Kapitel 7

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Steven hatte sich im Gang vor Annas Zimmertür bequem gemacht. Er hatte sich auf einen Stuhl gesetzt um die Papiere, die ihm Bors gegeben hatte, auswendig zu lernen. Gleichzeitig bewachte er Annas Schlafzimmertür. Er wollte nicht, dass Bors sich wieder vergass und Anna weitere Blessuren zufügte. Als er endlich alle Lords und Ladys plus seinen Stammbaum auswendig konnte, stand er auf, um nach Anna zu sehen. Er holte den Schlüssel aus der Tasche, steckte ihn in das Schloss und machte das Zimmer auf. Steven ging hinein, das Zimmer war jedoch leer. Er runzelte die Stirn, er hatte Anna schlafend im Bett erwartet, aber anscheinend ging es ihr besser da sie im Bad war. Sie war echt hart im Nehmen. Im Moment kannte er keine Schwachstellen bei ihr. Na dann, dachte Steven, kann ich ja wieder gehen! Er verliess das Zimmer, schloss es ab liess aber den Schlüssel stecken. Langsam ging er in sein Zimmer, zog sich aus und legte sich schlafen.



Tage vergingen, die Verletzungen auf Annas Körper heilten, die Tage wurden wärmer und länger, die Nächte kürzer, der Sommer kam, sowie auch der Geburtstag von Anna. Die meiste Zeit schloss sie sich im Bad ein. Sie fühlte sich dort sicherer. Dass sie nicht früher daran gedacht hatte. Sie sah selten jemanden, nur manchmal Steven, der ihr das Essen oder Bücher brachte. Wie immer suchte er ein Gespräch mit ihr und blieb wie immer erfolglos. Hie und da ass Anna was Steven brachte und manchmal nicht. Sie wollte es ihren Entführer so schwer wie möglich machen, musste aber darauf achten nicht völlig zu entkräften.
Anna wollte gerade ein Buch in die Händen nehmen, als Steven hereinkam, um das Frühstück zu holen. Er schaute auf das unberührte Frühstück auf dem Nachttisch.
„Hast du keinen Hunger?", fragte Steven vorsichtig. „Ich meine, du hast schon gestern nichts gegessen."
Anna schaute ihn an, zuckte mit den Schultern, ging zum Sessel am Fenster, um dort das Buch zu lesen.
„Geht es dir auch gut?", fragte Steven, doch Anna hatte ihre Aufmerksamkeit schon dem Buch zugewandt. Steven seufzte, nahm das Frühstückstablett mit und schloss die Tür. Nach einer Weile ging Anna ins Bad um sich wieder einzuschliessen. Sie machte es sich auf dem Boden bequem und begann das Buch zu lesen. Sie war nicht ganz bei Kapitel drei angelangt, da hörte sie die Zimmertür aufgehen. Das konnte nicht Steven sein, er kam immer regelmässig, nämlich immer am Morgen, am Mittag und am Abend.
„Anna?"
Bors Stimme liess Anna augenblicklich erstarren, unbewusst hielt sie den Atem an, bis sie erneut die Tür hörte, dann Stille. Wahrscheinlich ist er jetzt wieder gegangen, dachte Anna erleichtert und las weiter. Nach zwei, drei Stunden hörte sie wieder die Zimmertür und wieder hörte sie Bors ihren Namen rufen.
„Anna? Bist du da drin?", rief Bors und hämmerte gegen die Tür, sodass Anna heftig zusammen zuckte.
„Anna, mach die Tür auf!", forderte Bors, wieder hämmerte er gegen die Tür.
„Anna!?", rief Bors. Anna glaubte Panik in seiner Stimme zu hören, aber das bildete sie sich bestimmt ein. Sie stand auf und setzte sich auf den Klodeckel und begann wieder zu lesen.
„Anna, mach sofort die Tür auf!!!", befahl Bors, seine Stimme klang scharf und gefährlich. „Anna, mach mich nicht wütend!"
Das bist du doch schon, dachte Anna sarkastisch.
„ANNA!", schrie Bors und schlug auf die Tür ein, dass diese nur so zitterte. Sie hörte Bors auf der anderen Seite der Tür fluchen, dann hörte sie ihn eine Nummer ins Handy eintippen.
„Hallo Sheng, könntest du bitte ins Annas Zimmer kommen? Und bring noch Steven mit. Danke!"
Bors legte auf und wählte wieder eine Nummer.
„Fabio, komm sofort mit Ma-Long ins Zimmer von Anna!", befahl Bors gebieterisch und legte auf.
„Anna, wenn du nicht raus kommst, hole ich dich da raus!", drohte Bors, er wartete und seufzte tief. Jetzt gibt's kein zurück, dachte Anna, sie wusste, es würde böse enden. Auf der anderen Seite der Tür konnte sie jedes Wort verstehen.
„Boss? Wir sind hier!", sagte jemand, wahrscheinlich Fabio, dachte Anna.
„Sehr gut!", sagte Bors.
„Was ist los, Bors?", fragte Sheng.
„Wo ist Anna?", fragte Steven scharf.
„Darum geht es ja. Anna hat sich im Badezimmer eingeschlossen.", erklärte Bors wütend. „Und ich habe keine Ahnung, ob ihr was passiert ist oder ob sie sich absichtlich eingesperrt hat."
„Anna?", fragte Steven besorgt und klopfte an der Tür. „Bist du da drin?"
Doch Anna gab kein Zeichen von sich.
„Es gibt nur eine Lösung, die Tür einzuschlagen.", sagte Bors an Sheng gewandt.
„Macht es, aber bestraft sie dafür!", erwiderte Sheng finster.
„Keine Angst das wird sie.", knurrte Bors, er nickte Fabio und Ma-Long zu. Diese wandten sich der verschlossenen Tür zu, stemmten ihr ganzes Gewicht gegen die Tür. BOOM. Anna erschrak, was sollte sie jetzt tun? Am Boden liegen und so tun als wäre sie bewusstlos? Nein! Sich stellen? Sie hat keine Angst vor ihnen! Redete sie sich zumindest ein. BOOM. Krachend fiel die Tür aus den Angeln. Fabio und Ma-Long standen im Türrahmen, schnell gingen sie auf Anna zu, wollten nach ihr greifen, doch Anna schlug nach ihnen. Der Kun Fu Unterricht kam ihr hier zugute. Sie kämpften miteinander, es wurde ziemlich eng im Bad. Plötzlich kam noch jemand dazu, schlug Anna zu Boden und zog sie aus dem Bad. Er hob sie grob an den Armen, sodass sie auf den Knien lag. Ihre Arme wurden ihr am Rücken hochgezogen.
„Gut gemacht, Larry!", lobte Sheng. „Nun hat das Kämpfen aufgehört."
„Danke, Larry.", sagte Bors, seine Stimme war eiskalt. „Ich wäre dir sehr dankbar, wenn du sie auch noch in den Keller einsperren würdest."
Larry nickte, grob hob er Anna hoch und sie schaute zornig in Bors Gesicht. Bors erwiderte ihren Blick, die kalte Wut stand ihm ins Gesicht geschrieben. Larry zog Anna fort aus dem Zimmer, sie gingen die Treppe hinunter bis in den Keller, dort öffnete Larry eine Tür. Er schob sie hinein, drückte Anna zur Wand, hob ihre Arme und fesselte sie an den Ketten oberhalb ihres Kopfes.
„Viel Spass, meine Süsse!", flüsterte Larry in Annas Ohr und küsste sie auf die Wange. Lächelnd schloss er die massive Tür hinter sich zu. Die Ketten waren kalt und rasselten bei jeder Bewegung. Der Keller war noch kälter als das letzte Mal, glaubte Anna jedenfalls, wobei sie sich nicht an diesen Ketten erinnern konnte. Sie probierte sich daraus zu befreien, doch nichts gelang. Ich werde wohl warten müssen, dachte Anna bitter, was werden sie mit mir machen? Werden sie mich töten, weil ich nicht tue, was sie sagen? Sie wusste es nicht, sie wusste nicht einmal, wieso sie überhaupt entführt worden war. Anna wartete, sie wartete lange. Schliesslich öffnete sich die Kellertür, Anna blickte auf, Bors kam herein. Die Tür wurde wieder zugemacht. Bors schaute sie an.
„Die Strafe musste ein bisschen warten, weil ich, wenn ich wütend bin, dich vielleicht in meiner Wut umgebracht hätte!", meinte Bors. „Meint auf jeden Fall Steven."
Er lachte leise, sodass Anna ein frösteln durch ihren Körper fuhr. Bors fuhr fort.
„Aber so ist es besser, dann kann ich es ein wenig geniessen, wenn du leidest."
Anna beherrschte sich, um nicht gleich auf Bors loszuschreien.
„Wir werden uns ein wenig unterhalten meine Süsse.", meinte Bors. „Ganz einfache Gespräche. Ich frage, du antwortest!"
Er lächelte und ging ein wenig auf Anna zu.
„Wieso hast du dich im Bad eingesperrt?", fragte Bors, schaute ihr dabei ihn die Augen. Anna gab ihm keine Antwort und Bors seufzte.
„Ich wusste du würdest nicht reden. Deshalb habe ich etwas mitgebracht was deine Zunge ein wenig lockern wird."
Er holte ein kleines aufklappbares Jagdmesser hervor und ging zu ihr hin. Anna wollte sich mit den Beinen verteidigen, doch Bors war schneller und drückte seinen Körper gegen ihren. Sie konnte sich nicht mehr bewegen, sie spürte die Spitze des Messers an ihren, linken Unterarm. Ihr Herz schlug schneller und sie konnte nichts tun. Bors beugte sich zu ihrem Ohr, Anna spürte, wie ihr die Angst hochkroch, als er ihr die gleiche Frage zuflüsterte.
„Wieso hast du dich im Bad eingesperrt?"
Anna spürte seinen Atem, spürte die Klinge, sie schürzte die Lippen, blieb jedoch stumm.
„Wie du willst!", knurrte Bors, er drückte die Klinge in Annas Haut, und zog langsam nach unten. Anna keuchte, dann schrie sie. Warme Flüssigkeit floss an Annas Arm runter und tropfte auf den Boden. Bors hörte auf.
„Antworte!"
Anna schüttelte den Kopf, er schlug sie ins Gesicht und drückte erneut das Messer in die Haut. Anna schrie, als er die zweite Blutlinie machte. Ihr wurde schwindlig, dann wurde ihr schwarz vor den Augen.

Gefangen im Schatten der Liebe - Wieso ich?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt