Kapitel 32

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"Guk, atme tief durch. So wie ich." Gerade versuchte Tae seinen Mann wieder zur Ruhe zu bringen, der scheinbar einen Tag bevor alles anfing zu hyperventilieren begann. Das konnte ja eine tolle Nacht werden. Und eventuell ein ereignisreicher Tag morgen. 

"Ein und aus." Vielleicht half es ja, wenn er ihm sagte, was er tun sollte, damit nicht noch mehr in seinem Hirn umherwaberte. Dazu gestikulierte er mit seiner Hand vor der Brust rum und hob und senkte diese, als ob er einem Kind zeigen wollte, wie die Atmung funktionierte. 

"Du hast das Essen für Morgen soweit es geht vorbereitet. Wir haben gemeinsam sauber gemacht und die Deko besprochen. Du hast auch allen Bescheid gesagt, dass sie morgen herzlich eingeladen sind - auf 15 Uhr wohlgemerkt - und jeder davon hat zugesagt. Es gibt nur noch eine Sache die noch bleibt..."

Panisch blickte Jungkook ihn mit rot unterlaufenen Augen an. Dazu noch die Augenringe und die sehr ungesunde Blässe... Naja, rund heraus: Man könnte ihn in einem Horrorkabinett unterbringen. Ja, nicht besonders nett - und ja, nett war der kleine Bruder von Scheiße - aber er sprach es ja auch nicht aus. Die Gedanken sind frei oder so. 

"Willst du mich frühzeitig unter die Erde bringen? Was hab ich vergessen oder war das deine Aufgabe? Gerade glaub ich dir gar nichts mehr. Ich hab das Gefühl, dass du mich verarschen willst!" UiUiUi, war wohl kein guter Zeitpunkt für Scherze. Hätte er aber irgendwie auch besser wissen können. 

"Ich glaube, dass behalt ich jetzt lieber für mich...", irgendwie hatte Tae gerade das Gefühl, gleich auf der Couch schlafen zu müssen. Jungkook schaute ihn jedenfalls so an. 

"Weißt du, wenn dich dieses Treffen so stresst, dann lass uns es doch einfach ab - ..." Mit zwei Fingern drückte Jungkook ihm die Lippen zusammen, sodass es wahrscheinlich leicht an eine Ente erinnerte. Mit der noch freien Hand zeigte er symbolisch an seinen Hals und deutet an, ihn einen Kopf kürzer zu machen, wenn er es wagte mehr zu sagen. 

"Du wirst mir das jetzt nicht kaputt machen mit deiner Null-Bock Einstellung. Es wird stattfinden und danach werde ich Seelig in unser Bett fallen mit dem Gedanken, dass... dass...", er schien gerade große Schwierigkeiten zu haben, das perfekte Ende zu finden. Panisch suchte er nach Worten, aber irgendwie kam nichts über seine Lippen. Tränen bildeten sich vor lauter Verzweiflung in seinen Augen und seine Lippen fingen an zu zittern. Ohje, dass sah nicht gut aus. Es erinnerte ein bisschen an einen Nervenzusammenbruch.

"Tae", jammerte er herzzerreißend. "Ich weiß nicht mehr, was das Ziel dieses Treffens ist. Warum machen wir das nochmal?" Tränen flossen Jungkook über die Wangen und hilflos schaute er im Raum umher. 

"Komm her, mein Liebster", sagte er ruhig und zog ihn an seine Brust. Ein Schluchzen löste sich aus Jungkooks Kehle, während er sich einfach fallen ließ. Diese Wärme und diese Kraft brachten ihn dazu noch lauter zu weinen, als vorher schon. Sein Körper bebte und der einzige Halt für ihn war gerade Tae, dessen Arme ihn fest Umschlungen und ihn nicht so schnell loslassen würden. 

So saßen sie eine Weile auf ihrem Bett und schienen gerade ganz bei sich zu sein. Kein anderer Gedanke schwirrte mehr durch ihre Köpfe, als die Nähe zum jeweils anderen. 

Schläfrig wiegte Tae den Jüngeren in seinen Armen hin und her und hatte tatsächlich das Gefühl, dass der langsam wegdämmerte. Immer schwerer lag dessen Gewicht auf ihm und die kräftige Umarmung wurde von Minute zu Minute seichter. 

"Was hab ich vergessen?", Jungkooks Körper versteifte sich und seine Stimme war so plötzlich erklungen, dass Tae leicht zusammenzuckte. Stimmt ja, da war ja noch was... Das er sich aber auch nie zurückhalten konnte. Immer noch ein blöder Spruch oben drauf. Er seufzte erschöpft auf und in seinem Hirn war bereits Hochbetrieb.

Egal, was jetzt gesagt wird:  Schön verpacken, damit Jungkook nicht wieder auf 180 geriet. 

"Du, das war blöd von mir. Ich wollte nur einen Scherz machen, aber zur falschen Zeit. Tut mir Leid." Super gelöst Tae. Eine Entschuldigung hatte ihn schon immer aus dem Schlamassel heraus geholfen. 

Langsam löste sich Jungkook von ihm und während Tae noch voller Überzeugung war, dass er es nicht besser handhaben hätte können, endete diese Euphorie sofort, als er Jungkooks Gesicht sah. 

Sein Blick machte dem von Hades wahrscheinlich stark Konkurrenz und ließ Tae erschauern. Leider nicht vor Erregung, wie er es eigentlich gerne gehabt hätte. Wäre es möglich, wäre er wahrscheinlich zu Eis erstarrt oder bis Morgen zu einem Holzklotz verzaubert worden, mit dem er sich gerade sehr gut identifizieren konnte. 

"Was hab ich vergessen?", fragte Jungkook erneut und ließ Tae nicht aus dem Blick. Der wand sich bereits schmerzhaft unter dessen Blick hin und her und wusste genau, dass ihn niemand mehr retten konnte. Er war ausgeliefert. Erwartete den Strick oder etwas gleichfalls grausames. 

Schon fast flehend schaute er seinen Mann an und versuchte ein bisschen Gnade zu erhaschen. Vielleicht half es dabei, dass er heute Nacht nicht in der Badewanne schlafen musste. Ja genau. Es war mittlerweile die Badewanne und nicht mehr die Couch.

"Bitte zwing mich nicht dazu, es auszusprechen. Ich fühl mich jetzt schon total dämlich." Jungkooks Blick sprach Bände: Er hatte keine andere Möglichkeit, als zu sagen, was ihm vorhin auf der Zunge lag. 

Laut seufzte er auf und ließ seinen Kopf in die Hände fallen. "De jwagertst...", nuschelte Tae in seine Handfläche und hoffte, dass er es nicht nochmal wiederholen musste. 

"Hör auf mit dem Scheiß. Du weißt, dass ich dich nicht verstanden habe. Dich würde so niemand verstehen." Jungkook griff nach Taes Händen und versuchte sie von seinem Gesicht zu entfernen. Laut stöhnte Tae auf und ließ sich dann rückwärts aufs Bett fallen. Irgendwie musste er die Konsequenzen verhindern, aber wie?

Wenn er sich jetzt unter die Decke vergrub und am Bett festhielt, dann konnte Jungkook ihn nicht rausschmeißen, dann... 

"Rede, Tae! Vielleicht hab ich dann etwas Gnade mit dir", flüsterte der Jüngere dunkel. Panisch blickte der Angesprochene zu ihm und hatte das Gefühl gleich selbst los zu heulen. So aus Verzweiflung.

"Tae", sagte Jungkook nochmals und schien noch kühler zu wirken, als das Mal davor. Das hätte er jetzt auch nicht gedacht: Es ging tatsächlich schlimmer. 

Nun gut. Es blieb wohl nur noch seine Hoffnung. Mit viel Geschick konnte er eventuell etwas schlimmeres abwenden. 

"Ok, verdammt. Ich sag es." Jungkook starrte Tae abwartend an und die Stille im Raum war zum Greifen nah. "Aber bitte nimm es nicht zu ernst. Das können wir auch machen, wenn das Treffen hinter uns liegt."

Tief atmete Tae durch und versuchte seine übrig gebliebenen Gehirnzellen zusammen zu raffen, um endlich die Wahrheit auszusprechen. Leichter gedacht, als getan.

"Ok, ich... ich dachte, dass es irgendwie witzig wäre, wenn wir morgen verkünden würden, dass du Schwanger bist, dann hätten wir alle dabei, die es wissen sollen und könnten sehen, wie sie es aufnehmen... aber dafür müsstest du einen Test machen. Aber völlig Freiwillig natürlich und ohne irgendwelchen Druck. Es war nur ein irrer Gedanke, der in meinen Kopf umherwaberte." Schwer atmete Tae aus, als ob er die ganze Zeit die Luft angehalten hatte. Jetzt war es raus. Jetzt war er bereit zu sterben. 

"Das ist alles?", sagte Jungkook und löste seine Starre auf. "Mehr war es nicht?" Er schüttelte den Kopf und setzte sich wieder zu Tae aufs Bett. Ein Seufzen erklang, welches aus dem tiefsten Inneren kam. Scheinbar keine leichte Aufgabe für den Jüngeren. 

"Also gut, dann schauen wir mal, was das gute Ding sagt..."

Liebster! - TaekookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt