Kapitel 5

1.4K 20 1
                                    

Sie vertraut mir nicht, dachte Steven, während er dem Flur entlang lief. Er ging die breite Treppe hinunter und bog nach links ab. So kenne ich sie gar nicht, dachte Steven weiter. Er stoppte vor einer Tür, klopfte und trat ein. Es war der gleiche Raum, wie bei ihrer Ankunft. Sheng sass am Kopf des Tisches, Bors war rechts von ihm, Larry links. Steven nahm den Stuhl zwischen Bors und Jack, beim vorbei gehen nickte er den Männern zu.
„Was hat denn so lange gedauert?", fragte Sheng unhöflich, als Steven sich setzte.
„Verzeiht...", wollte Steven anfangen, aber Bors unterbrach ihn.
„Steven hat eine der wichtigsten Aufgaben! Deshalb ist er ein wichtiger Mann und er ist mein Erbe! Man sollte ihn also mit gebührenden Respekt behandeln."
Sheng hob die Brauen und staunte.
„Ihr scheint es nicht an die große Glocke zu hängen?!", sagte Sheng zu Steven.
„Wieso? Sollte ich?", fragte Steven und versuchte nicht hochnäsig zu klingen. Wieder hob Sheng die Augenbrauen, sagte aber nicht mehr dazu und wandte sich Bors zu.
„Endlich kenne ich dein Erbe. Steven wir dir sicher alle Ehre machen!"
Bors und Steven bedankten sich bei ihrem Gastgebern für das Kompliment.
„Weshalb habt Ihr uns herbeigerufen?", fragte Jack ungeduldig und Sheng blickte ihn leicht von der Seite an.
„Ich habe mir die Nachrichten auf einem deutschem Sender angeschaut und anscheinend sucht die ganze Schweiz nach den Mädchen!", begann Sheng zu erzählen. „Die benachbarten Länder haben sich der Suche angeschlossen. Noch ein paar Tage und die ganz Interpol ist auf der Suche! Wie wollt ihr es anstellen, dass nicht die ganze Welt davon erfährt? Du hast diesmal die falschen Mädchen entführt Bors!"
„Darüber habe ich schon nachgedacht!", sagte Bors, lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und sprach weiter. „Du musst dir keine Sorgen machen, ich habe schon einen Plan, dass Anna nicht mehr gesucht wird."
„Und was ist mit den anderen drei?"
„Wegen den anderen muss man sich keine Gedanken machen. Es gibt nichts was mich und diese drei Mädchen verbindet und deshalb gibt es keine Spur, die auf mich zurückgeht. Und vielleicht verkaufe ich sie ja auch.", erklärte Bors, er lächelte Jack und Steven an, wobei Steven nicht zurücklächelte. Er verabscheute diese Geschäfte und Bors wusste das eigentlich.
„Verstehe!", sagte Sheng und schaute auf die Uhr. „Nun, ich muss noch was erledigen und bin für einige Stunden ausser Haus. Ich komme so schnell wie möglich zurück!"
Die Gäste nickten, Sheng und Larry verabschiedeten sich und gingen aus dem Raum. Bors wandte sich an Jack.
„Du reist morgen ab. Du gehst genau nach Plan. Du hast nicht viel Zeit, ich denke eine bis zwei Wochen reichen. Nimm noch ein paar der Jungs mit. Und sei auf der Hut!!!"
Jack nickte und ging eilig hinaus, um seine Befehle auszuführen. Sobald die Tür zu war, wandte sich Bors Steven zu.
„Nun? Wieso bist du zu spät gekommen?"
„Ich war mit Anna beschäftigt!", antwortete Steven auf Bors Frage.
„Hast du sie etwa verarztet?", wollte Bors wissen und schaute Steven wissbegierig an. Dieser schüttelte schwermütig den Kopf.
„Nein, hab ich nicht. Aber ich wollte es."
Bors erwiderte nichts und Steven schaute aus dem Fenster, dann seufzte er und fuhr fort.
„Sie vertraut mir einfach nicht. Egal was ich tue, sie wird mir nie vertrauen!"
„Sag niemals nie, Steven! So kenne ich dich gar nicht. Seit wann wirfst du als erster die Flinte ins Korn? Woher willst du wissen, dass sie dir niemals vertrauen wird?" entgegnete Bors stirnrunzelnd.
„Ich sah es in ihren Augen! Da ist was in ihren Augen gewesen, ich weiss nicht genau was, aber sie blickte mich gefährlich an.", erklärte Steven. Bors runzelte die Stirn noch tiefer, wollte was sagen, doch Steven drehte sich wieder zu ihm um und redete weiter.
„Ausserdem verändert Anna sich! Bors, sie ist nicht die du glaubst zu kennen!"
„Was soll das heissen?", fragte Bors schroff.
„Sag du es mir! Du sagtest, du kennst sie. Du sagtest sie wäre unterwürfig, hübsch und ein wenig mutig. Nicht zu vergessen, du hast Anna als ein sehr braves und gut erzogenes Mädchen geschildert!"
Bors runzelte abermals die Stirn.
„Was genau willst du mir sagen, Steven?", wollte er von Steven wissen.
„Ich meine damit, dass dieses Mädchen, das wir hier haben, nicht die gleiche ist, die du beobachtet hast. Sie hat sich verändert!", erklärte Steven aufgebracht, noch bevor Bors was sagen konnte, setzte er erneut fort. „Ich habe heute gesehen, dass sie nicht mehr die gleiche ist. Jetzt ist sie stark, widersetzt sich und rebelliert. Sie lässt sich nicht einmal verarzten."
„Vielleicht sollten wir Gewalt anwenden, um ihr zu zeigen wer das Sagen..."
„Nein!"
„Ich lasse nicht zu..."
„Und ich lasse nicht zu, dass du Anna verletzt, wenn ich sie nicht mal anfassen kann, um sie zu verarzten!"
„Ich kann es nicht zulassen, dass sie die Pläne zerstört!"
„Sie zerstört sie nicht! Sie... macht sie nur... schwieriger!"
Die beiden Männer sahen sich an und schwiegen.
„Bitte Bors, tu Anna nichts! Nicht solange ich sie nicht verarzten kann.", bat Steven bestimmt.
„Ich kann es dir nicht versprechen, Steven!", erwiderte Bors und seufzte. „Aber ich werde es versuchen."
Steven fiel ein Stein vom Herzen und ihm kam wieder etwas anderes im Sinn.
„Was ist das eigentlich für einen Plan, den du Jack aufgetragen hast?", wollte er von Bors wissen. „Von dem hast du mir noch gar nichts erzählt."
„Keine Sorge, es ist ein guter Plan und Jack wird diesen umsetzen."
„Deswegen mache ich mir ja Sorgen."
„Jack ist mehr als vertrauenswürdig!"
„Natürlich!", erwiderte Steven sarkastisch und wechselte erneut das Thema. „Wann können wir denn ins neue Haus einziehen?"
„In weniger als einem Monat, genau am Tag von Annas Geburtstag. Bin ich froh, dass Sheng uns genau solange hier bleiben lässt.", sagte Bors und lächelte dabei zufrieden.
„Ja, es könnte nicht besser laufen.", gab Steven eher lahm zu. Ihm wäre es lieber gewesen, wenn sie erwischt worden wäre, aber das behielt er für sich.
„Demnächst werden die Feste und Bälle von Adligen wieder beginnen.", begann nun Bors ein anderes Thema.
„Ja, ich weiss."
„Wir sind immer eingeladen und wir werden natürlich so oft hingehen, wie nur möglich."
„Klar, und was ist mit Anna?", fragte Steven, obwohl er die Antwort schon zur Hälfte kannte.
„Wir werden sie mitnehmen! Natürlich nur wenn die Zeit dafür reif ist.", sagte Bors in einem selbstverständlichen Ton und Steven konnte ihn nur entgeistert ansehen.
„Hast du vergessen das sie gesucht wird?"
„Bis dahin nicht mehr!", lachte Bors. „Das kannst du mir glauben, Steven!"



Anna wusste nicht, ob sie sich auf das Bett legen, irgendwo sitzen oder doch besser stehen bleiben sollte. Bei jeder Bewegung schmerzte ihr Rücken, schliesslich setzte sie sich auf den Boden. Wie es wohl den anderen ging? dachte sie, hoffentlich sind sie nicht verletzt. Sie dachte an ihr zu Hause, an Stefano und ihr Schwarm Adrian. Würde Anna sie jemals wieder sehen? Wenn Stefano überhaupt noch lebt. Nein, dachte Anna, an so was darf ich nicht einmal denken. Er muss einfach noch leben. Was werden jetzt diese Hirnbekloppten mit mir tun? Und wieso ich? Wieso kannten sie mich? Fragen, die Anna nicht in Ruhe liessen. Draussen wurde es dunkel, und sie konnte nur noch die Umrisse der Möbel im Zimmer sehen, da sie kein Licht einschaltete. Anna begann leicht zu zittern und wurde müde. Sie kämpfte gegen den Schlaf und die Schmerzen. Immer wieder fielen ihr die Augen zu, bis der Schlaf sie überkam und Anna auf den Boden einschlief.
Als Anna am nächsten Morgen aufwachte, lag sie im Bett ordentlich zugedeckt. Sie rieb sich die Augen, richtete sich auf, der Schmerz im Rücken war jetzt einigermassen erträglich geworden. Auf dem Nachttisch war bereits ein Frühstück gelegt worden. Beim Anblick von Croissants, Cornflakes, Milch und Honig bekam Anna doch Hunger, nahm das Tablett auf die Knie und begann das köstliche Frühstück zu essen. Sie fühlte sich so ausgehungert, dass sie das ganze Tablett leer ass. Sie legte es wieder zurück und sank ins Kissen zurück. Ihr Körper fühlte sich schwach und erschöpft an. Anna schloss die Augen und schon nach wenigen Minuten schlief sie wieder ein.




Hallo zusammen :)))
Wieder ein neues Kapitel, welches euch hoffentlich gefällt und sonst war es Pech. 😅
Kommentare und Likes wie immer willkommen. :))) 

Eure D.F. Saillants

Gefangen im Schatten der Liebe - Wieso ich?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt