Kapitel 2

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Anna schlug die Augen auf. Sie richtete sich auf, ihr war schlecht und schwindlig, dann bemerkte sie, dass sie auf einem schwankenden Bett lag. Anna sah sich um, sie war in einem grossen, fahrenden Wohnmobil und in der Fahrerkabine, sassen drei Männer. Das Fahrzeug wurde von einem Mann mit kurzem braunem Haarschnitt gesteuert, neben ihm sass ein Mann mit langen hellbraunen Haaren. Der dritte Mann hatte schwarze lockige Haare. Mehr konnte Anna von ihrer Sicht aus nicht erkennen.
„Steven, schau nach ob Anna wach ist!", hörte Anna einer der Männer sagen. Schnell legte Anna sich wieder hin und schloss die Augen, tat so als würde sie schlafen. Sie hörte einer der Männer näher kommen. Er legte seine Hand auf ihre Stirn, ein paar Sekunden später nahm er sie dann wieder weg und legte ein nasses Tuch auf ihre Stirn.
„Anna hat ein bisschen Fieber. Du hättest kein Chloroform gebrauchen sollen.", rief der Mann namens Steven nach vorne.
„Ich musste mich beeilen, Steven.", erklärte der andere Mann ungeduldig. „Es ist bis jetzt nur ein Tag. Sie wird bestimmt bald aufwachen."
„Du weisst ich bin dagegen, Chloroform einzusetzen!"
„Wenn es sein muss, werde ich es wieder tun! Und es musste sein!"
„Natürlich!", murmelte Steven vor sich hin. Er nahm das Tuch von Annas Stirn und betupfte ihre Wangen, das war für Anna zu viel. Schnell packte Anna seinen Arm und ihre braunen Augen blickten ihn warnend an. Es bedurfte bei diesem Blick keine Worte. Steven verstand auch so, dass sie nicht angefasst werden wollte. Er entfernte sich langsam von ihr und ging zur Fahrerkabine, wo er leise mit den anderen sprach. Anna konnte kein einziges Wort verstehen. Steven machte die Trennwand zu, welche die Fahrkabine vom Rest des Wohnwagens trennte, sodass sie und Steven unter sich waren. Aus der anderen Seite der Trennwand ertönte auf einmal laute Rockmusik.
Langsam richtete sich Anna auf, ihr brummte der Schädel und sie fühlte sich schwach. Dann bemerkte sie, dass Steven sie beobachtete. Sie nahm ihn ebenfalls im Augenschein, er hatte graue Augen, hellbraunes gewelltes Haar, die bis zur Schulter reichten und einen drei Tage Bart. Er war gross, hatte kräftige Muskeln und die Haut war von der Sonne gebräunt. Steven trug blaue Jeans, dazu ein Ärmelloses Puma T-Shirt. Er war ein junger attraktiver Mann.
„Ich habe dem Boss gesagt, dass du wach bist, aber Ruhe brauchst. Solange wird er dich nicht anrühren!", erklärte Steven, was er eben getan hatte. Anna zeigte Steven die kalte Schulter. Sie hatte zwar zugehört, aber sie wollte keine Reaktion zeigen. Am besten sage ich zu niemandem was, einfach schweigen, dachte Anna, vielleicht lassen sie mich dann frei und wehe, sie fassen mich an. Sie wollte aus dem Fenster schauen aber die Rollos waren heruntergelassen worden, also schaute sie Steven an.
„Ich heiße Steven. Du musst keine Angst haben, ich werde dir nichts tun!", sagte er nett und hielt seine Hand hin. Anna wusste nicht, ob sie die Hand schütteln sollte oder ignorieren. Sie entschied sich, sie zu ignorieren und schaute sich um. Auf der anderen Seite des Wohnwagens dröhnte immer noch Musik. Anna überlegte was die Männer von ihr wollten. Doch ihr fiel nicht ein, wieso sie entführt worden ist. Was wollten diese Menschen von ihr?



Anna wusste schon längst nicht mehr welcher Tag es war. Dienstag oder Mittwoch, Samstag oder Sonntag? Und, wie lange war sie schon in Gefangenschaft? Sie hatte die Tage nicht mitgezählt. Anna sprach mit niemandem, obwohl Steven es mehrmals versucht hatte mit ihr ein Gespräch zu führen. Anna schaute dann absichtlich aus dem Fenster oder widmete ihre Aufmerksamkeit wieder dem Buch das Steven ihr gegeben hatte. Auch hatte Anna beschlossen so wenig wie möglich zu essen, in der Hoffnung, dass man sie vielleicht gehen lassen würde. Aber Anna war immer noch im Wohnwagen und das schon seit Tagen. Der Wagen hielt an und Steven, der gerade noch am Lesen war, stand auf und ging hinaus. Anna stand vom Bett auf und ging auf die Tür zu. Sie drückte die Klinke nach unten. Die Tür war zu, wie immer, wenn sie allein im Wohnwagen war. Anna schaute auf die Klinge, als ob diese ganz von selbst aufgehen würde. Sie seufzte, den Blick immer noch auf die Klinke. Sie hörte ein Klick, die Türklinke wurde heruntergedrückt und ein äusserst attraktiver Mann trat ein. Ein Mann mit schwarzem, lockigen Haar bis zum Nacken, ein charmantes Lächeln auf sein markantes Gesicht, gut gebaut und gebräunte Haut. Er war groß und er musste um die dreissig Jahre alt sein. Viele Frauen hätten sich nach diesem Mann umgedreht. Vorsichtig lief sie rückwärts auf das Bett zu. Der gut aussehender Mann schaute sie lange an, immer noch mit einem charmanten Lächeln.
„Ich bin Bors. Ich bin der Kopf dieser Männer.", stellte er sich dann vor. Anna die nun wieder auf dem Bett sass, ignorierte ihn völlig. Ihr war wirklich egal, wie der verrückte Ganove hiess.
„Ich rede mit dir, Anna!", sagte Bors mit bestimmter lauter Stimme und Anna zuckte bei seiner Lautstärke leicht zusammen, dennoch schaute sie aus puren Trotz nicht auf.
„Anna, schau mich an!", forderte Bors, packte ihren Arm und zog sie grob vom Bett hoch. Anna stieß ihn mit all ihrer Kraft von sich, so dass er taumelte und fast auf den Wohnwagentisch krachte. Aber nur fast und dennoch war Bors nun wütend, mit einem Schritt war er wieder bei ihr und schlug Anna mit voller Wucht ins Gesicht. Anna fiel benommen zu Boden, sie schmeckte das Blut von ihren bereits verletzten Lippen, die Wange die Bors geschlagen hatte, brannte und schmerzte. Die Tür vom Wohnwagen wurde geöffnet und Steven kam mit einem Mann herein. Er hatte braunes mittellanges Haar, welche unfrisiert aussahen, er war schlank, aber was vorhanden war, waren Muskeln und obwohl er kaum grösser war als Anna selbst, merkte sie auf Anhieb, dass dieser Mann eine böse Aura ausstrahlte. Der Mann blickte mit seinen hellgrünen Augen zuerst auf Anna, die am Boden lag, dann auf seinen Boss, während sich Anna und Bors gegenseitig wütende Blicke zuwarfen. Steven zwang sich an Bors vorbei, zu Anna und wollte ihr beim Aufstehen helfen, aber auch ihn stiess sie zurück. Ohne ein weiteres Wort an sie gerichtet stampfte Bors wütend aus dem Wohnwagen.
„Jack!", bellte Bors von draussen und der unbekannte Mann folgte ihm, ohne ein Wort gesagt zu haben, hinaus. Jedoch nicht ohne einen letzte unheimlichen Blick auf Anna zu werfen. Die Tür wurde mit einem wütenden Knall geschlossen. Mühsam rappelte sich Anna auf, währenddessen Steven aus dem Apothekenkasten ein desinfizierendes Mittel holte.
„Setz dich bitte.", bat Steven sie und wollte Annas Wunde desinfizieren, doch Anna wollte auf keinen Fall mit ihm in Berührung kommen und stiess ihn wieder von sich weg.
„Okay, ich lege es dir hin, dann kannst du dich selbst behandeln.", gab Steven an und legte alles auf den Tisch. „Ich geh nach draußen!"
Mit diesen Worten ging er hinaus. Nach ein paar Minuten hörte sie Stimmen vor dem Fenster. Das Fenster war gekippt, so dass Anna alles hören konnte. Obwohl die Läden heruntergelassen waren, wusste sie genau, wer draußen ein Gespräch führte.
„Sie hatte mich geschlagen!!!", hörte Anna Bors laut ausrufen.
„Sie hat dich geschubst, Bors.", erwiderte Steven darauf. „Du hast doch keine einzige Verletzung abgekriegt, im Gegenteil zu ihr. Falls du nicht bemerkt hast, oder es dir nicht aufgefallen ist, blutet Anna."
„Es ist nur ein kleiner Kratzer.", entgegnet Bors.
„Es ist nicht ein kleiner Kratzer, " brauste Steven auf. „Es ist eine Verletzung! Als ausgebildeter Arzt, weiss ich das."
„Du verteidigst sie auch noch!?", rief der Boss aus.
„Das war eine normale Reaktion von ihr. Sie ist fünfzehn.", sagte Steven.
„Bald sechzehn!", korrigierte Bors.
„Das spielt keine Rolle! Jeder hätte so reagiert.", erklärte Steven entschieden, er machte eine Pause und seufzte schwer, bevor er fortfuhr. „Bei mir ist sie auch so, obwohl ich ihr nie was antun würde. Nie. Und du weißt das."
Es war kurz still, ausser dass jemand wieder schwer seufzte, hörte Anna nichts.
„Ich weiss!", sagte Bors, seine Stimme wirkte nun ruhiger, nach einer erneuten kurzen Pause sprach Bors schon beinahe sanft. „Okay, geh rein! Wir fahren weiter."
Die Türe wurde geöffnet und Steven kam herein. Seufzend setzte er sich auf das Sofa und vergrub das Gesicht in den Händen. Nach ein paar Minuten schaute er auf, Anna hatte ihre Wunde immer noch nicht desinfiziert. Steven sah sie besorgt und gleichzeitig bittend an.
„Leg dich bitte nicht mehr mit Bors an. Wenn er wütend wird, vergisst er sich oft und ich kann dir nicht immer helfen."
„Ich habe dich nicht um Hilfe gebeten!", erwiderte Anna mit Mühe, da sie seit Tagen nicht mehr gesprochen hatte. Steven war überrascht, dass Anna geantwortet hatte.
„Es ist mir egal, ob du gefragt hast oder nicht! Ich habe es getan und damit Basta!", sagte Steven mit ruhiger Stimme, die keine Spur von Zorn, Wut oder Ungeduld hatte.
„Wieso willst du mir eigentlich helfen?", fragte Anna wütend.
„Kein Grund wütend zu werden.", beruhigte Steven Anna, was aber nicht gerade funktionierte.
„Ich habe allen Grund wütend zu sein!", zischte Anna Steven an. „Ich möchte wissen, was ich hier soll, und wieso ich???"
Sie wollte schreien, aber ihre Stimme war brüchig. Beide waren aufgestanden und näher gekommen. Sie sahen sich in die Augen. Grau traf auf braun. Doch dann drehte sich Steven sich von ihr ab.
„Das wirst du noch früh genug erfahren!", gab Steven leise an.
„Ich will es jetzt erfahren!", sagte Anna wütend.
„Dafür bist du noch nicht bereit!", meinte Steven zu ihr.
„Für was bin ich noch nicht bereit?"
„Für die Wahrheit."
„Heisst das du lügst nur?"
„Nein!", erwiderte Steven darauf ein wenig heftig und drehte sich dabei wieder zu ihr um. „Ich belüge dich nicht!"
Kurz erschrak Anna über seine gereizte Reaktion, was Steven bemerkte und ihn schwermütig aufatmen liess, dabei fuhr er sich mit der linken Hand durch seine schulterlangen hellblonden Haaren.
„Tut mir Leid! Ich wollte nicht so gereizt reagieren.", entschuldigte sich Steven, jedoch starrte Anna ihn weiterhin wütend an.
„Was ist mit den anderen passiert?", fragte sie nun, da sie merkte, dass sie mit dieser Frage bei ihm nicht weiterkam.
Steven schaute sie überrascht an.
„Den anderen?"
„Ja, Luljeta, Sonja und Vanessa!", sagte sie selbstverständlich.
„Ach so, sie sind genau wie du in einem Wohnwagen."
„Was habt ihr mit uns vor? Wieso entführt ihr uns?"
Anna wurde immer aufgebrachter, sie wollte es jetzt endlich wissen. Steven schaute sie verzweifelt an. Er öffnete den Mund, schloss ihn aber wieder, als ob er nicht wüsste was er sagen sollte. Wieder fuhr er sich durch die Haare, gleichzeitig fluchte er leise und schliesslich seufzte er tief.
„Ich will nicht der sein der dir das sagt, ausserdem wirst du es selbst merken. Das Einzige was du wissen musst ist, dass Bors gefährlich wird, sobald du nicht das tust, was er will. Tu was er sagt und du wirst es einfacher haben. Rebelliere nicht!"
Anna schaute ihn nach wie vor wütend an. Die ganze Fragerei hatte nichts gebracht, sie wusste genau gleich viel wie vorhin, nur dass sie nur noch mehr Fragen hatte.
„Was ich tue und sage, ist immer noch meine Entscheidung. Ich werde mich niemandem unterwerfen." gab Anna wütend und mit hocherhobenen Kopf an, sie schaute Steven direkt in die Augen und Steven wusste genau das sie dies tun würde, bis sie keine Kraft mehr haben würde.




Hallo zusammen :)))
Dieses Mal ist es ein kürzeres Kapitel geworden, aber keine Angst es werden wieder längere Kapitel folgen. ;)) Ich hoffe dieses Kapitel gefällt euch wie das erst oder sogar noch besser. :)))
Likes und Kommentare sind wie vorhin willkommen. :)))

Eure D.F.Saillants

Gefangen im Schatten der Liebe - Wieso ich?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt