Zu viel und doch zu wenig |F1-FF| |Lando Norris|

Stürmisches Abu Dhabi 9

Gemeinsam mit Sandra sitze ich vor dem Bildschirm und verfolge das Qualifying mit ihr. Es ist verrückt, wie schnell die letzten zwei Tage vergangen sind, dass ich mich schon wieder hier befinde. Dieses Mal in der Garage von Aston Martin, dem Team, für welches ihr Freund fährt. Die Motoren hört man selbst hier drinnen, doch es beschert mir eine unglaubliche Gänsehaut, warum habe ich nicht früher angefangen mich dafür zu interessieren? "Schau mal, Q1 ist gleich vorbei", meint sie aufgeregt, rüttelt mich an der Schulter, wodurch ich wieder in die Realität zurückgeholt werde.

Lando hat derzeit die beste Rundenzeit, George war aber auch nicht langsam unterwegs. Dafür sind aber Schumacher, Hülkenberg, Tsunoda, Aitken sowie Valtteri draußen. Der Finne ist der einzige, von dem ich mit bisher den Vornamen gemerkt habe, aber auch Sandra meinte, dass das bei ihr gedauert hat. Man muss aber erwähnen, dass die Zeiten alle knapp beieinander waren, wer keine zweite Runde anfangen konnte, wegen dem Verkehr, hat selbst in einem Mittelfeld Wagen die Arschkarte gezogen. "Wer glaubst du, wird die Pole holen?", will Sandra an mich gewandt wissen.

"Vielleicht Leclerc, der im Ferrari? Er ist flott unterwegs, selbst Mercedes hat Probleme da mitzuhalten", meine ich mit Blick auf die derzeitige Rangordnung. "Arthur wird es wohl kaum sein", murmelt sie mehr zu sich selbst, worauf ich ihr einen verwirrten Blick zuwerfe. "Charles ist der im Ferrari, Arthur sein kleiner Bruder im Haas. Aber es war logisch, dass du Charles meines, in einem Haas ist es unmöglich irgendetwas zu holen. Die hatten nicht einmal Punkte dieses Jahr, nicht einmal Robert Kubica konnte etwas Besseres erreichen und der ist eine Weile in der Formel 1 gefahren", Sandra redet auf mich ein, aber eine Frage stellt sich mir nun doch. "Ich dachte, die haben nur zwei Fahrer und keine Drei", verwundert runzle ich meine Stirn.

"Entschuldigung, ich habe vergessen, dass du dich nicht auskennst. Mick ist einmal ausgefallen und da brauchten sie einen Ersatzmann, dass ist bei ihnen Kubica. Jedes Team hat einen dritten Fahrer, der im Falle des Falles einspringt", erklärt sie mir sofort. "Darauf hätte ich auch kommen können, das ergibt Sinn", kopfschüttelnd sehe ich sie an, trage aber dennoch ein Lächeln auf den Lippen. Es ist schön jemanden zu haben, der einem alles erklärt, auch wenn bei McLaren schon gute Arbeit geleistet wurde, kann ich nie und nimmer alles wissen, das ist unmöglich.

In Q2 fahren erneut viele mit identischen Zeiten, das könnte morgen ein enges Rennen werden, wie ich denke. Doch es stellt sich bereits nach wenigen Minuten heraus, wer hier am schwächsten wegkommt. Lewis Hamilton verteidigt seine Rundenzeit gegen George sowie Max Verstappen. Immer wieder schiele ich zu Landos Anzeige, die auf dem 7. Platz ruht. "Wenn er Pech hat, fliegt er noch raus", ist mein Gedanke dazu, doch sobald ich diesen beendet habe, wechselt die Kamera zu seinem Boliden. Unten in der Grafik eingezeichnet: Schnellster erster sowie zweiter Sektor. "McLaren ist stark unterwegs. Carlos hat gerade den dritten Platz eingenommen", Sandra macht mich auf den anderen Papaya-Piloten aufmerksam.

Leider steht Daniel unter der roten Linie und wird somit morgen vom 12. Platz aus starten. Giovinazzi hat seinen Ferrari bloß auf den 11. Platz getragen, was für dieses Team als Schande gilt. „er ist ein griff ins Klo gewesen", hatte Sandra dieses Wochenende einmal gesagt, womit sie Recht behielt, seine Leistungen sind nicht sonderlich erfreulich. Auch Perez sowie Arthur Leclerc starten hinter den Punkterängen, wobei man erwähnen muss, dass es einer der Haas aus dem Q1 ausgebrochen ist, wo sie seit Beginn der Session feststecken.

Die letzten Minuten das Qualifyings stehen an, es geht um die umstrittene Pole. Zehn Fahrer sind noch auf der Strecke verteilt, die sich daran machen, die beste Zeit einzufahren. Gerade will ich zu Sandra sehen, aber diese hat sich aus dem Staub gemacht. „Vermutlich ist sie gerade bei Daniel", denke ich mir und verfolge das Geschehen weiter, so gut wie es eben möglich ist. Vor allem die ersten fünf sind die, die mich eigentlich interessieren. Hier ein erster schnellster Sektor, dort eine neue beste Runde. Aus unerklärlichen Gründen kommt Carlos nicht in die Gänge, er gurkt irgendwo hinter seinem Teamkollegen hinterher.

Die letzten Zeiten werden gesetzt, Lando startet voraussichtlich vom ersten Platz und Carlos vom 6. Gerade will ich mich abwenden, um Sandra zu suchen, da scheint Georges Rundenzeit purple auf und seine Grafik schiebt sich über die von Lando. Zwar freue ich mich für ihn, aber irgendwie hätte sie sein Rivale auch verdient, wie ich finde. "Würdest du nicht so auf Lando stehen, würdest du an ihn nicht einmal einen Gedanken verschwenden", mault meine Gehirnzelle, in den letzten Tagen hatte sie verhältnismäßig oft Recht. Verdammt.

"Morgen nach dem Rennen werden wir uns so die Birne wegsaufen!", mit diesen Worten kommt Sandra auf mich zu, nachdem ich sie im Paddock ausfindig gemacht habe. "Ob ich ein Alkohol-Problem habe? Nö, bestimmt nicht", redet sie weiter. "Hast du einen Sitzen oder was ist los?", will ich überfordert von ihr wissen. "Nein, ich bin einfach nur glücklich", darauf folgt ein Kichern, welches ich bloß mit hochgezogener Augenbraue quittiere. "Dann werde ich morgen wohl nüchtern bleiben", meine ich locker, worauf sie mich geschockt ansieht. "Warum denn das?", fragt sie entsetzt als würde ich ihr gerade erzählen, ich mag keine Pizza. "Weil sie in Mexiko ziemlich einen kleben hatte", mischt sich George ein, der plötzlich vor uns auftaucht.

"Ja und erst einmal hey", meine ich verdattert. "Stimmt etwas nicht?", will er verwirrt wissen, was ich mit einem "Ich dachte ich sehe dich frühestens beim Abendessen wieder", quittiere. "Nein nein, ich bin schon durch. Zum Glück", antwortet er daraufhin lässig. "Glückwunsch zur Pole übrigens", meldet sich nun auch Sandra zu Wort, die mir aber kurz darauf einen sehr diskreten Blick zuwirft. Diesem folge ich dann und bleibe bei Lando hängen, seine Miene ist undeutbar, aber etwas in mir zieht sich bei dem Anblick zusammen. "Von mir auch, du bist toll gefahren", sage ich noch zu George, bevor ich mit meinen Gedanken komplett weg bin.