Chapter 11 - Harry

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Es war ein langer Tag, für uns beide.
Auch wenn wir die meiste Zeit davon nur zu zweit im Bett verbracht und den Tag verschlafen haben, fühle ich mich ausgeglichener und zufriedener als jemals zuvor. Es tut gut ihn bei mir zu haben, weil er mich von meiner eigentlichen Arbeit abhält. Ich bin hier um an weiteren Song Ideen zu arbeiten, aber wer könnte dafür eine bessere Inspirationsquelle sein als Louis selbst? Ich habe ein mulmiges Gefühl dabei wieder an die Arbeit zu gehen. Es wird mein erstes Album als Solosänger sein und ich möchte nichts falsch machen. Ich habe in den letzten Jahren reichlich Erfahrung sammeln dürfen, aber ohne die Jungs ins Studio zu gehen, scheint mir merkwürdig. Als würde ich das nicht alleine schaffen. Dieser immense Druck, der auf mir liegt bringt mich manchmal an meine Grenzen.

Dennoch möchte ich uns noch ein bisschen Zeit geben. Wir haben uns gerade erst wiedergefunden. Manchmal frage ich mich, ob es ihm vielleicht doch zu schnell geht? Er wäre vorhin fast umgekippt, ich musste ihn halten, sonst wäre er vermutlich auf dem rutschigen Boden in der Dusche ausgerutscht.
Die Ärzte haben gesagt, er müsse sich ausruhen, einen Haufen Tabletten schlucken.
Wir haben das Gegenteil davon getan.
Wir folgen keinen Regeln, fühlen uns wie Gesetzlose, nur weil wir etwas verbotenes tun.

Ich wünschte es wäre anders, wünschte ich könnte Louis heute Abend zum Essen ausführen, stattdessen gibt es eine verblichene Lieferservice Karte und wir bestellen uns Pizza.
,,Ich liebe Pizza!", hat er gesagt und mich angelächelt. Zu dumm nur, dass ich eine andere Vorstellung von einem romantischen Abend hatte. Aber es geht nicht anders. Wenn uns jemand zusammen in der Öffentlichkeit sehen würde, dann müsste ich mir gar nicht den Stress mit meinem ersten Album machen. Dann gäbe es nämlich kein Album mehr.

,,Du bist ja langsam.", nuschelt Louis mit vollem Mund und stopft sich direkt das nächste Stück seiner Salamipizza in den Mund. Wir sitzen auf dem Teppich vor meinem Sofa, die bloßen Pizzakartons vor unseren Füßen. Meine Beine sind im Schneidersitz verankert, anders als Louis, welcher sich auf den Bauch gelegt hat und seit knapp zehn Minuten Pizza in sich reinschaufelt. Kein Wunder, immerhin haben wir heute kaum etwas gegessen.

,,Soll das hier ein Wettessen werden?", frage ich ihn mit hochgezogenen Augenbraunen, das dritte Stück meiner Pizza in der Hand. Seine hingegen besteht nur noch aus zwei mickrigen Überbleibseln. ,,Das nehme ich als Herausforderung!", ruft er aus und wedelt mit dem Vorletzten Stück in seiner Hand herum. ,,Was?! Lou das ist total unfair, ich habe noch doppelt so viele Stücke in meinem Karton!", doch bevor ich weiter Protestieren kann verschlingt er das erste Stück in einem Satz, kaut kurz darauf herum, bis er kräftigt schluckt und einen Hustenanfall bekommt.

,,Selbst schuld!" Mein lachen halt durch den Raum, welcher das erste mal seit langem wieder mit Leben gefüllt wird.
,,Ich werde nicht aufgeben!", keucht er mit tränenden Augen und greift nach dem letzten Stück, was vor ihm liegt.

Panisch blicke ich auf meine halbe Pizza und beginne ebenfalls mir die Stücke einzeln in den Mund zu quetschen. Ich bekomme kaum noch Luft, fühle mich wie ein verdammter Hamster, dabei war das seine verrückte Idee.
Louis hat jedoch auch Schwierigkeiten das letzte Teil zu verdrücken, immerhin sollte sein Magen bereits voll genug sein. Und der erneute Husten verlangsamt sein Kauen deutlich.
Dennoch brauche ich nicht lange um festzustellen, dass ich nie eine Chance gegen ihn haben werde. Ich habe noch immer reichlich vor mir, auch wenn er sich ziemlich schwer tut.
Also ändere ich meine Strategie und entscheide mich für eine effektivere Herangehensweise.

Ich beuge mich zu ihm vor und versuche ihm den Teigklumpen aus der Hand zu reißen. Mein weißer Teppich unter unseren Füßen gerät dabei in Vergessenheit. ,,Hey!", ruft er mit vollem Mund und versucht es mir wieder abzunehmen. Er krabbelt schnell zurück auf seine Beine und bleibt auf den Knien sitzend vor mir. Ein letztes Mal greift er danach und erwischt es an einer Ecke. Ekelhaft.
Ich ziehe enthusiastisch die Pizza samt Louis zurück, sodass er das Gleichgewicht verliert und nach vorne kippt.

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