Beastly (Alphas Gefährtin) - Dark Alpha Teil 1

Die böse Tante

Ein flaues Druckgefühl in ihrem Bauch lässt Lily laut aufstöhnen. Ein Blick auf ihr Handy verrät, dass es noch in den frühen Morgenstunden ist. Lilys nackte Füße berühren den kalten Laminatboden mit den gelben Streifen. Eilig zieht sie ihre rosa Sneakers und den weißen Bademantel an. Sie sieht noch einmal zum Metallbett mit der weichen Matratze und dem zerwühlten Laken, ehe sie sich langsam aus dem Zimmer im Obergeschoss schleicht. Im Haus ist es so still wie nie. Ihre Hände legen sich auf das schwarze Treppengeländer, als sie mit langsamen Schritten die Treppe hinuntergeht, um zur Küche zu gelangen. Die Schmetterlinge in Ihrem Bauch schlagen sanft mit ihren Flügeln aus, als sie die Küche erreicht hat. Ihre zarten Finger zittern, als sie den Lichtschalter drückt.

„Hey, was machst du?" James tiefe Morgenstimme bringt sie sofort aus der Fassung. Sie ist überrascht, James nur in Boxershorts und schwarzen Socken in der Küche zu sehen.

„Ich konnte nicht mehr schlafen. Und du?" Lily deutet mit einer Hand auf seinen unbekleideten Körper. Die Muskeln an seinem Bauch stehen deutlich hervor und sind braun gebrannt von den vielen Stunden in der Sonne. James lacht leise, ehe er zum Tresen läuft, um nach einem weißen Shirt zu greifen. Schnell bedeckt er damit seinen Oberkörper.

„Ich hatte Hunger und bin früher aufgestanden, um uns Frühstück zu machen."

„Wo ist Quinton?" James zuckt mit den Schultern, während seine Schwester widerwillig stoßweise ausatmet. Seit dem Tag, an dem sie bei Tante Barbara und ihrem Sohn Quinton eingezogen sind, hat James sich verändert.

„Keine Ahnung, er hat sich heute Nacht weggeschlichen. Barbara hat nichts mitbekommen, aber sie ahnt etwas." Lily nickt, als ich den schwarzen Kaffee aus der weißen Kanne direkt in eine weiße Tasse fließen lässt.

„Milch und Zucker?" Dankend nimmt sie James den Karton Sojamilch und den braunen Zucker aus der Hand.

„Also, was ist dein Plan für heute?", fragt James nach einer Weile der Stille.

„Ich wollte eigentlich zur Schule, aber Barbara hat mich gebeten, heute nicht zu gehen." James nickt. Gedankenverloren läuft er zum Kühlschrank und öffnet die Tür, um den Eierkarton herauszuholen. Auch Lilys Gedanken driften ab zurück zu dem Tag, der alles verändert hat. Eine einzelne Träne verirrt sich auf ihre Wange, als sie an die Beerdigung von Großmutter Ann vor wenigen Tagen zurückdenkt. Es ist ein wunderschöner warmer Herbsttag gewesen und alle haben bei der Verabschiedung bunte Hüte getragen, so wie sie es sich gewünscht hat.

„Hey, ist alles gut?"

„Ja, ich denke schon."

„Gut, denn Barbara kommt gerade nach Hause." James zieht die blauen Gardinen zur Seite, sodass die beiden einen guten Blick auf die Einfahrt vor dem Haus haben. Ihre Gesichtszüge verhärten sich und auch James sonst rosiges Gesicht hat jeglich Farbe verloren, als Tante Barbara aus ihrem grünen Truck steigt. James Körper zuckt zusammen, als die Beifahrertür mit einem lauten Knall hinter Barbara zufällt, und, als sich ihre Blicke treffen, wissen beide, dass sie Unheil erwartet.

Barbara Jennings lässt die Fahrertür ihres grünen Trucks geräuschvoll hinter sich zufallen. Ihre Augen sind verschlossen, als sie die braune Tasche fest mit einer Hand umklammert. Heute ist nicht ihr Tag. Erst vor wenigen Tagen hat sie erfahren, dass man ihr das Haus nehmen wird, sollten die Rechnungen nicht beglichen werden. Ein tiefer Seufzer entfährt aus ihrem Mund, als sie an ihren Sohn Quinton denkt, der gerade einmal die Highschool besucht und von all dem nichts ahnt. Ihre Anstellung als Altenpflegerin im Altenheim Sunny View haben ihr in der Vergangenheit geholfen, die Kredithaie in Schach zu halten, aber auch sie hat gewusst, dass dieser Schutz irgendwann enden würde. Ihre Handflächen schwitzen, als sie den Brief vom Nachlassverwalter in ihrem blauen Mantel verschwinden lässt. Niemand soll erfahren, was sie getan hat.