Kapitel Zehn

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Mik

Der Weg durch den Dschungel zu dem Strand, an dem die Shell steht, ist mir kürzer vorgekommen als das letzte Mal, als ich ihn gegangen bin, um in die Stadt zu gelangen. Fast so, als hätte der Dschungel seine Pfade und geändert, damit es nur einen Weg gibt, den wir nehmen können.

Ich bin verärgert und beeindruckt zugleich. Ich habe über diese Beobachtung Stillschweigen bewahrt, um diesen Spielmachern, die uns ganz sicher permanent beobachten, nicht noch mehr Macht über meinen Clash zu gewähren, als sie sowieso schon zu haben scheinen.

Diese mickrige Rebellion erscheint mir jetzt töricht, denn in dem Moment, in dem ich die Namen der ausgewählten Clasher höre und keine andere Wahl habe, als Waylons zitternden Körper dabei zuzusehen, wie er durch eine automatisch geöffnete Tür tritt, lässt mich machtloser und gedemütigter fühlen als je zuvor.

Ich kann nichts anderes tun, als einfach hier am Fenster stehen zu bleiben und zu beobachten, wer von den beiden verängstigten Clashern mitten in dieser gottverdammten Arena den ersten Schritt machen wird, um den anderen zu töten.

Die Türen auf beiden Seiten schließen sich und Waylon und das Mädchen von Clash Blau sind alleine in der Arena. Obwohl Akira ihren Bogen mitgebracht hat, weigerte sich Waylon, ihn mit in den Kampf zunehmen. Vielleicht nur, weil er nicht weiß, wie er ihn benutzen soll, oder aber, weil er seine Gegnerin nicht noch mehr verängstigen will.

Waylon erscheint einem zwar auf den ersten Blick direkt gutmütig aber, dass er sogar so weit gehen würde und seine Chancen minimiert, nur um einer anderen Person entgegen zu kommen, hätte selbst ich nicht erwartet.

Ich dachte, Waylon sieht erschrocken aus, aber dieses Mädchen mit den welligen Haselnusshaaren ist einfach nur am Boden zerstört.

Ihr Weinen ist fast lauter als Waylons wackelige Stimme: "Hör zu." Vorsichtig hebt er eine Hand, um sie zu beschwichtigen, während er einen Schritt auf sie zugeht. Sie schreit sofort und läuft um einen der Felsen herum, um Schutz zu suchen.

"Du heißt Aurora, richtig? Ich will das hier auch nicht machen," sagt Waylon und schluckt schwer. Das zeigt mir, dass er versucht, stark zu sein, ohne dabei selbst das richtige Maß an Selbstvertrauen zu haben, aber irgendwie funktioniert es trotzdem. Genauso wie er es am ersten Tag im Dschungel tat, als ich auf die Bäume einschlug. Er wächst über seine eigenen Ängste hinaus, um anderen den Kopf zu waschen und wieder ist er von sich selbst überrascht. Ich frage mich, wie gut ich ihn wirklich eingeschätzt habe.

Die Stimme der Spielmacher schallt als lautes Echo durch die Arena: "Wenn ihr euch weigert zu kämpfen, werden zwei weitere Clasher auf den Kampfplatz gezwungen und drei Clasher werden heute sterben."

Meine Atmung stoppt kurzzeitig bei dem Gedanken daran. Aber gleichzeitig möchte ein lodernder Teil von mir jetzt dort drin sein.

Nicht um zu töten, sondern nur um die Kontrolle über diese Situation zu haben.

"Komm schon, Aurora! Du bist stärker, als du glaubst." Das andere Mädchen aus Clash Blau hämmert wild gegen das Glas in dem Raum mir gegenüber. Ihre Stimme wird gedämpft durch die dicken Scheiben zwischen uns. Ich kenne ihren Namen nicht, aber sie war diejenige, an der Aurora sich festhielt, als die Stimme ihren Namen gesagt hat und jetzt hat sie Tränen in den Augen, genau wie Aurora.

Alle anderen stehen einfach nur da und versuchen zu verstehen, was vor unseren Augen geschieht. Natürlich sitzt niemand in diesen verdammten Stühlen. Sie füllen den Raum mit einer Theateratmosphäre, was mich krank macht. Wollen sie, dass wir das genießen?

In den ersten Minuten läuft Aurora einfach von Waylon davon, dreht sich etliche Male um sich selbst in der verzweifelten Hoffnung auf eine Fluchtmöglichkeit. Waylon, der versucht, sie zu beruhigen, geht langsam hinter ihr her; jedoch ist sein Kiefer bereits angespannt.

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