Schmerz

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Und, was haltet ihr von Barbara?

Seth und Jordan starren in die Luft, jeder tief in seinen eigenen Gedanken verloren, als ein grüner Truck auf den Schulparkplatz fährt. Das Auto fährt eine scharfe Rechtskurve, ehe es neben dem behinderten Parkplatz anhält. Seth wirft einen kurzen Seitenblick auf das Auto und erstarrt. Er kennt diesen Truck. Und die Frau, die gerade aussteigt, ist keine Unbekannte. Ihre roten Haare wehen wild durcheinander vom Wind, als sie über den Platz läuft. Er stupst Jordan und Eric mit seinem Ellenbogen an.

"Was will die hier?" Erics Gesicht verzieht sich sofort. Er wagt nicht einmal den Versuch, seine Anwiderung zu verbergen. Er kann es nicht fassen, dass diese Frau hier ist. Auch Seth ist verwundert darüber, sie hier zu sehen. Seit dem Vorfall vor Willy's Diner hat er sie nicht mehr gesehen, doch die erste Begegnung wird ihm auf Ewig in Erinnerung bleiben. Er wird dieses schreckliche rote Kleid und ihre dicken entblößten Schenkel nie ganz vergessen können, wenn sie in der Nähe ist. Jordans Lachen schallt über den ganzen Parkplatz und dann beginnen auch Seth und Eric zu lachen. Diese Frau ist einfach unmöglich.

Das Grinsen von Seths Gesicht verschwindet, als Damian vor Schmerzen laut aufstöhnt und seinen Körper bewegt. Sie haben Stunden gewartet, damit er endlich aufwacht und jetzt hat das Warten ein Ende. Er ist sofort an der Seite seines Bruders und hilft ihm dabei, sich im Jeep vorsichtig aufzurichten. Er will keinen weiteren Schaden.

"Was ist mit ihm?", fragt Jordan. Auch Eric blickt seinen Alpha interessiert an, als dieser immer wieder ein lautes Knurren von sich gibt. Seth will seinem Bruder helfen und dann, als er seine Hand von seinem Rücken nimmt, sieht er das Blut. Er ist wie erstarrt, weiß nicht, was er tun soll, bis Jordan etwas sagt.

"Es sind kleine Silberkugeln. Sie sind in seinem Rücken." Seth kommt zur Besinnung und wischt sich das Blut an seinem schneeweißen Shirt ab.

"Wir müssen sie rausschneiden", sagt Eric. Ihm fällt es schwer seinen Alpha in solch einer Lage zu sehen, aber jemand wird die Kugeln rausschneiden müssen. Er greift nach seinem Jagdmesser in seiner Jackentasche und zieht es heraus. Seth rollt mit den Augen, als Eric auf Damian zugeht. Er lässt seinen Blick noch einmal in der Umgebung umherschweifen. Die seltsame Frau ist längst gegangen, worüber er sehr dankbar ist.

"Ihr werdet ihn festhalten, während ich diese Kugeln aus seinem Fleisch schneide." Jordan nickt sofort, doch Seth ist zögerlich in seiner Antwort. Er will Damian nicht noch mehr Schmerzen zufügen, aber wenn sie es nicht tun, werden die Schmerzen anhalten und er wird nicht zu Kräften kommen. Kräfte, die er dringend braucht, um gegen John eine Chance zu haben. Seth hält sich bedeckt, doch Eric weiß, dass er soeben seine Zustimmung erhalten hat. Er umklammert den Messergriff so fest es geht und nähert sich Damian. Seth legt eine Hand auf Damians Mund, um dessen grauenvolle Schreie zu unterdrücken, nachdem sie ihn zusammen auf den Bauch gedreht haben und ihm sein Shirt ausgezogen. Nur noch wenige Sekunden, und es ist so weit. Seth hält seinen Atem, als die kalte Messerspitze in Damians Fleisch eindringt.

Währenddessen schleicht James durch die Gänge der Schule. Das tut er schon seit einer gefühlten Ewigkeit, aber er hat sich nicht getraut, zurück zum Unterricht zu gehen. Dass er an seinem ersten Tag an der neuen Schule mehrere Stunden gefehlt hat, ist für ihn belanglos. Einzig Lily ist wichtig. Er hat sie alleine gelassen und hofft, dass es ihr gut geht.

"Dachte ich mir schon, dass du es bist."

"Was willst du hier, Barbara?"

"Ich dulde es nicht länger, wie du mit mir redest. Hast du keine Manieren?"

"Fein, was ist passiert?"

"Der Schulleiter hat mich angerufen. Du bist nicht im Unterricht gewesen. Anscheinend hat man sich Sorgen um dich gemacht." James hütet seine Zunge, damit ihm nicht herausrutscht, dass sie sich unmöglich Sorgen um ihn gemacht hat.

"Das spielt jetzt auch keine Rolle mehr. Ich werde das klären. Du wirst jetzt zum Wagen gehen und dort auf mich warten." James antwortet mit einem Nicken. Es ist ihm egal, wo sie geparkt hat, hauptsache er kann diesen Ort für heute verlassen. Er ist alles andere als schüchtern oder auf den Kopf gefallen, aber das beinahe Zusammentreffen mit seinem Großvater hat ihn vollkommen durcheinander gebracht. Er will Fragen stellen, um Antworten zu erhalten, aber Barbara scheint nicht die richtige Person dafür zu sein und er vertraut diesem Grant Hamilton zu wenig, um ihm zu vertrauen, obwohl er diesem Mann jetzt schon mehr Achtung entgegenbringt als seiner Tante. Er wird darüber nachdenken und darauf warten, dass Grant ihn wieder besucht. Die Beharrlichkeit in seinen Augen hat alles gesagt, er weiß, dass er wieder auftauchen wird, und das nächste Mal wird er vorbereitet sein.

Barbara schnippt mit ihren langen Fingern vor seinem Gesicht. Sie kann es ganz und gar nicht leiden, wenn jemand ihr keine Beachtung schenkt, aber sie ist zu schwach und müde von all den Strapazen. Als sie die Hallen betreten hat, ist sie unsagbar wütend gewesen, aber dieses Gefühl hat sich in Luft aufgelöst, nachdem sie James tatsächlich gefunden hat. Sie weiß nicht, was er getrieben hat, aber sie wird es herauskriegen.

"Geh zum Auto auf dem Parkplatz, hast du mich verstanden?" James schwingt seine Tasche über seine Schulter. Er nickt ein paar Mal. Der Enthusiasmus ihres Neffens löst sofort wieder Anspannung in ihrem Rücken aus.

"Gut. Worauf wartest du dann noch? Verschwinde!" Sie scheucht ihn mit einer Hand so weit es geht weg von ihrer Gestalt. Sie will ihn jetzt nicht sehen. James bewegt sich zuerst rückwärts weg von Barbara, als diese mit ihrer Hand nach ihm ausschlägt. Dann dreht er sich um und beginnt zu rennen. Er ahnt, wie genau sie die Dinge regeln wird. Sie wird ihre weiblichen Reize nutzen, damit sie das erhält, was sie möchte. Der Gedanke an Barbara zusammen mit dem Schulleiter lässt ihn erschaudern. Er kennt ihn noch nicht, aber er hofft, dass der Mann starke Nerven hat. Er schlägt die Tür mit einer Hand auf und begibt sich nach draußen. Immer wieder denkt er an seinen Großvater und an die flehenden Worte von Grant Hamilton. Es ist vielleicht nicht die klügste Idee, aber er wird beim nächsten Zusammentreffen zuhören und, wenn er eine Entscheidung getroffen hat, wird er helfen. 

Beastly (Alphas Gefährtin) - Dark Alpha Teil 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt