Ein Plan muss her

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Ein Plan muss her
„Aufstehen, Mädels! Es gibt gleich Frühstück!“, flötete meine Mutter und schaltete das Licht an. Mariko stöhnte neben mir, aber ich hatte das Gesicht der Wand zugewandt. Schon seit Stunden war ich wach. Hatte ich überhaupt geschlafen? Ich sah vor mir immer nur Pains Rinnegan, das mich zu durchbohren schien. „Shina, das gilt auch für dich!“, meinte sie belustigt und zog mir meine Decke vom Kopf. Wahrscheinlich hatte sie gedacht, ich würde noch wie ein Murmeltier schlafen, so wie sonst immer. Ich murrte. Es war kalt und in diesem Zimmer gab es keine Heizung, sie hätte meine Decke also ruhig liegen lassen können…
Ich setzte mich auf und bemerkte ziemlich spät, dass ich vielleicht doch ein bisschen hätte schlafen sollen. Man sah es mir auch an den dicken, dunklen Augenringen an, die ich bemerkte, als ich mir meine zerzausten Haare vor dem Spiegel kämmte. Ich gähnte und mein Magen knurrte. In guten Büchern war es meistens so, dass die Charaktere überhaupt keinen Appetit hatten, wenn sie sich schlecht fühlten, aber das war bei mir wohl nicht der Fall. Im Gegenteil, ich verschlang am Frühstückstisch ganze 4 Brötchen, zusammen mit einem Croissant. Trotzdem blieb ich so dünn wie eh und je. Mariko nahm keinen Bissen zu sich und starrte nur auf ihren unbenutzten Teller. Sie sah kein einziges Mal auf. 
Besorgt musterten sie ihre Eltern. Auch ich musterte sie, aber ganz bestimmt nicht aus Sorge! Nein, geistig krank war ich noch nicht und sollte es irgendwann mal vorkommen (Hoffentlich passiert das aber nicht), dass ich Mariko erkläre, wir wären Freunde, dann wäre mir klar, dass ich dringend zum Arzt müsste. Ich versuchte meinen Kopf klar zu kriegen und allen unnötigen Ballast wie sowas abzuschütteln. Ich musste jetzt gut nachdenken. Gestern Abend hatten ich und Mariko eine Entscheidung getroffen. Wir beide würden zu den Akatsukis gehen. Ein Glück, dass wir insgesamt zehn Tage hatten, denn wir brauchten eine perfekte Gelegenheit, um abzuhauen, also dachten wir nach. Ich dachte nach und ich dachte nach, aber mir fiel einfach nichts ein… Verdammt, vielleicht hatte ja wenigstens Mariko eine Idee. Ich konnte einfach nicht in einem Haus nachdenken, und vor allem nicht, wenn die drei Erwachsenen sich dabei direkt neben und vor mir am Tisch unterhielten. Ich brauchte frische Luft. Frische Luft und gute Musik.
Und natürlich ein schönes, verlassenes Plätzchen, wo es möglichst ruhig war. Ich stand von meinem Tisch auf und kippte die Krümel auf meinem Teller in den Mülleimer. Dann nahm ich mir meine Lederschuhe, meinen MP3-Player und meine Jacke und rief noch ein ‚Tschüss, ich geh eine Runde spazieren, bis später!‘ zu, bevor ich die Tür aufschob. Gerade, als die Türe hinter mir zufiel, sah Mariko auf. Auch als ich die Straße entlang schlenderte bemerkte ich nicht, wie sie mir vom Fenster her nachblickte… On the first page of our story the future seemed so bright… Das waren die ersten beiden Zeilen des Liedes Love the way you lie. ‚Sorgenlos‘ (Sarkasmus lässt grüßen) ging ich über die Wege und suchte mir möglichst einsame Waldwege, auf der Suche nach einem guten Platz zum Nachdenken. Dann fand ich ihn. Es war eine heruntergekommene Holzbank unter den Bäumen, die neben dem Weg ihren Platz gefunden hatte. Ich lief zu der Bank und setzte mich. 
Ein Glück dass es letzte Nacht nicht geregnet hatte. Then this thing turned out so evil I don’t know why I’m still surprised… Ich streckte mich und wiederstand dem Drang, mich hinzulegen und zu schlafen. Deshalb war ich nicht hergekommen. Ich musste nachdenken! Ja, hier ging das schon viel besser und ich konzentrierte mich auf einen kleinen Vogel, der auf einem Ast hockte und zwitscherte. Even angels have their wicked schemes and you take that to new extremes… Aber es war hoffnungslos. Eine halbe Stunde später saß ich immer noch grübelnd auf der Bank und starrte auf meine Schuhe. Das war doch einfach nicht zum Aushalten! 
Wie konnte man nachdenken, wenn einem so viele Dinge durch den Kopf schwirrten? Ständig drifteten meine Gedanken einfach so ab, vor allem, wenn ich kurz davor war und mir ein neuer Plan einfiel. Immer dann kam ich auf andere Gedanken und alles wurde unterbrochen. Und dann hatte ich meine Idee bereits vergessen… but you’ll always be my hero even though you’ve lost your mind…  Wütend schlug ich mit der Faust auf die Bank, als mir abermals meine Idee entwischte. Fluchend raufte ich mir die Haare, während mich Passanten komisch ansahen. Wie viele Tage hatten sie eigentlich noch? Wenn das Video erst gestern erschienen ist, dann hatten sie jetzt noch 9 Tage. Ich schluckte, als ich an die Folgen denken würde, wenn wir nicht erschienen und schon wieder stellte ich mir die Frage: warum? Warum sie? Warum das alles? Ich durchschaute sie nicht.
‚Just gonna stand there and watch me burn but that’s all right because I like the way it hurts…‘, sang mir Skylar Grey ins Ohr. Mit Musik konnte ich mich besser konzentrieren und wurde nicht so schnell abgelenkt, was nicht für jetzt galt. Ich war die ganze Zeit abgelenkt. Resigniert seufzte ich erneut. „Na, gibst du schon auf?“, fragte eine spöttische Stimme hinter mir. Völlig erschrocken zuckte ich heftig zusammen und wirbelte dann zu ihr um. Ihre Ellenbogen waren auf das nachgiebige Holz gestützt und auf ihren Händen stützte sie ihr Kinn. Sie grinste unheilverkündend. Na klasse… So konnte ich bestimmt noch besser nachdenken! 
(Hey, Sarkasmus, lange nicht gesehen!) Meinen MP3-Player hatte ich bereits ausgeschaltet und das Display war nun wieder schwarz. Ich nahm die Ohrstöpsel raus und den MP3-Player mit samt Kopfhörer neben mich auf die Bank. Laut war es zwar nicht, aber wenigstens erkannte Mariko dann, dass sie nicht erwünscht war, aber das wusste sie auch so, wenn sie einen halbwegs klugen Verstand hatte. ‚Geh wieder, geh, geh, geh, geh, geh, geh…‘, forderte ich eindringlich in Gedanken, aber besonders große Hoffnungen hatte ich nicht. Sie würde nicht gehen.
Wieso auch? Wahrscheinlich war sie nur meinetwegen raus gegangen, um mich zu nerven und zur Weißglut zu treiben, aber ich würde mich so gut es ging unter Kontrolle haben. „Was willst du?“, fragte ich sie kalt und konnte mir ein ‚Zimtzicke‘, in Gedanken nicht verkneifen. Schon allein ihr Auftauchen hatte mich unglaublich wütend und hasserfüllt gemacht. Das reichte schon. „Du läufst mir ja nach wie ein Hündchen! Echt lieb von dir, aber ich brauche keinen Butler, danke!“, sagte ich zuckersüß und ihre Augen wurden zu Schlitzen. „Du solltest dir lieber etwas überlegen, anstatt mir dumme Sprüche an den Kopf zu werfen, Shina Kurosaki!
An deiner Stelle würde ich jetzt ganz brav Sitz machen und überlegen“, zischte sie mir ins Ohr und ihre Stimme war angsteinflößend, aber ich würde ihr gar nichts zeigen. „Ach ja? Hast du denn schon einen Plan?“, hakte ich interessiert in der Brühe rum. „Nein, aber wenn dann mal etwas kommt, dann ist es sicher ein besserer Plan als alle deine zusammen!“ Ich lachte kalt und freudlos und funkelte sie an. 
„Wird nicht gleich übermütig! Vielleicht solltest du erst einmal damit anfangen, im Internet über Akatsuki zu recherchieren, bevor du dich hier an was Großes ran wagst!“ Sie sagte nichts mehr, sondern starrte mich finster an und darauf hin gab es zwischen uns ein Minutenlanger Blickduell. Dann drehte sie mir wortlos den Rücken zu und ging schnellen Schrittes davon. Ich sah meiner Erzfeindin bis zur nächsten Biegung nach.

Akatsuki - reale MassenmörderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt