Chapter 32 - Heute

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„Keine Scheu, fühl dich ganz wie zu Hause.", Liam drängt sich an mir vorbei, in der einen Hand meine Gitarre, in der anderen meine Reisetasche, welche ich spontan zusammen gepackt habe.
„Sicher.", brumme ich müde und schließe hinter mir die Eingangstür seines Penthauses.
„Nett hier.", sage ich und zwinge mich zu einem Lächeln. Immerhin kann ich von hier aus nicht mehr die Brooklyn Bridge sehen, geschweige denn das demolierte Wohnzimmer.
„Oder?", kommt es freudig von Liam. Er ist in den Wohnbereich verschwunden, also folge ich ihm. Er will mich auf andere Gedanken bringen, dass schätze ich sehr an ihm.
Er wollte immer das beste für mich, jedenfalls nehme ich das an.

„Ich hoffe dir reicht die Couch, Cheryl renoviert gerade unser Gästezimmer.", er deutet auf das Sofa, welches an der Wand steht. Ich nicke. „Klar."
Seine Wohnung ist etwas größer als meine, der Flur ist wesentlich breiter und die Fenster sind höher gezogen. Seine Küche ist größer, aber ebenso mit dem Wohnbereich verbunden. Er hat einen großen hölzernen Esstisch, keine Kücheninsel wie ich.
„Wo ist Cheryl eigentlich?", frage ich ihn und lasse meinen kleinen Trolli neben dem Sofa stehen.
„Unterwegs.", Liam geht sich durch die Haare, dann setzt er sich auf das Sofa und klopft auffordernd neben sich.
„Harry, ich will das du weißt, dass du mit mir darüber reden kannst. Ich bin für dich da und du musst dich nicht dafür schämen"
Vorsichtig setzte ich mich neben ihn.
„Ich weiß, wir haben uns länger nicht mehr gesehen, aber–."
„Weißt du vermutlich mehr über mich als kaum ein anderer.", beende ich seinen Satz.
„Tut mir leid, ich wollte nicht, dass du dich unwohl deswegen fühlst.", sagt er sofort, als er merkt, wie ich mich verkrampfe. Ich dachte das Thema müsste nie wieder Teil meines Lebens sein.

„Tue ich nicht, ist schon okay."
Es schmerzt, wenn er mich daran denken lässt. Dennoch erinnert es mich wieder an die Zeit, wo unsere Freundschaft vermutlich das wichtigste in meinem Leben war.
„Ich bin dir nicht mehr böse Liam.", setze ich hinterher,als er Betretens für seine Zusammengefalteten Hände starrt.
„Solltest du aber."
„Es war meine Entscheidung."
„Ich habe dich erst in diese Lage gebracht."
Ich seufze, weil ich weiß, dass wir so nicht weiter kommen.
Ich sollte jetzt nicht darüber nachdenken, sonder viel mehr über meinen toten Freund.
Über mein kaputtes Leben, über meine Lebensziele, welche von einem Moment auf den anderen alle geplatzt sind. Normalerweise hätte mich das wieder in den Weinerlichen Zustand zurück bringen sollen, stattdessen scheine ich kaum noch Flüssigkeit in meinem Inneren zu besitzen.

Im nächsten Moment legt sich Liams Arm um mich. Es ist ruhig geworden, ich muss wohl in Gedanken weggedrifftet sein.
Mein Handy vibriert, doch als ich die Nummer sehe, drücke ich den Anrufe sofort weg. Ich weiß, dass ich mich früher oder später meinem Manager stellen muss, dass es Konsequenzen geben wird, doch die gibt es für ihn auch.

„Wer war das?", fragt Liam verwundert, vermutlich weil es nicht meine Art ist den Leuten
eine Abfuhr zu erteilen. Immerhin bin ich Harry Styles. Die wenigsten wissen, was das wirklich zu bedeuten hat...
„Mein Manager.", gebe ich trocken zu, mehr will ich dazu nicht sagen.
„Du solltest dich ausruhen, Harry. Schlaf etwas, dann geht es dir bestimmt besser. Du sieht ziemlich erledigt aus man.", er zieht mich in eine kurze Umarmung.
„Wundert dich dass etwa?" Immerhin habe ich vor nichtmal 24 Stunden den Wichtigsten Menschen in meinem Leben verloren.
„Nein natürlich nicht. Ich vermisse ihn auch Harry."
„Aber du vermisst ihn als Freund, ich als die Liebe meines Lebens, als meinen besten Freund, meine Familie, mein Herz! Verdammt Liam, denkst du wirklich wir beide würden die selbe Art von Schmerz fühlen!", ich bin wütend auf ihn und schreie ihn an. Gleichzeitig durchflutet mich eine erneute Welle der Verzweiflung und tiefster Traurigkeit.
„Es tut so verdammt weh! Du hast keine Ahnung davon, also sag mir nicht wie ich auszusehen habe oder was gut für mich ist! Du weißt gar nichts über mich und Louis! Du hast dich nie wieder um mich gekümmert danach! Weißt du was das für ein Gefühl ist!", ich schrei noch immer. Tränen sammeln sich in meinen Augen, doch lasse ich sie nicht heraus. Ich will einfach nur alleine sein. Aber lässt er mich nicht.
„Harry–."
„Nein, Spar dir das!", ich springe auf und will davon stürmen.
„Das bringt doch nichts! Du kannst nicht einfach abhauen, dass ist nicht fair!", ruft er mir zu, als ich gerade durch die Wohnzimmertür in den Flur stürme. Ich greife meine Jacke und ziehe mir wutentbrannt meine Stiefel an.
„Weißt du was nicht fair ist Liam? Louis dabei zuzusehen, wie er von einer Brücke springt und sich vor deinen Augen das Leben nimmt!", Liam sieht mich geschockt an, diese Information scheint neu für ihn zu sein. „Und es ist verdammt nochmal nicht fair zu wissen, dass er deine letzten Worte nie gehört hat. Das er deine Nachricht, in welcher du ihm deine Liebe gestanden hast nie bekommen wird! Da ist NICHT FAIR!", meine Stimme ist laut, sodass ich das ganze Gebäude zusammen brülle. Ich wollte nicht, dass er es so erfährt, doch tut es erschreckend gut den Frust raus zu lassen. Einfach das herauszuschreien, was die ganze Zeit als Enttäuschung in mir gewütet hat.

„Es tut mir so leid.", ich sehe wie eine Träne in seinen Augen glitzert.
Ich schenke ihm einen letzen verachtenden Blick, dann stürme ich aus der Tür.
„Wo willst du hin?", höre ich Liams Worte durch das Treppenhaus Hallen.
„Feiern!", schreie ich zurück. „Heute ist immerhin mein Geburtstag, wie die vielleicht noch weißt!"
Dann bin ich verschwunden.

***

„Die Getränke gehen auf mich.", verkünde ich feierlich, als ich in einem Raum voller jubelnder Menschen stehe. Ich weiß nicht genau wo ich gelandet bin, muss wohl eine Art Diskothek sein, so richtig kenne ich mich damit nicht aus.
Aber es ist voll, der Schweiß klebt an meinem T–Shirt, genau wie ein anderer 24 Jähriger Mann. Wir tanzen schon seit einer ganzen Weile zusammen und ich muss sagen, dass es seinen Zweck erfüllt. Es lenkt mich ab. Wäre er eine sie, dann würden die Leute vielleicht weniger gucken, dann würde ich das aber definitiv auch.

„Wie heißt du?", brülle ich in sein Ohr, als ich mich vorbeuge um die Musik zu übertönen.
„Was?", schreit er zurück, vermutlich ist es Sinnlos hier eine Unterhaltung anzufangen...
„Ach so!", er lacht und zeigt auf mich. „Ja, du siehst auch heiß aus!"
Na toll. Den hatte ich jetzt an der Backe... scheiß laute Musik.

Unbeholfen grinse ich zurück, während er sich weiter an mich herantastet.
Er weiß wer ich bin. Da bin ich sicher.
Ich hingegen... kenne nicht mal seinen Namen. Und ich fürchte mich davor nochmal zu fragen. Nachher würde er noch absurderes verstehen...

Als er seine Hand in meine Hosentasche schiebt und sich zu meinem Ohr beugt, wird mir bewusst, dass das zu weit geht. Ich will ihn von mir weg schieben, doch stattdessen flüstert er: „Hoffe Louis geht es gut, habe ihn seit letzter Woche hier nicht mehr gesehen."
„Wie bitte?", ich sehe ihn geschockt an. Louis Tod muss mittlerweile in allen Schlagzeilen stehen, da ist es unmöglich, dass der merkwürdige Kerl vor mir keine Ahnung davon hat.
„Hey ganz ruhig. Immerhin hatte ich noch die Gelegenheit mich mit ihm ein wenig anzufreunden, wenn du verstehst. Schließlich war ich für ihn da, nach eurem kleinen Streit.", er zwinkert mir fies zu und in diesem Moment wird es mir klar. Ich kenne ihn, wenn ich ihn auch nie getroffen habe.

Ich lächle schief, drücke ihn mit der Hand an seiner Schulter von mir weg.
„Logan, richtig?"
„Hey, du weißt ja sogar meinen Namen. Hätte nicht gedacht, dass ihn das so sehr beschäftigen würde. Immerhin hatten wir nichtmal Sex."
Mit voller Kraft ziehe ich meinen Arm nach hinten und lasse meine Faust direkt in sein Gesicht krachen.

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