Kapitel 24 Teil 1

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Auch am folgenden Tag gab es neue Gäste, welche für den kaiserlichen Hofball anreisten und keine Residenz in der Hauptstadt hatten oder der Anreiseweg zu lang war. Nach einer Weile flüchtete Anna in den Garten, um wenigstens eine Weile Ruhe zu haben und sich wieder zu sammeln. Sie genoss die Zeit der Ruhe. Morgen fand der kaiserliche Hofball statt und dann hatte sie keine Zeit sich ein wenig Ruhe zu gönnen. Dieser Morgen kam schneller als gedacht. Bors und Anna schliefen beide lange, da der heutige Abend versprach lange zu dauern. So standen sie erst gegen die Mittagszeit auf und nahmen das Frühstück in ihre Suite ein, da Bors keine grosse Lust hatte mit so vielen Leuten am Frühstückstisch zu sitzen. Danach ging Bors duschen und anschliessend im Garten spazieren, um ein wenig die Seele baumeln zu lassen. Die Zeit verging rasend schnell und eh Anna sich versah, war Yuma schon da. Sie hatte gerade noch nach dem Duschen Zeit, sich ihre Unterwäsche anzuziehen eher Yuma anklopfte. Schnell zog Anna den seidenen Morgenmantel über, bevor sie die Tür öffnete. Freudig empfing sie Yuma.
„Na Anna Schätzchen, ein wenig nervös?", fragte er sie.
„Nur ein wenig.", gab Anna zu. „Ich glaube, ich werde mich nie daran gewöhnen, mich für solche Anlässe vorzubereiten."
„Ach was, irgendwann gewöhnst du dich dran.", meinte Yuma. „Lass uns anfangen. Ich will dir eine Prachtfrisur machen."
„Yuma, ich wollte fragen, ob du eine Frisur machen könntest, damit ich ein Diadem tragen kann.", sagte Anna ein wenig befangen und holte das Etui mit dem Diadem darin aus ihrem Koffer.
„Das sollte eigentlich kein Problem sein, Schätzchen.", versicherte Yuma ihr. „Zeige mal dieses Schmuckstück."
Anna kam zu ihm und öffnete die Schatulle. Yuma starrte mit offenen Mund das Diadem an.
„Wow, Anna Schätzchen, das hier ist kein Diadem mehr, sondern schon fast eine kleine königliche Tiara.", staunte Yuma, als er seine Stimme wieder fand.
„Bors hat es mir geschenkt.", erklärte Anna ihm. „Ich glaube er wäre enttäuscht, wenn ich sie nicht tragen würde, schliesslich wäre es heute der perfekte Abend."
„Das ist es heute allerdings. Also dann, los geht's! Machen wir dich königlich!"
Sofort machte sich Yuma an die Arbeit. Zuerst schminkte er sie, machte ihr ein dezentes Make-Up, wobei er ihre Augen ein wenig mehr unterstrich, danach begann er mit der Frisur. Er benutze für die Frisur eine Haarverlängerung, da er viel von ihren Haaren für den oberen Teil brauchte, den Unterschied sah man aber kaum. Schlussendlich stand die Frisur, Yuma hatte ihre Haare, ohne die vorderen Strähnen, hinten kunstvoll zu einem Rossschwanz zusammengebunden und der Rest fiel in grossen Locken hinunter. Die Strähnchen kringelten sich leicht und oben hatte er alles aufgebauscht damit das Diadem hielt.
„Yuma, du hast mich wieder so atemberaubend schön gemacht.", bewunderte Anna sein Werk im Spiegel.
„Anna Schätzchen, ich habe dich nicht schön gemacht, du bist bereits schön.", korrigierte Yuma sie. „Ich habe nur mit ein bisschen Schminke deine Schönheit untermauert."
„Danke Yuma.", bedankte sie sich herzlich und umarmte ihn.
„Warte, das Beste kommt noch!", meinte Yuma. „Dein Kleid. Du weisst noch welches, oder?"
„Natürlich, das Kleid vom Shooting!", rief Anna begeistert, dachte sofort an Kenshin und ihr wurde warm ums Herz. Schnell dachte sie wieder an etwas anderes.
„Ich helfe dir natürlich, das Kleid anzuziehen.", sagte Yuma und holte das Kleid aus dem Reisekleidersack. Vorsichtig schlüpfte Anna in das Kleid und Yuma zog den Reisverschluss zu. Wieder betrachtete Anna sich im Spiegel, das Kleid war noch schöner als sie es in Erinnerung hatte. Bors Diadem passte perfekt zum Kleid und es funkelte mit dem Kleid um die Wette.
„Du siehst noch schöner aus als beim Shooting.", flüsterte Yuma staunend.
„Danke.", flüsterte Anna zurück.
„Na komm, Bors wartet bestimmt schon auf dich."
Anna nickte und verliess das Badezimmer. Bors wartete draussen auf den Balkon, er drehte sich um, als er sie kommen hörte. Bors lächelte und lief ihr entgegen.
„Gefällt dir was du siehst?", fragte Anna und lächelte ihn ebenfalls an.
„Oh ja, vor allem da ich weiss, dass du mir gehörst!", sagte Bors und küsste sie. „Du bist atemberaubend schön Geliebte."
„Danke Geliebter.", schnurrte Anna. „Du siehst übrigens auch super aus."
Sie ging ein Schritt zurück und schaute ihn sich genauer an. Bors hatte einen kompletten schwarzen, engen Anzug aus Seide und mit roter Stickereien an den Rändern. Selbst die Krawatte war schwarz, nur die Manschettenknöpfe und der Ansteckknopf bei der Krawatte waren silbrig. Seine Haare hatte er ordentlich mit Gel zurück gekämmt. Anna musste schon sagen, er sah verdammt gut aus. Aussen hui, innen pfui, dachte sich Anna just in diesem Moment.
„Wir sollten uns nach unten begeben.", meinte Bors.
„Bin gleich soweit.", sagte Anna und schlüpfte in ihre hohen Schuhe, steckte sich zwei kleine Ohrstecker in die Ohrläppchen, der Lippenstift verschwand in ihren Brüsten, sowie das Feuerzeug. Bors lachte dabei auf.
„Wie immer, interessant, was ihr Frauen in euren BH steckt.", sagte Bors lachend. „Aber dieses nehme ich dir mit, das passt nun wirklich nicht mehr rein."
„Sicher? Ich bin mir sicher, dass ich mein Zigarettenetui noch irgendwo unterbringe.", meinte Anna ironisch und lachte dabei falsch auf.
„Glaube dir aufs Wort, trotzdem wäre es besser, wenn ich es an mich nehme. Es könnte ja vielleicht rausfallen.", sagte Bors bestimmt und nahm ihr das Etui aus der Hand. „Wäre schade um Stevens Geschenk."
„Stimmt.", pflichtete sie ihm bei. Bors steckte sich ihr Zigarettenetui in seine Innentasche des Anzugs, sie verabschiedeten sich von Yuma, der seine Sachen noch zusammen räumte und gingen hinaus. Im Gang trafen sie auf Steven, der blendend aussah. Er hatte sich für einen schwarzen Sakko und Hose mit weissem Hemd und Gilet entschieden. Eine schwarze Krawatte und schwarze Manschettenknöpfe rundete das Ganze ab. Seine Haare hatte er zu einem Dutt zusammengebunden.
„Das nenne ich mal perfektes Timing.", sagte Steven lächelnd. „Meine Güte Anna, du siehst wundervoll aus. Hat Yuma dir dieses purpurrote Kleid ausgesucht?"
„Danke Steven.", sagte Anna und lächelte. „Aber das Kleid ist vom Shooting, welches mir Kenshin geschenkt hat. Er wollte, dass ich es heute Abend anziehe."
„Es ist auch ein wunderschönes Kleid.", meinte Steven und blickte unsicher zu Bors, doch dieser lächelte glücklich. Gemeinsam liefen sie zum Ballsaal, sobald der Zeremonienmeister sie sah, kündigte er sie an, ohne dass Bors ihre Namen sagen musste. Arm in Arm liefen sie in den Saal, direkt auf Kenshin zu, der auf dem Thron am anderen Ende des Saals sass. Kenshin trug eine weisse japanische Männertunika, mit einem bestickten goldenen Drachen und dazu weisse Hosen. Seine Haare hatte er zu einem perfekten Samurai Dutt gebunden, welche zu seiner weissen Kleidung einen schönen Kontrast bildeten. Annas Augen trafen die seinen und ihr Herz beschleunigte sich unter seinem intensiven Blick. Vor Kenshin hielten sie an.
„Kaiserliche Hoheit.", grüssten Anna und Bors gemeinsam, während sie sich verbeugten. Kenshin nickte ihnen lächelnd zu und sie gingen zur Seite, damit weitere Gäste ihre Aufwartung machen konnten. Bors ging mit Anna auf die Fensterseite, blieb aber in Kenshins Nähe. Ein Butler kam vorbei und Bors nahm zwei Gläser Wein von dessen Tablet, wovon er eines Anna überreichte.
„Lass uns den Abend geniessen.", meinte Bors lächelnd und strahlte sie an.
„Auf uns Geliebter.", sagte Anna und hielt ihm prostend ihr Glas zu.
„Auf uns."
Bors hob ebenfalls sein Glas und küsste sie dann hingebungsvoll.
„Darf ich euch daran erinnern, dass ihr nicht allein in diesem Saal seid.", ertönte Stevens Stimme und Bors brach den Kuss ab.
„So schlimm kann es nicht ausgesehen haben.", erwiderte Bors lachend und schlang seinen Arm um Annas Taille. Anna schaute sich ein wenig um, viele Gäste waren noch nicht hier, aber es kamen stetig mehr. Plötzlich sah Anna Jack, ganz fein herausgeputzt, ein paar Meter neben ihm erkannte sie Rick und Fabio.
„Was machen Jack und die anderen hier?", fragte Anna Bors stirnrunzelnd.
„Sie unterstützen Kenshins Bodyguards.", antwortete Bors selbstverständlich.
„Ist denn mit einem Anschlag zu rechnen?", fragte sie entsetzt.
„Kenshin muss immer mit einem Anschlag rechnen. Er ist Kaiser.", erklärte Bors. „Er wird immer ein beliebtes Anschlagsziel sein."
Anna nickte. Musste man als Kaiser wirklich immer Angst haben, dass ein Attentäter hinter jeder Ecke lauern könnte? Während sich der Saal mit immer mehr Gästen füllte, traten der Marquis James und der Viscount Yuuto zu ihnen, später gesellten sich auch Duke Yusei und seine Familie zu ihnen. Sie plauderten eine Weile, bis Kenshin die Tanzfläche für eröffnet erklärte und das kleine Orchester in der Ecke, neben dem Eingang, anfing zu spielen. Yusei nahm seine Frau Akira bei der Hand und führte sie zur Tanzfläche.
„Wollen wir Geliebte?", fragte Bors lächelnd und bot ihr seine Hand an.
„Sehr gerne Geliebter."
Bors führte Anna zur Tanzfläche, er nahm sie eng an sich und sie begannen zu tanzen. Sie schwebte mit Bors über die Tanzfläche, am Rande nahm Anna wahr wie andere Pärchen sich auf das Parkett begaben. Sie tanzten zwei Lieder durch, sie redeten nicht, sondern blickten und lächelten sich gegenseitig an. Beim nächsten Musikstück verliessen sie die Tanzfläche und gingen zu den anderen zurück. Anna hörte den Gesprächen, die Bors führte, nur mit einem Ohr zu. Seit sie mit Bors getanzt hatte, spürte sie die Blicke der anderen, sie hatte das Gefühl, dass alle über sie tratschten. Sie drehte sich um und sah Kenshin, in Begleitung eines Mannes, auf sie zukommen.
„Lords, Ladys, Miss Aubry.", grüsste Kenshin freundlich.
„Kaiserliche Hoheit.", grüssten sie mehr oder weniger gemeinsam zurück.
„Lords Winceston darf ich euch den Deutschen Botschafter Sebastian Peter vorstellen?", sagte Kenshin freundlich. „Exzellenz, seine Gnaden Duke of Shioko Bors Winceston, seine reizende Verlobte Miss Annalia Aubry und sein Sohn Lord Steven Winceston."
„Sehr erfreut, Euer Gnaden, Lord Winceston.", grüsste der Botschafter und reichte seine Hand Bors und dann Steven. Der Botschafter war ein grosser Mann mit blonden Haaren und trotz seines Alters, Anna schätzte ihn um die fünfzig, sah er gut in Form aus. Sebastian wandte sich zu ihr um.
„Miss Aubry, es ist mir eine Freude."
Er gab ihr einen Handkuss und lächelte sie charmant an.
„Es ist mir auch eine Freude Exzellenz.", grüsste Anna freundlich zurück.
„Die Familie Winceston spricht übrigens hervorragend Deutsch, falls Exzellenz eine Pause vom Englischen wünschen.", informierte Kenshin den Botschafter. „Und wenn es gut kommt, wird seine Gnaden in den Grossen Rat gewählt und sie werden kein Problem mehr haben, mit dem Grossen Rat zu kommunizieren."
„Wie erfreulich, da kann ich nur hoffen, dass sie gewählt werden Euer Gnaden.", sagte Sebastian begeistert. „Zu meinem Vorteil, natürlich."
Der Botschafter lachte und Bors stimmte mit ein.
„Ich freue mich auf unsere Zusammenarbeit Exzellenz, falls ich gewählt werde.", äusserte sich Bors lachend und auf Deutsch.
„Wie kommt es, dass Ihr Deutsch sprecht, Euer Gnaden?", fragte Sebastian neugierig, ebenfalls auf Deutsch.
„Ist meine Muttersprache, meine Mutter war Schweizerin.", antwortete Bors und schaute zu Anna. „So wie meine Verlobte."
„Wie erstaunlich, Sie sind auch Schweizerin?", rief Sebastian begeistert aus. „Wie es der Zufall so will, nicht wahr? Aber dann haben sie von dieser Tragödie in der Nordschweiz gehört?"
„Welche Tragödie?", fragte Anna stirnrunzelnd.
„Na die Tragödie über die Entführung der vier Mädchen! Habt ihr davon nicht erfahren?"
Sofort verspannte sich Anna, sie spürte wie Bors sich ebenfalls versteifte.
„Nein, tut mir leid. Ich muss vorhin die Schweiz verlassen haben.", log Anna wie gedruckt.
„Sie scherzen? Das war eine Tragödie, kann ich Ihnen sagen. Direkt von der Schule wurden die vier Mädchen entführt, dabei wurde ein Schüler angeschossen, dieser hat, Gott sei Dank, überlebt.", erzählte der Botschafter.
„Wurden die Mädchen denn gefunden?", fragte Anna ganz unschuldig und war unheimlich erleichtert zu hören, dass Stefano den Schuss überlebt hatte.
„Nein, auf jeden Fall nicht lebend. Eine Leiche wurde gefunden und als eines der Mädchen identifiziert, die Wahrscheinlichkeit, dass die anderen noch am Leben sind ist sehr gering, das ist eben die ganze Tragödie daran.", berichtete Sebastian traurig.
„Das ist wirklich eine Tragödie.", pflichtete Anna dem Botschafter bei.
„In der Tat.", meinte Bors, der seine Stimme wieder gefunden hatte.
„Wechseln wir das Thema.", brachte Sebastian vor. „Miss Aubry, Ihr Name klingt nicht gerade sehr schweizerisch."
Bors spannte sich wieder an und Anna glaubte bald in Ohnmacht fallen zu müssen, dieser Botschafter machte es ihr gerade sehr schwer, in ihrer Rolle zu bleiben.
„Das stimmt Exzellenz, aber wie Ihr sicher wisst, muss man keinen Schweizernamen haben, um Schweizer zu sein, so wie man keinen Deutschen Familiennamen braucht, um Deutscher zu sein."
„Da habt Ihr völlig recht Miss Aubry.", stimmte Daniel ihr zu. „Und von wo kommt Ihre Familie ursprünglich?"
Meine Güte, dachte sich Anna, er wollte sie wirklich schwach machen. Sie wollte gerade antworten, als der Stock des Zeremonienmeisters auf den Boden klopfte.
„Seine Majestät Kronprinz Takashi und Euer Gnaden Duchesse of Hiakawago.", kündigte der Zeremonienmeister an. Verwirrt blickte Anna zu Kenshin, welcher Prinz? Kenshin ging mit steinernen Miene auf seinen Thron und blickte den Mann, der durch die Tür kam, eisern an. Es war ein grosser, stattlicher Mann, bereits im fortgeschrittenen Alter mit breiten Schultern. Er hatte schwarzes Haar, welches er wie Kenshin, zu einem Samurai Dutt gebunden hatte und wie Kenshin hatte er eine japanische Männertunika, nur das seine schwarz war und einen kleinerer, goldener Drache darauf gestickt war. Hinter ihm trippelte seine Frau, in einem traditioneller purpurroten Kimono mit goldenem und schwarzem Blumenmuster. Im Saal wurde getuschelt und getratscht, alle Augen schauten auf das bevorstehende Treffen.
„Komm!", flüsterte Bors zu Steven. „Wir sollten weiter vorne sein, falls etwas passiert."
Steven nickte und Bors gab Anna zu verstehen, dass sie hier bleiben sollte.
„Eure kaiserliche Hoheit.", grüsste der Prinz und verneigte sich, als er vor Kenshin stand. Anna schaute ihn genau an und konnte erkennen, wie es dem Prinzen missfiel, sich vor Kenshin zu verneigen, doch sobald er sich aufgerichtet hatte, war seine Miene wieder undurchdringlich. Seine Frau grüsste und verneigte sich ebenfalls vor dem Kaiser, als sie endlich auch vor ihm stand.
„Willkommen Onkel, wie nett, dass du doch noch gekommen bist.", grüsste Kenshin den Mann, seine Stimme verriet seine Stimmung nicht, auch seine Miene nicht, jedoch klang sie eher gleichgültig. „Ich hoffe, du amüsierst dich heute Abend."
Kenshin stand von seinem Thron auf, stieg die zwei Stufen des Podestes herunter.
„Tante.", grüsste Kenshin die Frau kurz, als er an ihr vorbei lief. „Bitte, Herr Kapellmeister. Musik!"
Sofort ertönte wieder Musik im ganzen Saal und die Lautstärke schwoll wieder ein wenig an.
„Das ist also Kenshins Onkel?", fragte Anna Bors leise, als sie zu ihm stiess, während sie den Prinzen weiter beobachtete.
„Ja. Versuche dich von ihm fernzuhalten, er ist kein netter Mensch.", warnte Bors sie, just in diesem Moment blickte der Prinz zu ihr, seine Augen verengten sich noch zu feineren Schlitzen. Er schien den Blick nicht von ihr abzuwenden zu können. Hatte man ihm nicht beigebracht, dass es unhöflich war Menschen anzustarren, dachte sich Anna und wurde irgendwie nervös.
„Würdest du mir mein Zigarettenetui geben?", fragte Anna Bors. „Ich brauche nach dem Verhör des Botschafters eine Zigarette."
Bors nickte, blieb aber ernst und überreichte ihr das Zigarettenetui.
„Bleib nicht zu lange weg.", meinte Bors ein wenig besorgt. „Okay?"
Anna nickte lächelnd und ging Richtung Eingangstür, wobei sie wieder das Gefühl hatte, dass alle Augen auf sie gerichtet waren. Sie ging nicht zum offiziellen Raucherbalkon, sondern in das Billardzimmer, welches ebenfalls einen Balkon hatte. Sie brauchte eine kurze Pause, sie trat in das Zimmer ein, das Licht brannte schon, aber im grossen Zimmer war niemand. Sie öffnete die Tür zum Balkon und trat in die frische Lufthinaus.
Sie setzte sich auf den Stuhl, der neben dem Fenster stand und zündete sich eine Zigarette an. Sie hatte kaum drei Mal an ihrem Glimmstängel gezogen, da hörte sie wie die Tür des Zimmers energisch geöffnet und dann wieder geschlossen wurde. Anna spannte sich an, wer war im Zimmer und sollte sie hier bleiben oder sich zeigen? Sie beschloss kurz zu warten.
„Wieso willst du über sie reden?"
Anna erkannte Kenshins Stimme, auch wenn diese sehr unterkühlt war.
„Du fragst ernsthaft wieso? Wieso trägt diese schmutzige Bürgerliche ein purpurrotes Kleid?"
„Ich warne dich Onkel, wage dich nicht zu weit vor!"
„Ich spreche, wie es mir gefällt! Dieses Weib, welches sich in den Adel hochfickt, hat kein Recht, unsere Farbe zu tragen. Diese Farbe darf nur von der Kaiserfamilie getragen werden.", keifte Prinz Takashi.
Anna beschloss auf dem Balkon zu verharren, in diesen Streit wollte sie nicht hineingeraten, ausserdem war sie viel zu neugierig. Von welcher Frau war hier die Rede?
„Rede nicht so von ihr!", knurrte Kenshin wütend.
„Wieso nicht? Sie ist nur eine Bürgerliche und dann auch noch eine Ausländerin! Ich fordere von dir, dass du ihr befiehlst, augenblicklich ein anderes Kleid anzuziehen und das Diadem von ihrem Kopf zu entfernen!"
„DU FORDERST?", polterte Kenshin zornig und dann wurde seine Stimme leise und scharf. „Du forderst von mir gar nichts! Nichts dergleichen werde ich tun, denn ich habe ihr dieses purpurrote Kleid gegeben!"
Anna erschrak über Kenshins Lautstärke und fast vergass sie zu atmen, als ihr klar wurde, dass es um sie ging.
„Sie wird Bors heiraten und sie wird die zukünftige Duchesse of Shioko, somit ist es ihr Recht dieses Diadem zu tragen. Schon allein, dass sie Bors gerettet und ihr Land für unseres eingetauscht hat, gibt ihr dieses Recht. Du solltest eher stolz sein, dass eine so ehrbare, mutige Frau unsere Farbe trägt!"
„Ha, dieser elende Engländer und sein Bastard! Auf meine Frau kann man stolz sein! Ich sollte stolz sein? Ich schäme mich was aus meiner Familie geworden ist, was aus meinem Land geworden ist und...", sagte Takashi abschätzend.
„Es reicht Onkel!", unterbrach Kenshin ihn.
„Dein Vater hielt sich wenigstens an Traditionen!", sagte Takashi laut.
„ICH SAGTE ES REICHT!"
Einen Moment lang war es ruhig.
„Du schämst dich für dein Land? Du denkst, du kannst alles besser? Du glaubst, du wärst ein besserer Kaiser als ich? Schön!", presste Kenshin mit beherrschter Stimme hervor. „Mach so weiter, aber ich sage dir eins, du wirst niemals Kaiser werden! Niemals! Selbst wenn ich erblos sterben sollte, wirst du es nicht! Ich werde veranlassen, dass du übersprungen wirst und dein Sohn mein direkter Nachfolger wird, der Grosse Rat wird mir hierbei sicher zustimmen. Ich werde dein Sohn Daichi Ende des Monats holen und ihn unter meine Fittiche nehmen, er ist mit seinen zehn Jahre hoffentlich noch nicht von euren Worten verdorben.
„Du hast kein Recht dazu!", rief Takashi wütend und leicht panisch zugleich.
„ICH HABE JEDES RECHT! ICH BIN DER KAISER! MEIN WORT IST GESETZ!"
Wieder ein Moment des Schweigens.
„Du kannst mir meinen einzigen Sohn nicht wegnehmen!"
„Doch, das kann ich und ich werde. Du bist diesmal einfach zu weit gegangen Onkel. Du hast mir gezeigt, dass du nichts Gutes in dir hast und ein solcher Mensch darf keine Kinder erziehen, geschweige denn regieren."
„Das wirst du noch büssen!", drohte Takashi rasend vor Wut.
„Nein, werde ich nicht und jetzt nimm deine giftsprühende Frau und verlasse den Palast umgehend!"
Anna hörte wie die Tür geöffnet wurde.
„Ach Onkel, vergiss nicht, dass Hochverrat in Hiyokuna mit der Todesstrafe verbüsst wird."
Die Tür wurde mit einem lautem Knall geschlossen, dann hörte Anna wie Kenshin schwer seufzte, bevor dieser ebenfalls den Raum verliess. Anna brauchte noch einen Moment, bis sie begriff, dass das Zimmer wieder leer war und noch einen weiteren, bis sie verstand was wirklich passiert war. Kenshin hat gerade seinen Onkel enterbt, wegen ihr! Wegen eines Kleides?! Sie musste nachfragen. Sie stand auf und verliess das Zimmer, sie bog um die Ecke zum Ballsaal und stiess beinahe in den Prinzen und dessen Frau. Wutentbrannt starrte Takashi sie an, doch es war die Duchesse, die ihr Mund als erste öffnete.
„Eine bürgerliche Ausländerin die die Farben des Kaiserhauses und ein Diadem trägt. Unsere Vorfahren würden sich vor Empörung im Grab umdrehen, wenn sie dies wüssten!"
Dass die Duchesse einfach so ihr Gift auf Anna spritzte, obwohl sie sich nicht kannten, war zu viel für Anna.
„Lieber eine bürgerliche Ausländerin als eine adlige umherspuckende Giftschlange!", erwiderte Anna die Beleidigung. Die Duchesse schnappte entsetzt nach Luft und Takashi sah aus als würde er jeden Moment zuschlagen, doch dann blickte der Prinz plötzlich an Annas Schulter vorbei. Anna wagte einen Blick nach hinten und sah Kenshin am Ende des Ganges stehen. Er hatte die Arme verschränkt und starrte Takashi auf sehr bestimmte Art an. Wütend, bestimmend, unnachgiebig. Man konnte seine Macht, die er ausstrahlte, fast greifen. Anna blickte Takashi wieder an.
„Du bist eine Schande für die Adligen und für die Monarchie!", zischte Takashi sie wütend an.
„Das seid ihr beide auch!", konterte Anna kalt. Mit wutverzerrten Gesichter liefen beide an ihr und Kenshin vorbei. Sobald sie ausser Sichtweite waren, ging Kenshin auf sie zu, immer noch mit verschränkten Armen.
„Lieber eine bürgerliche Ausländerin als eine adlige umherspuckende Giftschlange?", fragte Kenshin und hob eine Augenbraue.
„Mir fiel nichts anderes ein.", äusserte sich Anna und Kenshin grinste sie an.
„Keine schlechte Konter.", sagte Kenshin amüsiert, bot ihr seinen Arm an und sie traten wieder in den Ballsaal.
„Ich amüsiere dich also wieder?", fragte Anna und hob eine Augenbraue, wie es Kenshin sonst tat. Er lachte.
„Du amüsierst mich immer Anna.", sagte Kenshin leise. Er schaute sie wieder mit diesem Blick an und Anna lächelte scheu, während ihr ganz warm ums Herz wurde. Kenshin führte sie zurück zu Bors und Steven.
„Ich wollte schon nach dir suchen.", sagte Bors erleichtert, als er sie sah. Er drückte sie kurz an sich und küsste sie.
„Entschuldige, ich habe mir Zeit genommen.", log Anna und lächelte. Bors schaute sie liebevoll an, dann wandte er sich Kenshin zu.
„Alles in Ordnung?", fragte er ihn leise, damit niemand anders etwas mitbekam. „Ich habe gesehen wie Takashi und Chiko wütend den Saal verlassen haben."
„Alles in Ordnung, ich habe sie nur rausgeschmissen.", antwortete Kenshin knapp.
„Radikale Massnahme.", meinte Bors. „Glaubst du das war eine gute Idee?"
„Ja, bevor Skandale hochkommen, schmeisse ich lieber Onkel und Tante aus dem Palast."
Und nimmst ihnen den einzigen Sohn weg, dachte sich Anna.
„Wird wohl das Beste sein.", sagte Bors und schaute sich kurz im Saal um. „Ihr entschuldigt mich kurz? Ich muss noch ein paar Worte mit Yusei wechseln."
Kenshin nickte und Bors küsste Anna flüchtig, dann lief er zu Yusei.
„Wieso habe ich das Gefühl, dass mehr dahinter steckt, wieso du so lange weg warst?", fragte Steven Anna, sobald Bors ausser Hörweite war. Anna blickte kurz zu Kenshin, sie konnte schliesslich nicht zugeben, dass sie gelauscht hat.
„Dein Gefühl täuscht dich nicht Steven, aber es ist besser, wenn Bors nicht Bescheid weiss.", antwortete Kenshin für sie, er hatte ihren verunsicherten Blick bemerkt. „Ich werde es dir erzählen, aber nicht hier, nicht jetzt."
Steven nickte verständnisvoll, er wollte gerade das Thema wechseln, als Edward Lockwood zu ihnen trat.
„Kaiserliche Hoheit, Lord Winceston, Miss Aubry.", grüsste Lockwood mit seiner gestellten Freundlichkeit.
„Lord Lockwood.", grüsste Kenshin freundlich zurück.
„Euer Gnaden.", grüssten Steven und Anna gemeinsam. Anna wurde es ein wenig mulmig zumute, wieso kam er immer, wenn Bors nicht da war?
„Ein wunderbarer Abend Eure kaiserliche Hoheit. Ihr Ball ist wie immer ein Hit.", biederte sich der Duke bei Kenshin an.
„Vielen Dank Lord Lockwood. Es freut mich, dass Ihnen der Abend gefällt.", sagte Kenshin freundlich.
„Miss Aubry, wie ich mich freue, Euch wieder zu sehen. Ich hoffe, Sie haben mir einen Tanz reserviert? Wahrscheinlich gleich für das nächste Musikstück?", wollte Lockwood wissen, sein Lächeln wirkte auf Anna schmierig und nur der Gedanke, dass dieser Mann sie anfasste, widerte sie komplett an. Es reichte, Bors Berührungen zu ertragen.
„Gerne würde ich mit Ihnen tanzen Euer Gnaden, leider habe ich den nächsten Tanz seiner kaiserlichen Hoheit versprochen.", schwindelte Anna und hoffte Kenshin würde in den Schwindel einsteigen. Sie blickte zu Kenshin und dieser reagierte sofort, wenn auch ein wenig perplex.
„So ist es und wenn ich mich nicht täusche, dann fängt das nächste Stück gleich an. Ihr entschuldigt uns?", schwindelte Kenshin lächelnd. „Miss Aubry?"
Er bot ihr seine Hand und Anna nahm sie lächelnd entgegen. Im Augenwinkel konnte sie Lockwoods erbosten Blick sehen und sie hoffte ihn für den heutigen Abend abgewimmelt zu haben. Kenshin führte sie zur Tanzfläche und sie begannen zu tanzen.
„Vielen Dank, dass du mitgemacht hast.", sagte Anna leise.
„Hab ich gern gemacht.", meinte Kenshin und grinste plötzlich. „Es ist das erste Mal, dass ich zum Tanzen aufgefordert worden bin."
„Das schickt sich wohl nicht, oder?", fragte Anna verlegen.
„Nein, aber bei dir lass ich es durchgehen.", schmunzelte er. Anna mochte es, wenn er grinste, dann sah Kenshin jung und unbeschwert aus. Während sie sich im Takt des Walzers bewegten, überlegte Anna wie sie Kenshin am besten wegen seines Onkels befragen konnte, ohne dass er gleich wusste das sie gelauscht hatte.
„Kenshin, wieso hast du deinen Onkel rausgeschmissen?", fragte sie schliesslich. Überrascht hob Kenshin eine Augenbraue.
„Was hast du vorhin beim Streit nicht verstanden?", wollte Kenshin wissen und blickte kurz ob eines der vorbei tanzenden Pärchen zuhören konnte.
„Welchen Streit?", fragte Anna und tat als wüsste sie von nichts.
„Anna ich weiss, dass du gelauscht hast.", offenbarte Kenshin, seine Augen schienen sie durchbohren zu. Anna wollte etwas erwidern, war aber ein wenig geschockt, dass er es wusste und musste sich konzentrieren nicht aus dem Takt zu fallen.
„Ich habe dich beim Verlassen des Zimmers gesehen."
„Zu meiner Verteidigung, ich war zuerst da.", äusserte sich Anna leise.
„Das ist mir klar."
„Ich wollte euch nicht belauschen. Wirklich nicht.", versicherte sie ihm. „Ich war gerade am Überlegen, ob ich mich zeigen sollte, dann habt ihr angefangen zu streiten und da wollte ich erst recht nicht mehr reinplatzen. Schon gar nicht nachdem mir bewusst wurde, dass es um mich ging. Was hat das alles mit meinem Kleid zu tun?"
„Es ist purpurrot, Anna."
Kenshin sagte dies, als ob sie wissen müsste, was dies bedeutet, aber genau dies hatte Anna nicht verstanden. Kenshin merkte es.
„Purpurrot ist die Farbe des Kaiserhauses und darf ausschliesslich nur von der Kaiserfamilie getragen werden. Ausser der Kaiser erlaubt es. Was ich bei dir getan habe.", erklärte er leise. Nun wurde Anna einiges klar und weshalb sie alle anstarrten, wenn sie durch den Ballsaal lief.
„Wir sollten aufhören zu tanzen, sonst gibt es noch mehr Tratsch.", meinte Kenshin plötzlich, Anna nickte ein wenig benommen. Wieso hatte Kenshin ihr nicht gesagt was diese Farbe bedeutet? Er hatte so sehr darauf bestanden, sein Geschenk anzunehmen und das Kleid am heutigen Abend zu tragen, wieso? Es zeigt, dass ich zu ihm gehöre, dachte sich Anna plötzlich. Kenshin führte sie von der Tanzfläche weg, aber nicht zu Steven zurück, sondern zu einem der Ballsaalfenster, wo sie für sich waren.
„Wieso wolltest du, dass ich unbedingt dieses Kleid anziehe?", ergriff Anna das Wort, bevor Kenshin was sagen konnte. „Wieso hast du mir nicht gesagt, was es bedeuten würde?"
„Weil du in diesem Kleid wunderschön aussiehst und ich irgendwie wusste, dass du abgelehnt hättest, wenn du es wissen würdest.", sagte Kenshin mit belegter Stimme. Er winkte einem Butler, der ein Tablet mit gefüllten Champagnergläsern trug, herbei und nahm dann zwei Gläser herunter. Er überreichte Anna eines, während sie wartete, dass der Butler wieder ausser Hörweite war.
„Natürlich hätte ich abgelehnt. Wieso wolltest du, dass ich das Kleid unbedingt trage?", fragte Anna erneut. „Ich hätte bestimmt in jedem anderen Kleid auch wunderschön ausgesehen."
Sie versuchte ein neutrales Gesicht zu machen, in der Hoffnung, dass alle dachten es handle sich um ein normales Gespräch.
„Das hättest du bestimmt.", meinte Kenshin und seufzte leise. „Ich weiss es nicht Anna, ich kann es dir nicht erklären. Ich wollte einfach, dass du die Farbe meiner Familie trägst."
Er schaute ihr in die Augen, seine warme Augen erfassten, die ihre und Annas Herz fing wild an zu klopfen. Ihr wurde heiss und irgendwie fiel ihr das Atmen schwer.
„Ich brauche eine Auszeit.", flüsterte Anna nach Atem ringend.
„Anna warte.", sagte Kenshin leise, doch sie lief ihm schon weg. Anna wäre am liebsten weggerannt, doch das hätte nur für Aufsehen gesorgt, also bemühte sie sich im langsamen Tempo den Ballsaal zu verlassen. Sie nahm die Richtung zum Billardzimmer und hoffte es würde niemand drin sein. Das Glück war ihr hold, sie legte das Champagnerglas auf eine der Kommoden und schritt auf den Balkon hinaus. Sie atmete ein paar Mal tief die frische Luft ein. Sie nahm sich eine Zigarette aus ihrem Etui, welches sie beim letzten Mal hatte liegen lassen, zündete diese an und zog daran. Was war bloss los mit ihr? Wieso wurde sie vor Kenshin immer nur so fahrig? Wieso konnte sie ihre Gedanken nicht ordnen, wenn er sie ansah? Dabei war es so wichtig, die ganze Zeit aufmerksam zu sein, diszipliniert zu sein. Es stand so viel auf dem Spiel, welches nur sie spielte, sie durfte sich keine Fehler erlauben. Nein! Sie konnte sich keine Fehler erlauben! Tief in ihren Gedanken hörte sie nicht, wie die Tür geöffnet wurde, erst als es ins Schloss fiel, drehte sich Anna um. Ihr Herz setzte einen Herzschlag aus, als sie den Mann im Zimmer sah.
„Miss Aubry, wie schön Sie hier anzutreffen. Allein.", sagte Lockwood mit einem süffisantem Lächeln. „Ich habe Sie doch nicht erschreckt?"
Jedes Nackenhaar richtete sich bei Anna auf, doch sie fasste sich schnell wieder.
„Nein, Euer Gnaden, habt Ihr nicht.", versicherte Anna dem Duke, sie nahm einen letzten Zug ihrer Zigarette und drückte diese dann aus. Sie wollte so schnell wie möglich dieses Zimmer verlassen.
„Sie wissen schon, dass es einen Raucherbalkon gibt?", befragte Lockwood sie, während er durch das Zimmer lief und blieb in der Nähe der Balkontüre stehen, so dass Anna an ihm vorbei musste, um das Zimmer zu verlassen.
„Ja, aber ich brauchte nur einen kurzen Moment Ruhe.", rechtfertigte sich Anna lächelnd, sie nahm ihr Zigarettenetui und das Champagnerglas. Wieso musste sie sich bei diesem Mann rechtfertigen?
„Sie brauchten wohl eine Pause von all Ihren Liebhaber?", meinte Lockwood mit schmieriger Stimme. „Nun da Sie sich eine Pause gegönnt haben, könnten Sie sich um mich kümmern, mit Ihren Fertigkeiten!"
„Wie bitte?", rief Anna empört aus.
„Sie müssen aussergewöhnliche Fertigkeiten haben, um sich so hoch zu ficken!", feixte Lockwood weiter, seine Augen waren gierig auf sie gerichtet. „Doch Sie haben einen ausgelassen, aber ich bin hier, um Ihren Fehler wieder gut zu machen."
Anna schnappte entsetzt nach Luft, ihr war sehr wohl klar, was er andeutete.
„Was auch immer Ihr interpretiert habt, Euer Gnaden, Sie liegen völlig daneben. Ich habe nur einen Mann und das ist der Duke of Shioko, den ich liebe. Ich muss mir solche Beleidigungen nicht anhören.", wetterte Anna, mit erhobenen Kopf wollte sie an ihm vorbei laufen, doch er packte sie am Arm und hielt sie zurück. Wütend drehte sie sich zu ihm um.
„Lassen Sie mich sofort los!"
„Was zierst du dich so?", wollte Lockwood wissen. „Ich weiss zufällig genau, auf was Bors so steht und ich sage dir, du brauchst einen richtigen Meister, der dir den Verstand aus dem Kopf vögelt!"
Annas Wut wurde nur noch grösser, Lockwood ekelte sie regelrecht an, doch hier konnte sie was tun. Lockwood konnte sie zu nichts zwingen und diesen Duke konnte sie auch schlagen, wenn es sein musste.
„Ich warne Sie nur einmal!", zischte Anna Lockwood zornig an. „Lassen Sie mich los oder Sie landen auf dem Boden!"
„Genau!", lachte Lockwood höhnisch. „Wohl kaum! Ich will, dass du dich auf den Billardtisch hinlegst, damit ich dir die Seele aus dem Leib ficken kann!"
Er zog Anna am Arm näher zu sich heran, doch Anna hatte damit gerechnet und kippte den ganzen Inhalt ihres Glases mitten in Lockwoods Gesicht, dann liess sie das Glas fallen. Überrascht lockerte Lockwood seinen Griff um ihren Arm und Anna konnte sich befreien. Ihr Zigarettenetui fiel ihr aus der Hand, doch das war ihr egal, sie brauchte diese Hand eh gerade, denn in diesem Ballkleid konnte sie ihre Beine nicht benutzen. Sie stiess ihn mit aller Kraft gegen das hinter ihm stehende Bücherregal und rammte ihm ihre Faust in seine ungeschützten Bauchregion. Lockwood krümmte sich vor Schmerz zusammen und hielt sich vorne am Billardtisch.
„Du verdammte Hure!", rief er vor Schmerz und Wut.
Anna war immer noch wütend, also packte sie ihn mit einer Hand hinten am Hals, mit der anderen packte sie seine Schulter. Rasend vor Wut hob sie den Duke ein wenig hoch und liess seinen Kopf, mit voller Wucht, auf den Rand des Billardtisches knallen, wobei sie ihn dann losliess. Stöhnend sank Lockwood zu Boden.

Gefangen im Schatten der Liebe - Wieso ich?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt