29. The Woods

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Das zittern meines eigenen Körpers reisst mich aus dem Schlaf. Es ist bereits hell, doch die Sonne ist noch nicht aufgegangen. Ein kühler Wind verwandelt die ohnehin schon kalten Morgenstunden in eine eisige Qual. Am anderen Ende des Sees, über einer dunklen Bergkette, ist der Himmel orange-gelb gefärbt. Es sieht fast so aus, als hätte jemand einen Eimer Farbe quer über dem Horizont ausgeschüttet. Ich habe etwa eine Stunde geschlafen. Mit zittrigen Fingern sammle ich etwas mehr Holz zusammen um auf die Glut meines Feuers zu werfen. Meine Ausrüstung hat während dem Schlaf zum Glück etwas getrocknet, doch kalt ist es immer noch. Während ich in die Glut blase, um das Feuer erneut zu entfachen, beginne ich einen Plan für den Tag zu schmieden: Als erstes werde ich zu der Stelle gehen, wo die Überresten des Quinjets aus dem Himmel gefallen sind, um zu sehen ob da etwas brauchbares übergeblieben ist. Danach werde ich mir einen geeigneten Ort suchen, an dem ich eine Weile bleiben kann.

Mit meinen roten Augen habe ich bereits das ganze Gebiet abgesucht, so weit, wie ich es kann mit meinen Kräften. Doch kilometerweit gibt es kein Anzeichen, dass ich irgendwo in der Nähe von Menschen zu sein scheine. Nach einer Weile in der ich mich darüber aufrege, dass meine ganze Mission zu Grunde gegangen ist, entscheide ich mich dazu, es bleiben zu lassen und das Beste aus der Situation zu machen. Wenn ich jetzt lange genug vom Radar der Leute bleibe, um vergessen zu gehen, könnte es vielleicht sogar positiv sein, dass ich hier gestrandet bin.

Entschlossen binde ich meine immer noch nassen Schuhe an meinen Rucksack und packe meine Dinge wieder ein. Da fällt mein Blick auf den Brief, den Vision mir gegeben hat. Er sieht völlig zerknittert und zerstört aus, doch er scheint trocken zu sein. In der Hoffnung, dass er ihn mit einem Stift geschrieben hat, der wasserfest ist, packe ich ihn gemeinsam mit allen restlichen Sachen trotzdem ein. Barfuss mache ich mich auf den Weg über die groben Steine am Strand des Sees. Die Wasseroberfläche ist so ruhig, dass sie die Berge und den malerischen Himmel widerspiegelt.

Ich seufze. Meine Gedanken wandern zurück zu den letzten Tagen. Verzweiflung überkommt mich, wie schon so oft zuvor. Nicht, weil ich jetzt hier in der Wildnis gestrandet bin, nein, sondern weil ich nach Antworten suche. Antworten, die nirgends gefunden werden können. Ein leiser Gedanke schleicht sich in meinen Kopf. Depression. Ich versuche es zu unterdrücken, daran zu denken, aber es ist unausweichlich. Ich bin depressiv. Und das schon lange. Viel länger, als ich es mir erlauben kann. Die Gedanken, die sich in meinem Kopf eingenistet haben, zeugen davon. Selbstmordgedanken. Ich war einfach zu fest von meinem inneren Leben abgelenkt gewesen, um all dies zu erkennen.

In meinem Kopf sehe ich die Schlacht auf Sakaar gegen Thanos und das Wunder das passiert ist. Wer war das, der in dieser Schneelandschaft zu mit gesprochen hat? Tief in mir drin spüre ich eine starke Sicherheit, dass ich den wütenden Titanen nie wieder sehen werde. Ich werde von einem Blechteil, welches an den Strand geschwemmt worden war aus meinen Gedanken gerissen. Es ist ziemlich gross und hat einen Knick in der Mitte, so dass es perfekt als ein Zeltdach geeignet wäre. Das einzige, was nicht so optimal ist, ist dass es komplett voller Russ ist, und das auf beiden Seiten, was ich feststelle, als ich es mir näher ansehe. Dazu ist es auch ziemlich schwer zu transportieren, wegen der scharfen Kanten.

Doch so schnell lasse ich mir eine trockene und sichere Schlafgelegenheit nicht entgehen. Meinen Rucksack lasse ich neben mir in die Kieselsteine sinken und steige zum Wald hoch. An einem der ersten Bäume entdecke ich meterhohe Ranken einer Efeupflanze. Mit aller kraft ziehe ich daran. Und tatsächlich! Ein ziemlich langer Ast des Gewächses löst sich vom Stamm er riesigen Fichte. Dies wiederhohle ich, bis ich drei davon habe, welche ich dann zu einer stärkeren und dickeren, blättrigen Ranke verflechte. Damit gehe ich dann wieder zu meinem geliebten Blechstück zurück und lege es darum herum. Die beiden Enden nehme ich über die Schulter und ziehe mit aller Kraft. Und siehe da: langsam aber stetig schleife ich das zukünftige Zeltdach das Ufer hoch.

„Wuhuu! Dachte ich mir doch, dass ich das schaffe!", schreie ich in den Wald. „Schaffe, schaffe, schaffe...", kommt mein Echo aus dem Wald zurück. Meine nächste Idee ist ebenfalls vielversprechend: Ich schnappe mir meine Jacke, die noch immer nass ist und beginne den Russ der Explosion, von der Oberfläche zu putzen, was ihn erst mal einfach nur verschmiert, doch nachdem ich die Jacke mehrmals auswasche und mit mehr Wasser weiter schrubbe geht es schneller vorwärts.

Zwischen das Geräusch des Reisverschlusses, welcher beim Putzen gegen das Blech kratzt, mischt sich plötzlich etwas anderes. Ein Surren. Triebwerke! Ohne zurückzuschauen schnappe ich meinen Rucksack und renne zum Wald. Mein Herz schlägt rasend schnell. Wie konnten sie mich entdecken? Kurz mache ich Halt. Die Tannennadeln am Boden stechen in meine nackten Füsse. Am Himmel sehe ich einen Jet. Jedoch sieht er nicht aus, als wäre er von der Air Force. Er gleicht eher einem Quinjet, doch ist er etwas moderner.

Von der Angst getrieben beginne ich immer schneller den Berg hinauf zu rennen, tiefer in den Wald hinein. Panisch bahne ich mir den Weg durch die Bäume und das Dickicht.

Als ich nach oben sehe, erkenne ich einen dunklen Schatten über den Baumwipfeln, so nahe, dass ich das Flugobjekt hätte treffen können mit einer Pistole. Doch diese klimpert bei jedem Schritt in meinem Rucksack gegen die Wasserflasche und ist somit nicht in Reichweite. Kurz fluche ich darüber, dass ich nicht daran gedacht habe sie in mein Waffenholster zu nehmen.

In diesem kurzen Moment der Unachtsamkeit stolpere ich über eine Wurzel, falle hin und stosse meinen Kopf an einer dicken Fichte mit borstiger, grober Rinde. Stöhnend liege ich am Boden und fasse mir an den Kopf. Verschwommen sehe ich Blut an meinen Fingern. Mit zusammengekniffenen Augen versuche ich wieder scharf zu sehen. Doch nach zwei Sekunden bin ich mir nicht ganz sicher, ob ich das wirklich wollte. Zwischen den Stämmen huscht eine in schwarz gekleidete Gestalt umher. Mit letzter Kraft schleife ich mich hinter den Baum, der mich verwundet hat, oder eher ich mich durch ihn verwunden haben lasse. Auch an meinen Füssen sind Schrammen und Blut zu sehen.

Hastig reisse ich den Rucksack auf und greife meine Waffe. Schussbereit halte ich sie vor mich, während ich mich so klein wie nur möglich gegen den Baum kauere. „Sam?", erklingt mir eine unbekannte männliche Stimme in unmittelbarer Nähe. Ich stelle einen Akzent fest, weiss jedoch nicht was es für einer ist. „Sam komm raus ich will dich nicht verletzten."

Ich schenke dem unbekannten keinen Glauben. Mein Herz pocht zu laut. Denke ich konstant. Plötzlich erscheint der Mann rechts neben mir. In Windeseile halte ich ihm die geladene Pistole entgegen. Er trägt einen engen Anzug mit silbern glänzenden Details und scheint Afrikaner zu sein. Jetzt leuchtet mir auch der Akzent ein. Er sieht nicht aus, als käme er von der U.S Air Force.

Meine zitternden Hände umklammern die Waffe so fest, dass meine Knöchel weiss hervortreten. „Ich bin-", weiter kommt er nicht, denn ich ziehe am Abzug. Mit einem lauten Knall feuert der Schuss ab. Doch zu meiner Verwunderung, prallt er einfach an dem Schwarzen Anzug ab.

„Lass es mich nochmal versuchen;", murmelt er leise, „Ich bin T'Challa. Dein Freund schickt mich, um dich in Sicherheit zu bringen."

The Bear Girl #2 (Avengers FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt