immer wieder zurückholen.

In diesem Moment ahnte ich nicht, dass mein Schicksal schon etwas ganz anderes für mich geplant hatte. Werde ich dieser Herausforderung stand halten?

The Mafiaboss & IWo Geschichten leben. Entdecke jetzt