Stürmisches Abu Dhabi 4

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"Du solltest mir diese Frage lieber Morgen noch einmal beantworten. Nicht das du es noch bereust", murmelt er in meinen Haaransatz. "Was soll das denn jetzt?", würde ich ihn liebend gerne fragen, beiße mir jedoch auf die Zunge. Als simple Antwort auf diese hirnlose Aussage, stoße ich ihn von mir weg, meine Hände lagen ja noch immer an seiner Brust. "Das heißt aber nicht, dass ich mir alles gefallen lasse", ein raues Lachen erklingt, erneut reagiert mein Körper darauf. "Ich wünsche dir noch eine angenehme Nacht", mit diesen Worten entfernt er sich aus meinem Hotelzimmer.

"Was hast du nur schon wieder angestellt?", stichelt meine Gehirnzelle. Mit den Nerven am Ende, lasse ich mich an der Wand hinter mir auf den Boden sinken. Durch den rauen Putz rutscht mein Shirt noch einmal weiter nach oben, doch nicht einmal die Kälte interessiert mich in diesem Moment. Hätte ich ihn halten sollen? Oder war es das Richtige? Entkräftet vergrabe ich mein Gesicht in den Armen, welche wiederum auf den Knien ruhen. Es stört mich nicht einmal, dass es unbequem ist. Es stört mich, welch eine Kälte mich umgibt, seitdem er die Türe hinter sich verschlossen hat. Eine Kälte, die selbst mit drei Decken nicht verschwinden wird und nicht einmal die Sonnenstrahlen Abu Dhabis würden dagegen ankommen.

Stumm laufen mir vereinzelte Tränen über die Wangen. Kein Schluchzen entkommt meiner Seele, dafür sitzt der Schock zu tief. In den Vergangenen Minuten habe ich ihm verdeutlicht, was für eine Macht er gegen mich in der Hand hat. Noch schlimmer ist es, dass er diese gnadenlos gegen mich verwendet hat. Es fühlt sich dreckig an. Hintergangen. Ein Beben entlockt mir nun doch ein Schluchzen. Es beginnt mit einer zitternden Unterlippe, geht über in die Hände, bis es meinen ganzen Körper einnimmt. Diese Wahrnehmung wie dreckig ich bin, könnte nicht einmal eine feuerheiße Dusche von mir waschen, oder viel eher brennen.

Auch den Rest der Nacht habe ich auf dem Boden verbracht, wenn auch unfreiwillig. Irgendwann bin ich einfach eingeschlafen, was auch deutlich an meinen Schmerzen zu spüren ist. Müde blinzle ich gegen das einfallende Sonnenlicht. Das war mit Abstand eine der schlimmsten Nächte, die ich jemals durchlebt habe. Seicht erinnere ich mich, wie ich gestern immer wieder daran gescheitert bin, aufzustehen. Fertig von all dem Missbrauch, den Lando mir mit dem gestrigen Abend angetan hat. Bei dem Gedanken daran überkommt mich erneut ein Zittern, ein Beben. Warum tut man so etwas einem Menschen an?

Mit dem Wissen, dass ich nicht den ganzen Tag liegen bleiben kann, raffe ich mich auf. Schmerzen aus allen Regionen des Körpers zwingen mich beinahe wieder zurück auf den Boden. Entschlossen beiße ich die Zähne zusammen, auch wenn mir die Tränen die Sicht erschweren. Aus Prinzip kann ich nicht zulassen, dass Lando so mit mir umgeht, niemals. Er hat mich nicht einmal verdient, wenn wir die letzten beiden Menschen auf dem Planeten sind. Dieser Gedanke lässt mich unter Schmerz lächeln und ich schleppe mich ins Badezimmer.

Der Blick in den Spiegel verrät so Einiges. Tiefe, dunkle Augenringe zieren neben deutlich roten Augen mein Gesicht. Der Körper in Schmerzhaltung ist auch nicht unauffällig. So kann ich unter keinen Umständen diesen Raum verlassen. Nicht, wenn ich nicht gefragt werden möchte, was passiert ist. Eine Dusche ist das Einzige, was mich jetzt noch retten kann, neben einer Tonne an Concealer. Heute kann ich unter keinen Umständen auf ein Make-Up verzichten, so viel ist klar. Bevor ich mir eine ausgiebige Dusche gönne, suche ich mir aber aufgrund meines so überdurchschnittlichen IQs vorher die Klamotten raus. "Deshalb hat dich Lando auch so einfach verarschen können, ist klar", stichelt meine Gehirnzelle. Verdammt. Das tut weh.

Laut dem Thermometer, welches die Temperatur des Wassers bestimmt, sollte ich nach beinahe zwanzig Minuten unter dem Wasserstrahl gegart sein wie eine Henne im Backrohr. Angefühlt hat es sich jedoch wie eine oberflächliche Wärme, die aber keine Chance hat, die Kälte in meinem Inneren auszugleichen. In ein Badetuch eingewickelt putze ich mir die Zähne und trage ein dezentes Make-Up auf, wen das überhaupt möglich ist, so viel wie ich abdecken muss. Für den heutigen Tag entscheide ich mich für etwas Unauffälliges, es müssen nicht alle Medien auf mich aufmerksam werden. Am besten leihe ich mir von Georges Team eine Garnitur Klamotten, dann denkt jeder, ich bin eine Unterklassige Angestellte bei Mercedes.

Bevor es für mich zum Frühstück geht, schmeiße ich mir eine Tablette gegen die Schmerzen ein, die ich zufälligerweise Mal eingepackt habe. Zwar geht es meinem Rücken ein wenig besser, aber die Tage können noch der Horror werden. Trotzdem werde ich versuchen mir nichts anmerken zu lassen, dass ist das aller letzte was ich will. Schließlich geht es die anderen nichts an und am Ende landet es in irgendeiner Klatsch-Zeitschrift. Dazu sage ich schon im Voraus danke, aber nein danke.

Unten im Speisesaal ist schon einiges los, weshalb ich mich auf die Suche nach meiner Selbsthilfegruppe mache. Diese kann ich ganz hinten in der Ecke entdecken, wo ich direkt hinsteuere. "Freya! Mit dir habe ich nicht gerechnet!", brüllt Daniel von weitem. Das mit dem Unauffällig bleiben kann ich von meiner List gleich streichen, mit denen funktioniert das unter keinen Umständen. "Ich bin ja auch keine Zahl oder Variable", gebe ich frech zurück, worauf alle am Tisch bloß den Kopf schütteln. "Setz dich Mal her und ich stell dir Sandra vor", ehe ich mich versehe, zieht er den Stuhl neben sich nach hinten, so, dass ich mich hinsetzen kann.

"Sandra, das ist Freya. Freya, du kannst dir denken wer das ist, meine Mutter", scherzt Daniel. Die Brünette neben ihm, schlägt ihm gegen den Oberarm. "Manchmal fühle ich mich wirklich so, wenn ich dir alles hinterhertragen muss", beschwert diese sich lautstark, worauf ihr Freund aber bloß lacht und sagt "Ich liebe deine Art mir zu sagen, wie fantastisch ich bin". Man sieht ihnen die Liebe förmlich an, Blicke können mehr sagen als tausend Worte. Gerade will ich etwas darauf erwidern, damit das Gespräch nicht aufhört, da durchkreuzt ein Gedanke meinen Plan. "Der sieht aus, als hätte er gut geschlafen". 

Zu viel und doch zu wenig |F1-FF| |Lando Norris|Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt