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Ich starrte ihn an, und bereitete mich schon darauf vor angebrüllt zu werden. Doch Maurice lächelte nur schief.
"Ihr zwei erinnert mich an mich und deiner Mutter als wir so alt waren wie ihr."
Sagte er jetzt, und ich hätte mich am liebsten auf dem Boden sinken lassen können vor Erleichterung.
"Das war übrigens das gleiche Lied gewesen..."
Erzählte er weiter.
"Oh Entschuldigung, ich wollte keine traurigen Erinnerungen hervorrufen..."
Sagte ich jetzt, nachdem ich wieder den Mut zum reden hatte. Meine Stimme zitterte immer noch, und ich traute mich nicht Johnny an zu sehen.
"Nein ist schon in Ordnung, Kind. Ich fürchte es wird immer weh tun, aber wenigstens kann ich jetzt mit einem lächeln zurückblicken."
Maurice lächelte wehmütig, und plötzlich hatte er den gleichen Blick wie Johnny vorhin.
"Na gut. Macht nicht zu lange, ihr fahrt morgen ab da müsst ihr fit sein."
Sagte er jetzt.
"Oh ja stimmt...äh deshalb gehe ich jetzt lieber. Packen und so, und....meine Mutter kommt auch bald von der Arbeit."
Sagte ich jetzt und lächelte gezwungen.
"Danke für die Einladung Mr., es war ein echt schöner Nachmittag gewesen."
"Kann ich nur zurück geben, oder Johnny? Du bist siehst aus als hättest du einen Geist gesehen."
Er lachte. Johnny sah von ihn zu mir und als sich unsere Blicke trafen, schien sich mein Magen umzudrehen.
"Ja, a-auf jeden Fall."
Er lächelte, und ich erwiderte es nur um dann wieder weg zu schauen.
Er brachte mich noch zur Tür, und ich widerstand den Drang ihn zu sagen das ich selber hinaus finden würde. Ich wusste gar nicht was mit mir los war. 
"Also..."
Johnny lehnte sich an den Türrahmen.
"Morgen geht's los."
"Genau...wird bestimmt super."
Sagte ich, und scharrte mit den Füßen. Ich war eigentlich nicht in Stimmung Smalltalk zu halten.
"War echt schön mit dir heute...sollten wir öfters machen. Mein Vater ist doch nicht ganz so schlimm wie du dachtest, oder?"
Sagte er bespaßt.
Ich lächelte.
"Nein, ich weiß auch nicht warum ich so einen Respekt vor ihn habe...aber ja das nächste mal bringe ich ein paar Rezepte mit."
Ich lachte auf.
"Super. Dann...bis morgen."
"Bis morgen Johnny."
Wir sahen uns an, eher ich mich umdrehte und einige Schritte ging.
"Anouk?"
Ich blieb stehen und drehte mich um.
"Ja?"
Er setzte an, doch ich konnte sehen das ihn irgendetwas zurückhielt.
"Ich...ach nichts."
Ich presste die Lippen zusammen, und drehte mich um. Ich war froh als ich außer Sichtweite war und blieb stehen.
Was hatte ich da nur getan! Ich hätte beinahe Johnny geküsst...
Meine Gefühle überschlugen sich, ich spürte sowohl die Wärme von vorhin als auch die Traurigkeit darüber das ich immer noch dieses Geheimnis hatte. Jetzt merkte ich wie mich diese Gefühle die am Anfang so schön und flüchtig schienen, innerlich anfingen aufzufressen. Ich wollte und konnte es nicht mehr länger vor ihn geheim halten, es ging nicht. Irgendwann würde es einfach aus mir heraus platzen, vor allem jetzt nachdem was passiert war. 
Ich spürte immer noch den Schatten seiner Berührung, und kaum schloss ich die Augen war ich wieder in diesen Moment zurück versetzt.
Ich war wütend auf mich selber. Wieso war ich so dumm und konnte mich nicht kontrollieren? Garantiert dachte Johnny jetzt furchtbar über mich und ahnte schon was mit mir los war. Er wollte mich vorhin an der Tür darauf ansprechen, aber hat sich wahrscheinlich nicht getraut. Oder es würde morgen kommen.
"Verdammt nochmal..."
Ich strich mir über der Stirn und suchte mir eine Bank die am Straßenrand stand, und setzte mich dorthin.
Er musste mich für völlig bescheuert halten...
Redete ich mir die ganze Zeit ein, bis ich spürte wie mein Magen anfing weh zu tun. All diese Gefühlsschwankungen haben wohl dazu beigetragen das ich jetzt mit Magenschmerzen nach Hause ging.


Selbst meine Mutter war erschrocken als sie sah wie miserabel ich aussah, und lief zu mir.
"Anouk was ist passiert?"
Fragte sie, und legte mir die Hände auf die Schultern.
Ich..ich habe Bauchschmerzen..."
Sagte ich leise.
"Hast du etwas falsches gegessen?"
Fragte sie.
Ich zuckte mit den Schultern.
Ich wollte nicht reden, nur allein sein.
"Komm, setzt dich erst mal ich mache dir einen Tee..."
Sie führte mich zum Küchentisch, wo ich mich auf dem Stuhl niederließ. 
"Bestimmt ist es nur die Aufregung wegen morgen..."
Fing sie an, und holte eine Tasse aus dem Schrank und suchte nach dem Tee.
Ich hörte ihr gar nicht zu, sondern war versunken in meinen Selbstmitleid. Die ganze Situation zog mich so sehr herunter, dass ich mir die Tränen zurückhalten musste. Plötzlich wurde mir eine Tasse mit dampfenden Tee der nach allen möglichen Kräutern und Pflanzen roch, hingestellt.
"Danke Mama..."
Ich zog die Tasse zu mir und trank einen Schluck davon. Ich hätte am liebsten das Gesicht verzogen, da dieser Tee nach den Überresten welche ein Rasenmäher hinterließ, schmeckte.
"Kann ich den Tee mitnehmen? Ich lege mich ein bisschen hin..."
Fragte ich müde, und meine Mutter nickte und strich mir über den Kopf.
"Hoffentlich geht's dir bald besser..."
Ich nickte und schleppte die Tasse mit nach oben, nur um sie dann auf den Nachttisch zu stellen und mich selber auf's Bett zu schmeißen.
Mein Blick fiel auf das Zelt, und sofort kamen die Erinnerungen wieder hoch. Wütend drehte ich mich um. Normalerweise würde ich in diesen Erinnerungen schwelgen, doch jetzt gerade verursachten sie nur das ich sauer auf mich selbst war.
Die Zeit verstrich, und ich entschied mich schließlich doch dafür den lauwarmen Tee auszutrinken. 
"Bah..."
Ich stellte die Tasse an die Seite und wechselte die Klamotten in gemütlichere.
Danach legte ich mich hin und döste vor mich hin, dabei kreisten unendlich viele Gedanken in meinem Kopf herum.
Irgendwann kam ich dann zu dem Entschluss das ich mich auf das schlimmste vorbereiten musste. Und zwar das Johnny mir sagen würde das er mich nicht liebt. 
Sagen würde ich es ihn trotzdem, obwohl es mir graute vor der Vorstellung. Aber länger konnte ich es nicht mehr mit mir herumschleppen. 
Schließlich war es besser über beschlossener Sache traurig zu sein, als über die Ungewissheit.
Ich stand auf und zerrte meinen Koffer vom Schrank herunter, und wischte den Staub davon ab.
Wir blieben dort zwei Wochen, dass heißt ich musste mir genaustens überlegen was ich einpackte. War auf jeden fall besser als weiter zu grübeln.
Nach gut einer Stunde war ich fertig, und überprüfte noch einmal ob ich auch wirklich alles wichtige eingepackt hatte.
Draußen war es schon dunkel, aber müde war ich noch nicht. Ich lief also mit der Tasse zurück nach unten und brühte mir noch eine Tasse ab, dieses mal aber mit Kamillen Tee und Honig. Meine Mutter saß auf der Couch und stickte.
Heute war der letzte Tag an dem sie mich noch hatte, also leistete ich ihr Gesellschaft und setzte mich neben ihr.
"Hey, na geht's dir besser?"
Fragte sie.
Ich nickte und lehnte mich an ihr.
"Zum Glück. Ich habe mir schon Sorgen gemacht."
Sie sah zu mir.
"Wie war es eigentlich bei Johnny?"
Ich nippte an meinem Tee und starrte düster in die Gegend.
"Gut. Wir haben mit seinen Vater zusammen gekocht."
"Ach echt?"
Ich nickte. Nach einiger Zeit der Stille, kam dann die Frage die ich schon die ganze Zeit über befürchtet hatte.
"Ist wirklich alles in Ordnung? Du siehst so traurig aus..."
Kurz wollte ich ihr alles erzählen was mich die ganze Zeit so belastete, aber dann hielt ich doch inne. Ich wollte nicht die große Diskussion einen Tag vor Abreise auslösen. Ich müsste es ihr wohl später sagen, wenn ich auch Gewissheit hatte wie es nun für uns stand.
"Es ist alles okay..."
Log ich daher.
"Alles gut..."








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Bis zum Nächsten Kapitel ♡♡♡

ℳ𝓎 ℳℯ𝓁ℴ𝒹𝓎 (𝔸 𝕊𝕚𝕟𝕘 𝔽𝕒𝕟𝕗𝕚𝕔𝕥𝕚𝕠𝕟 )Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt