Ohne Zweideutigkeit

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Nachdem Matteo es Jonas endlich gesagt hatte, blieb Jonas die drauffolgende Nacht bei ihm. Er wollte seinen besten Freund jetzt nicht einfach alleine lassen. Er hatte schließlich nicht die geringste Vorstellung davon, wie lange Matteo dieses riesige Geheimnis mit sich herumschleppte.





Matteo konnte nicht schlafen. Müde starrte er hoch zur Decke. Alles war schwarz. Man konnte höchstens schwarze Schatten sehen; wenn er seinen Kopf drehte, konnte er nur schwaches Licht von seinem kleinen Balkon aus sehen. Er drehte seinen Kopf auf die andere Seite; Jonas schlief wohl noch tief und fest. Jedenfalls wirkte es so. So leise er konnte, erhob er sich vom Bett. Er griff nach seinem Pullover, zog sich ihn über und öffnete ganz leise die Balkontür.

Es war kalt. Aber das störte Matteo gerade nicht wirklich. Stumm sah er hoch zum Nachthimmel und fuhr sich durch seine wild gelegten blonden Haare. Er pustete einmal, sodass sich eine kleine Atemwolke bildete.
Alles war still. Zwischendurch hörte man einige Autos oder Flugzeuge, aber das war's auch schon.

Matteo fing an, an David zu denken. Er vermisste ihn. Er schloss die Augen und seufzte deprimiert auf. Er sehnte sich nach David. Und es war viel intensiver, als es vor paar Monaten bei Jonas war. Matteo hatte teilweise einfach vor Frust geheult, weil er gewusst hat, dass Jonas nicht erreichbar war. Ein Mensch, nach dem man sich sehnte, war für einen nicht erreichbar. Und es hatte wehgetan. Es hatte wirklich wehgetan. Aber bei David war es schlimmer. Matteo hatte das Gefühl an diesem Liebeskummer zu ersticken, weil er ihn so schrecklich vermisste und einfach nicht verstand, warum David ihn zurückgewiesen hatte. Er wollte doch einfach nur, dass David ihn genau so sehr mochte, so wie er ihn mochte. Matteo sehnte sich nach diesem Gefühl geliebt zu werden. Und dass David ihn weggestoßen hatte, war einfach nur schmerzhaft. Es war definitiv nicht mit den Gefühlen zu vergleichen, die Matteo bei Jonas gehabt hatte.

»Kannst du nicht schlafen?«

Matteo zuckte zusammen, als er Jonas' Stimme wahrnehmen konnte. Sein bester Freund trat mit langsamen Schritten neben ihn und sah ihn fragend an. Matteo schluckte schwer und schüttelte den Kopf. »Irgendwie nicht. Ich muss grad mal ein wenig nachdenken.«

Jonas nickte verstehend. Dann sahen die zwei Freunde hoch zum Nachthimmel.


»Wie lange weißt du's schon?«, hakte Jonas nach einer Weile nach. Er zögerte ein bisschen mit der Frage, weil er nicht wusste, ob Matteo schon bereit war darüber zu sprechen. Er wollte ihn zu nichts drängen.

»Keine Ahnung«, gab Matteo zu. »Lange genug, denke ich. Irgendwann hab ich's einfach gemerkt.«, erwiderte er simpel und zuckte mit den Schultern.

»Woran- woran hast du es bemerkt?«, fragte Jonas vorsichtig. Er kratzte sich am Hinterkopf und sah den Blonden abwartend an. Matteo biss sich ängstlich auf die Lippen und starrte auf die Straßen.

»Ich ..-«, stammelte Matteo, dann seufzte er und raufte sich frustriert die Haare. Er blickte Jonas unsicher an. »Wenn ich's dir sage-«

Jonas verspürte ein komisches Gefühl im Magen. »Hast du Angst es mir zu sagen? Vertraust du mir nicht?«

»Nein, das ist es nicht«, widersprach Matteo sofort ohne zu zögern. Er sah Jonas nervös an.
»Es wird anders werden. Zwischen dir und mir, meine ich.«

Jonas legte irritiert seinen Kopf schief. Er begriff es offensichtlich noch nicht ganz. »Was genau meinst du?«

»Überleg doch mal.«, murmelte Matteo ängstlich; er klang verletzlich. Er schluckte nervös. »Du weißt, was ich meine.«

»Es wird anders werden. Zwischen dir und mir, meine ich.« Dann machte es in Jonas Klick.

Oh.

»Oh.« Jonas fing an zu begreifen. »Du warst in-« »Bitte«, bat Matteo ängstlich, »bitte sag's nicht. Nicht mal ich kann es aussprechen.« Er kniff nervös die Augen zusammen und raufte sich frustriert die Haare. Er senkte seinen Kopf. Ihm war total warm.

Jonas starrte seinen besten Freund überrascht und mitfühlend an.

»Ich hatte echt keine Ahnung, was ich tun soll ..«, erklärte Matteo ängstlich. »Ich hab versucht es zu ignorieren. Die ganze Zeit. Aber- aber ich kann's einfach nicht mehr. Ich will das nicht mehr. Ich hab ernsthaft versucht einen Funken Gefühle für Sara zu kriegen, aber ich kann das nicht. Und ich werde es nie können. Aber sie ist nicht Schuld daran. Ich hab es mir nicht ausgesucht schwul zu sein. Das bin einfach ich.« »Wieso hast du nicht mit mir geredet?«, fragte Jonas nervös. »Was hätte ich denn sagen sollen?«, fragte Matteo und zuckte mit den Schultern. »Ich hatte keinen Plan, wie ich dir das erklären sollte .. Weil ich so verdammt viel Schiss hatte dich zu verlieren, wenn ich es dir gesagt hätte.«
Der Blonde kniff die Augen zusammen. Sein ganzer Körper zitterte. Er musste sich wirklich zusammenreißen, um nicht durchzudrehen. Er senkte seinen Kopf. »Aber das schlimmste ist, dass ich da jemanden wirklich mag. Ich mag ihn wirklich sehr und er hat mich zurückgewiesen. Und es fühlt sich richtig scheiße an. Ich hab das Gefühl, dass ich's überhaupt nicht verdiene geliebt zu werden.«

Das konnte Jonas nicht so stehen lassen. »Matteo, jetzt hör mir mal zu, okay?«

Missmutig hob Matteo seinen Kopf.

»Darf ich dich umarmen? Ohne Zweideutigkeit.« Jonas lächelte mild.

Matteo lachte leise auf. Es war ausnahmsweise ein ehrliches Lachen. Und es war schon länger her, dass er wirklich so richtig lachen konnte. Er nickte langsam. »Jap. Ohne Zweideutigkeit.«

Und alles, was Jonas tat, war seinen besten Freund in den Arm zu nehmen. Und Matteo hatte es gebraucht. Er hatte es wirklich dringend gebraucht. Und es fühlte sich befreiend an.

»Du bist mir auch wichtig, du Idiot.«, antwortete Jonas ruhig. »Es wird sich nichts zwischen uns ändern, versprochen. Und du verdienst jemanden, der dich liebt.«

Matteos Emotionen spielten in letzter Zeit eh schon total verrückt, jetzt fing er an leicht zu heulen. »Es tut mir so Leid, Jonas ..«, krächzte er unter Tränen. »Ich hatte einfach keine Ahnung, wie ich's dir sagen sollte.«

Jonas drückte ihn fester an sich. »Mir tut es auch Leid.«, flüsterte er, während er sachte über Matteos Rücken strich. »Wenn du irgendwann mal reden willst, sag Bescheid. Ich bin da. Ich werde dich nicht einfach so hängen lassen.«

Vielleicht war dieses Gespräch nötig gewesen. Jedenfalls fühlte Matteo sich jetzt besser.

Er würde Jonas ganz bestimmt von David erzählen. Vielleicht nicht jetzt, aber vielleicht irgendwann.










Manchmal frage ich mich, wie Jonas reagiert hätte, wenn er wüsste, dass Matteo mal einen Crush auf ihn hatte.

Nun, das ist das Ergebnis.

Alt er love. || ˢᵏᵃᵐ ᵍᵉʳᵐᵃᶰʸWo Geschichten leben. Entdecke jetzt