Eingesperrt

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Eingesperrt

Mein Herz setzte für einen Moment aus und ich war so erschrocken, dass ich meinte, einen Herzinfarkt zu kriegen. Ich hatte für einen kleinen Moment sogar vergessen, wie man sich bewegte. Erstarrt starrte ich auf die gegenüberliegende Wand und keuchte. Mariko schien unter Schock zu stehen und ich hatte unglaubliche Angst, die durch meinen ganzen Körper kroch und mich lähmte, nur mein Herz schlug meiner Meinung nach viel zu laut, als wollte es mir und meiner Angst für immer entfliehen. Roboterartig wand ich langsam den Kopf zur Seite, wie in Zeitlupe, und schielte auf das Messer direkt vor meinen Augen. „Ich habe dich etwas gefragt, Mädchen“, kam es kalt und in gefährlichem Ton von Tobi und ich drehte mich blitzschnell wieder zu ihm um. Ich wollte reden, wollte den Mann anschreien, er solle uns einfach in Ruhe und Mariko und mich gehen lassen, aber ich hatte auch vergessen zu sprechen. Ich wollte sprechen, aber mein Mund erlaubte es mir nicht.
Er ließ sich nicht öffnen, 
nahm keinen meiner Befehle ernst und schien seinen eigenen Willen bekommen zu haben. Mit diesem anderen Willen kämpfte ich gerade um meine Stimme, als Mariko in einer angsterfüllten, heiseren Stimme stotternd flüsterte: „I-ich weiß a-auch nichts…“ Tobis sichtbares Auge blitzte gefährlich auf und ich wusste sofort, dass er uns keinen Glauben schenkte. Mit einem Mal stand er direkt vor uns beiden und ich wünschte mir in diesem Moment nichts lieber als mein Dasein allein weiterzufristen und von Mariko und ihren Freundinnen gehänselt zu werden. Dies erschien mir im Gegensatz hierzu geradezu das Paradies zu sein. In einer kalten, gleichgültigen Stimme teilte er uns mit: „Ihr werdet sprechen, keine Sorge. Solange, bis ihr etwas sagt, bleibt ihr hier unten. Meinetwegen könnt ihr hier auch vergammeln und verhungern, wenn euch das lieber ist. Ich bin niemand,
und doch bin ich etwas.
Wenn ihr tatsächlich so viel über uns wisst, dann werde ich alles aus euch herausquetschen wie aus einer Fliege. Selbst wenn mein Name in diesem Leben keine Rolle spielt, so wird mein Dasein stets einen Namen tragen. Tobi; Madara; Obito… diese Namen trage ich und mit diesen Namen werde ich den Tsuki-no-me-Plan in die Tat umsetzen. Von zwei kleinen Gören wie euch lasse ich mir nicht ein Hindernis den Weg versperren!“ Sein Sharingan funkelte noch einmal gefährlich und das Bild dieses roten Auges bohrte sich in unseren Kopf, dann war Tobi verschwunden. Ein paar ellenlange Minuten, so schien es, passierte gar nichts. Dann sank ich kraftlos an der Wand zu Boden und fiel unsanft auf den nassen, kalten Stein. Doch ich war zu ängstlich, um mir den Schmerzen in meinem Hintern bewusst zu sein. Ich keuchte immer noch wie verrückt, als könnte jeder Atemzug mein letzter sein. Nach kurzer Zeit sank auch Mariko neben mir erschöpft zu Boden. Auch sie keuchte wie verrückt und ihre Augen waren zu einer unnormalen Größe geweitet. Es dauerte fast eine halbe Stunde, bis wir uns wieder einigermaßen beruhigt hatten, genauso wie wir unseren Atem und unser Herz hatten beruhigen können.
Ich schloss die Augen und wollte nur noch schlafen.
Ja, ich wollte für immer schlafen, aber die Kälte hier unten hielt mich wach. An diesen grauen, harten Steinwänden gelehnt ließ sich aber auch nicht gut schlafen, aber die Kälte machte das Ganze schier unmöglich. Wir beide trugen zwar unsere Winterjacken, doch unsere Beine waren nur durch eine Jeans geschützt. Es waren Minusgrade hier drin und ich malte mir sehnsüchtig mein schönes, warmes, weiches Bett aus, dass mir jetzt mehr als willkommen gewesen wäre. Aber es war leider Kilometer weit entfernt… „Glaubst du, dass wir je wieder nach Hause zurückkehren können?“, flüsterte Mariko da plötzlich stotternd und heiser in mein Ohr. Ich zögerte kurz, nickte dann aber zuversichtlich. Es hatte keinen Sinn, ihr jetzt noch mehr Sorgen als ohnehin schon vorhanden zu bereiten. Es würde im Moment nichts Positives bewirken, die harte Wahrheit zu erzählen, nämlich dass ich glaubte, nie wieder hier wegzukommen und hier zu verrotten, weil dieser verdammte Tobi dachte, sie könnten ihn und Akatsuki wieder in ihre Welt zurückbringen. Mariko seufzte. „Eigentlich hatte ich mir das hier anders vorgestellt.“ Ein spöttischer Ton entfuhr meinem Mund. 
„Das kannst du aber laut sagen. 
Dennoch bin ich froh, noch nicht tot zu sein.“ „Also ich sterbe lieber schnell durch ein Messer als ganz langsam an Hunger.“ „Keine Sorge, bevor du verhungerst verdurstest du“, versuchte ich einen aufheiternden Witz zu machen, doch niemand von uns beiden lachte danach. Stattdessen war wieder betretenes Schweigen eingetreten und wir beide sahen einfach nur schweigend die grauen Wände gegenüber von uns an. Dann, nach einer Weile, in der wir lediglich auf die grauen Narben an der Wand starrten, fing ich urplötzlich an laut zu lachen. Ich wusste nicht, wieso ich auf einmal anfing zu lachen, aber ich lachte einfach. Mariko zuckte zusammen und sie drehte sich mit einem Fragezeichen im Gesicht zu mir um. Ich lachte ziemlich laut und es klang hier unten nur noch umso lauter. Langezeit flog das Lachen noch zwischen den Wänden hin und her, dann verstummte ich wieder. „Warum lachst du?“, fragte Mariko mich unsicher. Ich hatte definitiv die Lautstärke übertrieben, aber wenn man uns in der ganzen leeren, verwüsteten Stadt hören würde, würde uns vielleicht jemand zu Hilfe eilen, vorausgesetzt, da war zufällig jemand in der Nähe, was ich bezweifelte. „Ist schon komisch. 
Wir haben uns immer abgrundtief gehasst, 
haben uns immer gegenseitig den Tod gewünscht, uns geärgert und verachtet, und nun sitzen wir doch tatsächlich hier unten nebeneinander im selben Boot und haben unsere Streitereien vergessen…“ 
Nachdenklich sah Shina zu der Lampe über ihnen empor und fragte sich insgeheim, wie lange sie wohl noch brennen würde. Würden sie beide immer noch hier sitzen und die Wand anstarren, wenn das Licht ausgehen würde, oder sind sie dann vielleicht bereits tot? Wohlmöglich wären sie dann ja vielleicht irgendwie entkommen und säßen bei ihren Eltern in den gemieteten Zimmern? Aßen zu Frühstück und schliefen in gemütlichen, warmen Betten, bis es zehn Uhr morgens war? Machten Kissenschlachten und wer weiß, vielleicht waren sie ja dann – wie kurios es auch klingen mag – beste Freunde? Sie dachte eine Weile darüber nach und mittlerweile kam der Gedanke ihr gar nicht mehr so fremd vor wie noch vor ein paar Tagen, auch wenn sie ihn nicht gerade willkommen hieß, so brachte er doch ein bisschen Wärme in ihren Körper und ihr Herz und schützte sie vor den kalten Minusgraden in diesem Raum. Wenn der Gedanke tatsächlich Realität werden würde, so wäre Mariko ihre erste beste Freundin seit der Grundschule. 
Sie kannten sich schon seit dem Kindergarten und da hatte sie ja auch Freunde gehabt,
sogar eine beste Freundin, 
jedoch war das Ganze in der fünften Klasse, auf der neuen Schule, eskaliert. Sogar mit Mariko war sie bis zum Schulwechsel auf das Gymnasium befreundet gewesen und beide waren auf die selbe Schule gegangen, doch seit dem ersten Tag dort, seit Shina Mariko seit dem Ende der vierten Klasse zum ersten Mal wiedersah, war sie ihr gegenüber zickig, gemein und abweisend gewesen, war ein tussiges, arrogantes Mädchen geworden und hatte sich komplett verändert, jedoch nur zu ihr, Shina, nicht zu den anderen Mädchen und Jungen in ihrer Klasse. Und Shina war von da an immer allein gewesen. Mariko hatte ihr alles ruiniert und ihr ihre Freunde und den guten Ruf genommen, indem sie der ganzen Schule irgendetwas über sie erzählt hatte. Shina hatte keine Freunde, dafür aber jede Menge Spitznamen und Beleidigungen.
Warum? Warum tust du das? Das war das Einzige gewesen, das sie sich zu der Zeit gefragt hatte. Abends hatte Shina immer geweint, ihrer Mutter aber nie etwas davon erzählt. Immer hatte sie geweint, bis ihre Trauer in Hass umgestiegen war. Da noch, hatte sie geweint. Und danach aus purem Hass nie wieder…

Akatsuki - reale MassenmörderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt