21. Vater

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Amber

Adam beugt sich immer weiter zu meinen Lippen herab. ›Oh nein, er wird mich doch jetzt nicht küssen wollen. Nein, ich bin dazu nicht bereit!‹

Innerlich schreie ich ganz laut um HILFE!!!

„Mami, ich habe durst“, höre ich die leise Stimme meines ganz persönlichen Helden, der wie immer ein perfektes Timing hat, um seine Mama aus einer bremslichen Situation zu retten. Ich atme erleichtert aus. Und merke erst jetzt wieviel Luft ich eigentlich angehalten hatte.

„Ja natürlich, mein Schatz“, gebe ich meinem mit Sohn zurück. Adam löst sich von mir und ich schenke Aidan ein frisches Glas Wasser ein. Aidan trinkt ein paar schlucke und sieht dabei neugierig von Adam zu mir und wieder zurück zu Adam.

Auch Adam mustert seinen Sohn interressiert von oben bis unten. ›Hoffentlich sagt er jetzt nicht, „Hallo, ich bin dein Werwolf-Daddy.“ Das wäre mehr als ungünstig, obwohl ich mir sicher bin, das Aidan dies ganz schön cool finden würde aber er sollte es trotzdem von mir als erstes erfahren.‹

„Es ist schon spät, du musst ins Bett. Zieh dir bitte deinen Pyjama an!“, sage ich schnell, um die beiden aus der Situation zu bekommen.

„Aber Mami, es ist doch noch nicht ganz dunkel“, protestiert Aidan wie gewöhnlich.

„Aber es ist schon sehr spät. Komm, sei lieb! Ich lese dir noch eine Gute-Nacht-Geschichte vor“, sage ich und hoffe, das er heute kein Theater macht.

Aidan geht zurück in sein Zimmer und zieht sich um. Danach helfe ich ihm, wie immer, sich im Bad zu waschen und seine Zähne zu putzen. ›Adam beobachtet uns beide dabei, hält sich aber ansonsten im Hintergrund und darüber bin ich ganz froh.‹

Als Aidan endlich im Bett liegt, hole ich das Buch »Trau dich, kleiner Pinguin!« aus dem Regal und will gerade anfangen zu lesen als Adam sich doch noch zu Wort meldet.

„Darf ich dir diese Geschichte vorlesen?“, fragt Adam zu Aidan gewandt. Dieser bekommt plötzlich ganz große Augen. „Du kannst ja sprechen?“, gibt Aidan erstaunt von sich. Adam lacht auf bevor er sich erneut an Aidan wendet. „Ja ich kann sprechen und ich heiße übrigens Adam“, stellt er sich vor. „Cool, mein Name fängt auch mit einem ›A‹ an. Ich bin Aidan“, und bei diesen Worten strahlt er seinen Vater an. Er ist auch begeistert davon, seine Lieblingsgeschichte mal von jemanden anderen zu hören also reiche ich Adam das Buch. Er fängt an zu lesen und unser Sohn hört ihm gespannt zu.

Unser Sohn!

›Das klingt irgendwie komisch aber es ist so. Er ist unser Sohn! Und ich habe das untrügliche Gefühl, das ich Adam von Aidan auch nicht mehr so leicht fern halten kann. Aber eigentlich möchte ich das auch nicht.  Das wollte ich nie! Aidan hat einen Vater verdient und unabhängig davon, ob Adam will oder nicht, er wird immer Aidans Vater sein. Aber ich bin erleichtert, das er sich schon von der ersten Minuten an bemüht, die Vaterrolle auszufüllen. Er sieht Aidan immer wieder liebevoll an, während er ihm das Kinderbuch vorliest. Das hätte ich niemals vermutet. Ich hatte damals aus Adams verhalten, ganz andere Schlüsse gezogen. Entweder hat Adam sich in den letzten sieben Jahren extrem weiterentwickelt oder ich habe sein verhalten falsch gedeutet. Es könnte auch sein, das Werwölfe ganz komplexe Wesen in ihrem denken sind. So genau kenne ich mich da auch nicht aus. Oder er ist doch ganz einfach nur ein Idiot?‹

Während meines Gedankenganges ist Aidan eingeschlafen. Ich gebe ihm noch einen Kuss auf die Stirn und Adam macht es mir gleich nach. Er verharrt mit seinen Lippen noch etwas länger, auf der Stirn seines Sohnes als ich. ›Es kommt mir vor als wollte er sich gar nicht mehr von ihm trennen und mich überrollt plötzlich eine Welle von Schuldgefühlen. Es war wohl doch ein Fehler, damals einfach abzuhauen? Aber Adam hatte nicht den Eindruck eines familiären Menschen bei mir gemacht, doch jetzt ist es, als hätte er eine 180° Drehung hingelegt.‹

Meine Mate, ihr Welpe & ich ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt