Kapitel 64

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Jungkook fühlte sich gerade so gar nicht wohl - ganz anders als Jin, der scheinbar schon jetzt Kontakte zur Crew geknüpft hatte. Er selbst dagegen hielt sich zurück, schaute angestrengt auf sein Handy oder suchte den Blick seines Mannes. 

Es war ihm unangenehm, wenn seine Augen doch einmal die eines anderen traf und hektisch schaute er dann immer schnell woanders hin. Dabei versuchte er so zu tun, als ob es ihn so überhaupt nicht interessierte, dass sie ihn alle abschätzig beäugten. 

Eigentlich mochte er diese Seite an sich gar nicht, aber manches ging wohl irgendwie nie ganz weg auch wenn man es sich so sehr wünschte.

Ihm waren während dem Aufenthalt hier nicht nur die Beobachter aufgefallen, sondern auch der Streit von dem Arzt und Sejin. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass es seine Schuld war, dass Dr. Lee fluchtartig den Raum verlassen hatte. 

"Hey, Bunny", hörte er eine bekannte Stimme und als er aufblickte sah er Yoongi, der sich gelangweilt in den Sessel neben ihm fallen ließ - der natürlich frei war, sowie fast alle Sitzplätze in Jungkooks Nähe. Da standen die Anwesenden lieber längere Zeit oder teilten sich Stühle, als seine Nähe ertragen zu müssen. Echt bitter.

Erneut fühlte er sich so ähnlich wie in der Schule. Entweder waren sie ihm aus dem Weg gegangen oder hatten auf ekelhafte Weise seine Nähe gesucht. 

Das Zweite würde wahrscheinlich eher weniger auf ihn zu kommen, solange Tae da war, das Erste erlebte er gerade. 

"Du siehst aus, als ob du gerne im Erdboden verschwinden würdest. Hab ich Recht?", unsicher blickte er Yoongi an und konnte nur bestätigend Nicken. 

"Hm, ich wusste, dass da noch mehr in dir steckt, als das was ich bei unserem ersten Treffen gesehen habe. Du bist jemand der unsicher wird sobald er seine Komfortzone verlässt. Ging mir anfänglich ähnlich. Aber soll ich dir was sagen?" Gemütlich beugte sich Yoongi zu Jungkook vor und stützte dabei seine Arme auf seinen Beinen ab.

"Du kannst es denen da", und damit zeigte er demonstrativ auf die Männer, die ihn von weiten beobachteten, "nach machen und ihre Meinung von dir somit bestätigen, dass du dich für was besseres hältst oder du zeigst wahre Größe und übergehst diese abschätzigen Blicke. Mach sie neidisch und sei so nett und zuvorkommend wie möglich, so dass keiner davon etwas schlechtes über dich sagen kann. Das wird sie viel mehr ärgern, denn ihre Vorurteile werden sich nicht bewahrheiten."

Wieder lehnte er sich in seinem Sessel zurück und nahm sich eine der Zeitschriften, die neben ihm auf dem Tisch lagen. Wenig interessiert durchblätterte er sie und legte sie dann wieder zurück.

"Wie hast du es gemacht, Yoongi?", fragte Jungkook leise und versuchte erneut nicht so viel Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.

"Ich hab sie ignoriert", kam lachend von Yoongi. "Aber ich hab auch einen anderen Start gehabt. Nimm dir also an mir kein Beispiel. Du bist für sie jemand fremdes, der in ihr Territorium eindringt. Du bist nur hier wegen Tae, aber genau das sollte dir egal sein. Da spielt viel Eifersucht mit rein und Unverständnis."

"Warum bist du dir da so sicher? Ich mein", er schaute zu den Tänzern, Technikern - und was da sonst noch alles dabei war - rüber, "es könnte auch etwas völlig anderes sein. Ich..."

"Hast du dich mal im Spiegel angeschaut, Bunny?", unterbrach Yoongi ihn einfach. "Die sind sowas von Neidisch. Alle wahrscheinlich auf eine andere Art und Weise. Die Alphas würden dich auch gerne mal ausprobieren und die Betas und Omegas verstehen nicht, warum Tae dich ausgewählt hat und nicht einen von ihnen. In ihren Augen bist du Talentfrei und hast nur dein Aussehen zu geben, weil sie dich nicht kennen. Sie sehen nur die Oberfläche und hübsche Menschen sind doch meistens auch eine Spur eitel oder egozentrisch. Jedenfalls werden sie gerne so dargestellt."

Na toll, das machte es jetzt für Jungkook nicht unbedingt leichter. Für seine Wirkung auf andere konnte er nichts, aber der Mut fehlte ihm auch gerade einfach der Meute näher zu kommen. 

An der Uni oder im Café hatte er kein Problem auf Fremde zu zugehen, aber hier... Das war nicht sein Umfeld. 

Naja, zu mindestens hatte Yoongi für kurze Zeit geschafft, dass Jungkook nicht weiter über den Flug nach dachte und die Panik, die in ihm aufkam, um so näher sie dem Start des Flugzeugs kamen, etwas außer Reichweite gerückt. 

"Yoongi lenk mich ab. Mein Mann scheint gerade keine Zeit zu haben..." Das kam gerade etwas zu vorwurfsvoll über seine Lippen, aber Yoongi reagierte darauf nur mit einem Grinsen.

"Scheint wichtig zu sein, was Sejin und Tae besprechen, sonst wären sie nicht raus gegangen. Mach dir also keine Gedanken. Wenn sie fertig sind mit Diskutieren oder so, dann kommt er mit Sicherheit gleich als erstes wieder zu dir."

Dankbar lächelte Jungkook Yoongi an. Es war schön, dass dieser scheinbar in ihm einen akzeptablen Gesprächspartner sah, sonst wäre er wahrscheinlich schon längst weg oder hätte sich gar nicht die Mühe gemacht sich zu ihm zu setzen.

"Was war das eigentlich mit diesem Feiern und Hobi und Jimin? Wie kam es dazu, dass die alle beide bei dir gepennt haben? Ist da eigentlich noch mehr passiert nach meinem Anruf oder seit ihr einfach alle wieder schlafen gegangen?"

Provokant zog Yoongi die Augenbrauen hoch, als dieser allerdings den geschockten Blick seines Gesprächspartners sah, entfuhr ihm sofort ein Lachen.

"Ist das richtiges Interesse oder sorgst du dich um deine Freunde?", kam stichelnd von dem Älteren und Jungkook konnte nur mit den Schultern zucken.

"Ich weiß nicht. Tae hat mir nichts gutes über deine lässige Art beim Thema Sex und Partnerschaft erzählt. Du scheinst jemand zu sein, der sehr sprunghaft ist und sich nicht festlegen möchte. Sowas wünsch ich mir ehrlich gesagt nicht für meine Freunde, vor allem weil ich weiß, dass sie nicht so ticken, aber sich auch gerne einreden, dass sie was wollen, obwohl es so gar nicht zu passen scheint."

"Du redest von Hobi und seinen Gefühlen für dich, richtig?", fragte Yoongi schmunzelnd und Jungkook presste seine Lippen nur bestätigend zusammen. Es war kein Thema über das er gerne sprach. Am liebsten ignorierte er es.

"Hab mich schon gefragt, wie man sowas nicht bemerken kann. Er war schon ziemlich auffällig, aber du hast dir nie was anmerken lassen. Bin mir nicht sicher, was ich davon halten soll..."

Fahrig ließ Jungkook seinen Blick durch den Raum schweifen und seufzte auf. Er wusste anfänglich auch nicht was er machen sollte, als er es bemerkt hatte, aber deswegen wollte er ihn nicht als Freund aufgeben.

"Er ist ein toller Mensch - ein toller Kumpel. Wenn man ihn einmal in seinem Leben hat, will man ihn nicht mehr gehen lassen. Ich hab einfach gehofft, dass sich diese Gefühle bei ihm wieder legen, wenn ich ihm keine Anreize biete... Naja und irgendwann war es irgendwie normal, dass ich ignorierte wie er mich anschaute."

Gedankenverloren nickte Yoongi und fuhr sich schlussendlich durch die Haare. "So ähnlich ist es bei mir. Ich liebe Sex und die Nähe von anderen Personen, aber ich liebe nicht die Liebe. Es ist etwas schmerzhaftes, was ich so gut es geht vermeiden möchte. Ich hab keine guten Erfahrungen damit gemacht und ich glaube, dass ich einfach auf Dauer nicht für Monogamie gemacht bin. Ich ignorier einfach diesen Aspekt des Lebens und hoffe irgendwie, dass ich jung sterbe, so dass ich mein Aussehen nicht einbüßen muss und nicht zu einem dieser erbärmlichen alten Knacker werde, die nach Frischfleisch in Bars suchen und Geld für eine heiße Nacht zahlen müssen."

Leben kam vor ihnen in die Leute. Scheinbar konnten sie jetzt an Bord gehen und so gleich kamen auch Sejin und Tae zum Vorschein, die wieder zur Gruppe dazu stießen. Lächelnd lief sein Mann auf Jungkook zu.

"Hm, aber vielleicht hast du auch einfach noch nicht dir richtige Person gefunden für die du diese Freiheit aufgeben würdest... Ich glaube nämlich, dass es für jeden Topf den richtigen Deckel gibt und diese Angst vor der Liebe, die du beschreibst, ist vielleicht dein größter Kampf, um glücklich zu werden -"

"Hey min Liebster", unterbrach Tae ihr Gespräch und zog Jungkook in eine Umarmung zu sich hoch. "Alles ok bei euch? Kann es los gehen?" lächelnd nickte Jungkook und drückte kurz sein Gesicht in die Halsbeuge seines Mannes, atmete dessen Geruch tief in seine Lunge ein und fühlte sich gleich etwas sicherer.

"Jap, Yoongi hat mich super abgelenkt. Lass uns jetzt los, sonst fliegen die noch ohne uns."

Liebster! - TaekookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt