Chapter 13 - Louis

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Es ist verflucht kalt auf den Straßen. Ein kühler Wind pfeift um meine Ohren und erzeugt ein unangenehmes Rauschen in meinen Ohren. Meine Hände habe ich in die Jackentaschen gestopft. Ich wühle in ihnen herum, doch habe ich meine Zigaretten in Harrys Wohnung vergessen. Typisch.
Also steuere ich die nächst beste Bar an, in der Hoffnung dort einen Zigarettenautomaten zu finden. Ich weiß, dass ich aufhören sollte dieses Gift in meine Lungen zu saugen, aber gerade in Stresssituationen fällt es mir unglaublich schwer, davon loszukommen. Ich werde launisch, genervt und unzufrieden. Das bin ich gerade sowieso schon. Unglaublich wütend und frustriert.

***

Mit einem kräftigen Stoß schiebe ich die Tür eines Pubs auf. ,,The best Irish Pub" steht in großer grüner Neonschrift an der Fassade des Gebäudes. Etwas besseres konnte ich so schnell nicht finden und jetzt wo ich drin stehe, merke ich wie warm es hier ist. Überall sitzen Menschen in winzigen Nischen versteckt und genießen die urige Atmosphäre der Bar. Ich mochte Irish Pubs schon immer, nicht nur wegen dem gutem Bier, irgendwie hat es mich immer an Niall erinnert.

Ich blicke rüber zur Theke, an der gerade ein Hocker frei geworden ist. Zielstrebig gehe ich auf ihn zu und werfe mich auf den Stuhl. Meine Jacke ziehe ich gleich darauf aus und lege sie um die Rückenlehne.

,,Was darfs sein?", fragt mich eine tiefe Männerstimme hinter der Bar.
,,Ein Bier bitte.", sage ich schnell, ohne überhaupt einen Blick auf die Getränkekarte geworfen zu haben. Schließlich ist es das Standart Getränk, welches Niall und ich immer bestellt haben. Aber das war damals. Ein völlig anderes Kapitel meines Lebens.
Ich wünschte ich wäre heute mit ihm hier und nicht alleine, ohne eine Ahnung davon zu haben, wo ich heute Nacht schlafen soll.

Keine fünf Minuten später steht das Hopfengetränk vor mir, voll gefüllt bis zum Rand. Ich nehme einen großen Schluck, dann stelle ich es mit einem seufzen auf den Bierdeckel zurück.
Das tat gut. Viel zu gut.

Ich blicke zu den Mann, welcher neben mir sitzt. Er raucht eine Zigarette, vor ihm eine halb gefüllte Schachtel voll von weiteren Stangen.
,,Hey", sage ich freundlich und zeige auf die Packung. ,,Kannst du mir vielleicht eine geben? Habe meine vergessen."
Ohne Anstalten zu machen hält er mir die Schachtel hin. ,,Klar, nimm dir ruhig."
Dankbar fische ich eine Zigarette heraus und stecke sie mir in den Mund. ,,Hast du Feuer?", frage ich ihn peinlich berührt. Ich hoffe, dass er mich nicht erkennt.

Wortlos kramt er in seiner Hosentasche herum und zieht ein rotes heraus.
Ich lehne mich ein Stück vor, sodass er sie mir anzünden kann. Als die Zigarette anfängt zu qualmen setzte ich mich wieder aufrecht hin und starre auf die Theke.
Still rauche ich vor mir hin, beobachte hin und wieder die Leute in dem viel zu überfülltem Pub.
Es ist eine Ewigkeit her, dass ich zuletzt in einer Bar saß. Trotzdem fühlt es sich nicht seltsam an, eher so, als hätte ich es vermisst und jetzt wiedergefunden.

Ich fühle mich nun wohler in meiner eigenen Haut und genieße es, die Leere in meinem Kopf mit etwas anderem füllen zu können.
Und so kommt es, das aus einer Zigarette sechs werden und aus einem Bier, drei weitere. Der Schmerz wird weniger, die Gedanken um Harry scheinen sich zurück zu ziehen.

Irgendwann wird die Musik lauter, die Stimmen schriller und mein Alkoholspiegel höher.
Ich spreche mit niemandem ein Wort, außer mit dem Barmann. Gehe genau zweimal zur Toilette, ansonsten bewege ich mich nicht von meinem Platz.

,,Schicker Knutschfleck.", kommt es von einer Stimme neben mir. Ich drehe mich verwundert um, ziehe den Kragen meines Pullovers weiter über meinen Hals. Sofort zieht sich alles in mir zusammen und erinnert mich schmerzlich an den heutigen Morgen. Fuck.

„Wie bitte?", frage ich den Unbekannten irritiert. ,,Ich wünschte mir würde auch mal jemand so ein Ding auf den Hals drücken. Leider ist mein Freund letzte Woche ohne ein Wort der Erklärung abgehauen.", er tritt näher an mich heran und stützt sich wie selbstverständlich mit den Ellenbogen auf der Bar ab. In der einen Hand hält er eine Flasche Tequila.
„Tut mir leid für dich.", sage ich unverbindlich. Ich habe eigentlich kein Bedarf daran, eine Unterhaltung mit einem Fremden zu führen. Aber als er sich nicht von der Stelle rührt, ist es mir unangenehm.

,,Ich schätze mir geht es ähnlich.", sage ich unüberlegt, denn scheiße, eigentlich sollte ich aufhören so ein wirres Zeug zu reden, gerade wenn ich getrunken habe.

,,Das wird schon. Frauen sind kompliziert. Deshalb halte ich mich von denen lieber fern, wenn du verstehst!", er legt einen Arm um meine Schulter und zwinkert mir zu. Der Kerl scheint keine Scheu davor zu haben, neue Bekanntschaften zu machen.
,,Tja, dass ist ja mein Problem. Männer können auch ganz schön kompliziert sein.", ich deute auf den blauen Fleck an meiner Halsbeuge. Fuck, ich sollte wirklich lernen die Klappe zu halten.

,,Oh wow. Hätte nicht gedacht, dass du auch schwul bist.", er sieht mich belustigt an und klopft mir abermals auf den Rücken, als würde das irgendetwas bezwecken.
,,Wollen wir uns die hier teilen? Du wirkst so, als bräuchtest du es mehr als ich. Außerdem kann man die unmöglich alleine leer trinken!", er deutet auf die Tequilaflasche vor uns. Als ich mit zusammengepressten Lippen langsam nicke, greift er den Flachenhals und zieht sie über die Bar. Dann setzt er sich neben mich und schenkt mir etwas davon ein.
,,Hast du schonmal Tequila getrunken?", fragt er mich belustigt.
,,Nicht pur."
,,Na dann Herzchen, ist heute dein Glückstag."

Mein Glas füllt sich bis zur obersten Kante, dann lege ich den schweren Kopf in den Nacken und vernichte das teuflische Zeug mit einem Zug.
Ein brennen flammt in meiner Kehle auf und ich muss husten.
,,Leg die Zunge nach vorne, dann brennt es weniger.", der Unbekannte macht es mir vor.
Dann schenkt er uns beiden nach. Immer und immer wieder, bis wir es tatsächlich vollbracht haben, auch den letzten Tropfen hinunter zu würgen. Die Frage, wo ich heute Nacht landen werde, hat sich so eben erübrigt. Jedenfalls, wenn mich dieser Type noch länger so heiß anstarrt.

Nach einer Weile weiß ich seinen Namen - Logan. Ich erfahre etwas mehr über seinen derzeitigen Aufenthalt in New York und lerne indirekt seine Vergangenheit kennen.
Unsere Stimmen sind schon lange durcheinander, mein Mund fühlt sich locker und unkontrollierbar an. Ich weiß nicht genau, was ich ihm alles erzähle. Nur meinen Namen behalte ich für mich - nur für alle Fälle.
Logan hinterfragt es nicht weiter, macht nur Witze darüber, ich könnte ein Serienmörder sein und ihn verschleppen. Das ich das sogar insgeheim vor habe, verschweige ich ihm vorerst...

,,Mir ist ziemlich heiß hier drin!", grölt er mir zu, sein Gesicht ist knall rot. ,,Sollen wir kurz raus gehen und frische Luft schnappen?", frage ich ihn aus Solidarität und er nickt übermütig. Als ich vom Hocker herunterrutsche, meine Jacke greife und meine Füße den Boden erreiche, bin ich noch meilenweit davon entfernt. Mein Kopf kann keine klaren Bilder meiner Umgebung verarbeiten. Da sind überall Menschen, welche zur lauten Musik tanzen. Es ist tierisch voll und eine unglaubliche Geräuschkulisse, welche den Raum einnimmt.
Meine Sinne sind derart eingeschränkt, dass ich Logans Arm greifen muss, um laufen zu können.
,,Geht's?", will er wissen und ich erinnere mich, dass ich schon ordentlich vorgeglüht hatte, bevor er kam. ,,Jipp.", sage ich knapp, dann rutsche ich kurz mit dem Fuß aus und taumel nach vorne. Mir ist wahnsinnig schwindelig, ich kann kaum klar denken, während mein Puls auf hundert achtzig ist. Mein Körper fühlt sich aufgepuscht an, als hätte ich keine Ahnung davon, was das Wort schlaf überhaupt bedeutet. Und als mich Logans Hände nach oben ziehen und ich in sein grinsende Gesicht blicke, wird mir schlagartig klar, was hier läuft.
Ich bin auf Drogen.

Ich habe keine Idee davon, was er mir in den Drink gemischt haben muss, aber das kann unmöglich vom Alkohol kommen. Ich bin kein Alkoholiker, aber gehöre der festen Überzeugung an, dass ich mehr trinken kann, ohne derart aufgeputscht und verwirrt zu sein.
,,Logan.", lalle ich leise, während er mich weiter durch die Menge befördert. Wie ich letztendlich durch die Tür nach draußen gelange, weiß ich nicht. Die letzten Stunden meines Lebens sind verschwommen, genau wie meine Wahrnehmungen. Heißt er überhaupt wirklich Logan?

,,Setz dich erstmal.", befiehlt er mir und ich lande rückwärts mit dem Hintern auf einer Bank. Sie ist kalt und bohrt sich stechend in meine Beine. Die frische Luft scheint Logan gut zu tun, mein Zustand hingegen verschlechtert sich drastisch. Ich spüre den zusätzlichem Alkohol in meinem Blut, merke wie ich mich kaum noch aufrecht halten kann. Mein Kopf ist wieder leer, genau wie am Anfang meines Bar Besuchs.
Und während ich versuche die Orientierung wieder zu erlangen, kniet Logan sich vor mich und drückt seine Lippen aggressiv auf meine.

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