Panik

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Er kann nicht schnell genug laufen. Seine Füße schmerzen bei jedem Schritt, doch er denkt nicht daran, sich langsamer fortzubewegen. Ganz im Gegenteil. Je weiter er sich von der ansässigen Schule entfernt, desto freier fühlen sich seine Lungen an. Er schluckt die Reste seiner Spucke runter und leckt sich über die Lippen.

Er will es nicht wahrhaben, noch nicht. Er hat bisher nur vermuten können, dass sie es ist, doch die Bestätigung hat ihn tief erschüttert. Bis ins kleinste Mark. Wie soll er jetzt vorgehen? Soll er es jemandem erzählen oder ganz normal weitermachen, wie bisher? Unzählige Fragen dringen in seinen Kopf ein, zwingen ihn dazu, seinen Blick auf die Dinge zu ändern. Wenn er es zulässt, wird er nie mehr alleine sein, doch kann er dieses Mädchen einfach so in eine Welt ziehen, die sie nur aus ihren kühnsten Träumen kennt? Kann er tatenlos mitansehen, wie seine Feinde sie als Beute ansehen und sich die Finger nach ihr lechzen, nur um ihm zu schaden? Was für ein Monster wäre er, wenn er sie einem Schicksal aus ihren schlimmsten Alpträumen überlassen würde? Seine Bewegungen werden forscher und zunehmend schneller, als er durch den dichten Wald läuft. 

Er muss den Kopf freikriegen. Jetzt. Nichts liegt ihm ferner, sich jetzt zurückzuziehen, doch vorerst wird er im Trainingsraum im Rudelhaus all seine aufgestaute Wut herauslassen. Er ist kein Boxer, nicht geringsten. Aber die Schläge auf den Boxsack erleichtern ihn von all seinen Sorgen, die er sonst unterdrücken würde. Es würde ihn all seine Kraft kosten, sich von ihr fernzuhalten. Kraft, die er im Moment dringend benötigt, um mit John abzurechnen und um seine Feinde aus Fairwood fernzuhalten. Er ist nun mal der Alpha und hat bestimmte Verpflichtungen, denen er nachgehen muss. Er hat seinem Rudel ein Versprechen gegeben und er wird es erfüllen. Er wird alles tun, um sie wiederzusehen, doch der Zeitpunkt scheint alles andere als ideal zu sein. John würde frohlocken, zu erfahren, dass er seine Gefährtin gefunden hat und sie dazu benutzen, ihm wehzutun. Das kann er unmöglich zulassen. Er muss wissen, dass sie in Sicherheit ist. Weit weg von John und all den anderen Gefahren, die hinter jeder Ecke in der Stadt lauern. 

Er lacht leise und fährt mit einer Hand durch sein nassgeschwitztes Haar. Die halbe Stadt ist so wie er ein Wesen des Mondes. Er hat ihre Loyalität nie in Frage gestellt, doch jetzt haben sich die Dinge grundlegend geändert. Jetzt hat er nicht nur sein Rudel, sondern auch sein Gefährtin, die seine Aufmerksamkeit braucht. Sie mag es vielleicht noch nicht wissen, doch er würde alles für Ihr Wohlbefinden tun, und, wenn er recht hat, hat sie es auch gespürt, nachdem er ihren Arm sanft gestreift hat. Seine Lider schließen sich, als er an den entscheidenden Moment zurückdenkt. Den Moment, in dem sein Leben eine Kehrwende gemacht hat. Er hat nie an Schicksal geglaubt, oder dass er seine Gefährtin finden würde. Die Erzählungen von seinen Eltern haben immer den Hauch von Panik in seinem Inneren ausgelöst. Er hat sich nie vorstellen können, an einen anderen Menschen gebunden zu sein. Die Dinge zu spüren, die der andere spürt. 

Eine übermächtige Welle der Erkenntnis ergreift ihn. Er bewegt sich nicht mehr, Augen weit aufgerissen. Jetzt, da die beiden Kontakt zueinander aufgenommen haben, wird es nicht mehr lange dauern, bis er alles spürt, was sie spürt. Er wird Dinge wissen, die sie womöglich niemandem sagen würde. Und auch sie wird ihn spüren. All seine Sorgen. All seine Ängste. Er wird ihre Gedanken nicht lesen können, da sie kein Rudelmitglied ist, aber zu wissen, dass er schon bald eine innige Bindung ihr eingehen wird, macht ihm unsagbare Angst. Es ist nicht aufzuhalten, aber er wird sie erneut aufsuchen, um ihr alles zu erklären. Nachdem er die anfängliche Panik überwunden hat und sich sein Herzschlag normalisiert hat, schleicht sich ein Lächeln auf sein Gesicht. Von jetzt an wird alles anders, und er kann es kaum erwarten.

Beastly (Alphas Gefährtin) - Dark Alpha Teil 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt