8. Wildunfall

10.7K 527 235
                                    

Amber

⟩⟩⟩BÄÄÄM⟨⟨⟨

Plötzlich rannte ein riesiger schwarzer Wolf, nur ein paar Meter vor meinem Wagen, auf die kurvige Straße. Obwohl ich mit aller Kraft, auf die Bremse trat, erfasste ich das Tier. Ein Ausweichen war kaum möglich. Und mein Herz rutschte dann komplett in die Hose als ich merkte, das ich auch noch über etwas darüber rollte.

Oh, Gott!

Alles ging so schnell. Ich hätte besser aufpassen müssen aber ich war mit meinen Gedanken ganz woanders.

Ich dachte an die Zeit zurück als ich das letzte Mal in Bozeman lebte und Tiermedizin studierte. Damals ließ ich mich von ein paar großkotzigen, eingebildeten Arschlöchern, von denen mich sogar einer schwängerte, vom studieren ablenken. Und auch wenn ich überaus glücklich bin, meinen Sohn Aidan zu haben, musste ich damals alles abbrechen und zurück zu meiner Tante nach Juneau ziehen. Ich hätte Baby und Studium, alleine und ohne Hilfe nicht bewältigen können.

Dass ich aber erst nach sieben Jahren wieder zurückkommen würde, hätte ich auch nicht gedacht. Ich wollte eigentlich sofort wieder weiter studieren, sobald Aidan in die Preschool gekommen wäre aber vor fünf Jahren wurde bei meiner Tante ein schweres Nierenleiden diagnostiziert und durch die Dialyse war sie oft sehr geschwächt und brauchte Hilfe. Ich konnte und wollte sie nicht alleine lassen. Außerdem war ich es ihr schuldig. Sie hatte mich aufgenommen als meine Eltern starben, dadurch musste ich nicht ins Heim und als ich unverhofft schwanger wurde, war sie auch für mich da. Meine Tante zuckte lediglich mit den Schultern und meinte, „Das kann ja Mal passieren.“

Gail war wie eine Mutter für mich und eine Oma für Aidan. Sie liebte ihn wie ihren eigenen Enkel und passte oft auf ihn auf, wenn ich Mal wieder arbeiten musste. Ich half ihr im Gegenzug mit ihrer Erkrankung zurechtzukommen. Wir gaben uns gegenseitig viel Unterstützung und Kraft, so wie es in einer Familie auch sein sollte. Leider hat sie den Kampf gegen ihre Krankheit vor drei Monaten verloren. Mit ihrer seltenen Blutgruppe und ihrem fortgeschrittenen Alter war keine Spenderniere mehr zu bekommen. Der Verlust ist groß für mich und auch für Aidan und um nicht ständig daran erinnert zu werden, hielt ich es für das Beste, ›jetzt‹ einen Neuanfang zu wagen.

Da meine Tante keine weiteren Verwandten mehr hatte, erbte ich alles, was sie besaß. Sie war jetzt nicht vermögend aber sie besaß ein kleines Haus, das ich gut verkaufen konnte und nach Abzug der Krankenhausrechnungen für die Behandlungen meiner Tante, blieb tatsächlich noch ein gutes Startkapital für mich übrig, um erneut Fuß fassen zu können und mein Studium fortzusetzen.

Ich kaufte mir von dem Geld, das ich für das Haus bekam, eine kleine Eigentumswohnung in Bozeman nahe der Universität. Somit spare ich mir die Mietkosten und habe nur noch die Betriebskosten und alles was man zum Leben benötigt, zu zahlen. Es sind sogar noch 5.000 Dollar übrig geblieben von denen ich mir diesen alten, gebrauchten Ford Pick Up kaufte. 

Den Wagen mit dem ich gerade ein armes Tier angefahren habe.

Scheiße.

Ich öffne die Fahrertür und steige vorsichtig aus. Der Wolf liegt etwas benommen am Straßenrand und ich kann auf den ersten Blick keine äußeren Verletzungen erkennen aber das muss nicht bedeuten, das es ihm gut geht. Er ist ungewöhnlich groß, hat ein schwarzes, glänzendes Fell und blaue Augen. Zuerst knurrte der Wolf in meine Richtung aber als er mich sieht, hört er sofort auf zu knurren und mit den Zähnen zu fletschen als, ob er bei meinem Anblick beschlossen hätte mir nichts zu tun.

Aber dennoch muss ich vorsichtig sein. Ein Biss von ihm an der falschen Stelle könnte mir ernsthaften Schaden zufügen oder mich sogar töten. Ich muss diese Gefahrenquellen erstmal beseitigen. Also ziehe ich meine Jacke aus und meinen Pullover um an das darunter liegende Shirt zu kommen. Nachdem ich mir Pullover und Jacke wieder angezogen habe, fange ich an, das Shirt mit mithilfe meines Taschenmesser zu zerschneiden. In der Wildnis von Alaska lernt man, das man ein Taschenmesser immer bei sich tragen sollte, denn man ist häufig auf dich alleine gestellt und dann kann so ein Hilfsmittel nützlich sein.

„Ganz ruhig, mein Großer, ich werde dir helfen“, rede ich beruhigend auf den Wolf ein.

Ich strecke ihm vorsichtig meine Hand hin, damit er sich an meinen Geruch gewöhnen kann. Er schnuppert auch gierig an meiner Hand herum, das bringt mich auch etwas zum Lachen.

Jetzt kommt der schwierige Teil. Ich nehme das zerschnittene Shirt und binde es vorsichtig und fest um die Schnauze des verletzten Wolfes. Zu meinem erstaunen, lässt er sich das ohne Gegenwehr einfach gefallen. ›Oh Gott, er muss wirklich schwer verletzt sein!‹

Ich knie mich neben ihn und taste mich von seinem Bauch bis zu seinem Hinterlauf vor. An seinem rechten, hinteren Bein erkenne ich eine Quetschung und mehrere Prellungen, da bin ich wohl mit einem Reifen etwas darüber gefahren. Einen Bruch kann ich nicht ertasten aber, um sicherzugehen, muss ich ihn Röntgen lassen. ›Nur wie bekomme ich ihn ins Auto? Er ist viel zu schwer für mich!‹

Offensichtlich habe ich meine letzten Gedanken, laut ausgesprochen, denn der Wolf versucht sich auf seine drei gesunden Beine zu stellen und als er steht, führe ich ihn zur Ladefläche meines Pick Up's. Mit den Vorderpfoten kommt er so weit nach oben, das ich ihm nur noch dabei helfen muss seinen Unterleib anzuheben und auf die Ladefläche zu verfrachten.

Es wird eine kalte Nacht und bei dem Fahrtwind, wird mein Patient bestimmt frieren, also bringe ich ihm noch eine Decke von der Rückbank meines Wagens und decke ihn damit zu.

Dann setze ich mich wieder hinter das Steuer und fahre los. Natürlich ganz langsam. Ich will ja nicht noch ein Tier aufsammeln müssen und mein Wolf hinten auf der Ladefläche soll nicht noch mehr verletzt werden.

Wie passend, dass ich sowieso gerade auf dem Weg zur Arbeit war, wo ich heute Nachtschicht habe. ›Es heißt ja immer, „man soll die Arbeit nicht mit nach Hause nehmen“, also nehme ich meine Arbeit, einfach Mal mit zur Arbeit.‹

Bei meiner Arbeitsstelle angekommen, steige ich aus und hole eine rollbare Trage von drinnen. Das ist praktischer und der Wolf muss nicht nochmal laufen. Als ich die Ladeklappe herunterklappe, hilft der Wolf wieder aktiv dabei mit, ihn auf die Trage zu befördern. Es ist fast so als würde er mich verstehen und mir vertrauen. Das ist ein ungewöhnliches Verhalten für ein wildes Tier.

Ich schiebe ihn in den ersten Behandlungsraum der ein Röntgengerät beherbergt, da wir dieses Gerät mit Sicherheit brauchen werden.

Ich war noch nicht lange alleine mit meinem verletzten Wolf gewesen, da kommt auch schon Dr. Wilson herein und begrüßte mich freundlich. Allerdings kommt gerade in diesem Moment der Schock des Unfalls in mir durch und Tränen sammeln sich in meinen Augen.

›Zum Glück, bin ich nicht sehr schnell gefahren, trotzdem hätte ich beinahe ein unschuldiges Lebewesen getötet.‹

Mein Herz wird schwer vor Sorge. Hoffentlich geht es dem Wolf gut!

-----[1.150 Wörter, Update 04.06.21]-----

Bella

Ich habe Mal einen Fuchs auf der Schnellstraße überfahren, der hatte es leider nicht überlebt! Aber es waren wirklich nur ca. 8 Meter bei 80km/h, da kann man nicht mehr reagieren!

Wie findet ihr dieses Kapitel, wieder einmal aus Ambers Sicht?

Und wer ist Dr. Wilson? Ist das eventuell ein Konkurrent für Adam?

Spoiler: Das nächste Kapitel ist aus Adams Sicht, in derselben Situation! Was wohl in seinem hübschen Köpfchen alles vorgegangen ist?

IF YOU LIKED MY CHAPTER,
PLEASE PUSH THE STAR!

Meine Mate, ihr Welpe & ich ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt