Mik
Die Spielmacher nannten es Sieg, aber niemand jubelt.
Die ganze Nacht über diskutieren die Anderen über unser weiteres Vorgehen, alle sind sich einig, dass ein solcher Kampf nicht wieder stattfinden darf. Natürlich ist Zane derjenige, der am liebsten das blaue Clashgebäude stürmen würde. Und Zane ist auch derjenige, der alle meine Versuche mich in die Debatte mit einzubringen, untergräbt bis ich schließlich keine Lust mehr habe mich mit dem Großmaul anzulegen.
Mittlerweile ist ein neuer computergenerierter Tag angebrochen und dieses Mal versuche ich gar nicht erst den anderen klarzumachen, dass diese Streiterei uns nicht weiterbringt.
Waylon ist ebenfalls still, schon seit wir in unserem Clashgebäude aufgewacht sind, sagt er kaum ein Wort. Sein Blick ins Leere macht mir auch jetzt Sorgen. Es scheint, als hätte der Tod von Aurora ihn gebrochen.
Nun hockt er auf einem Trümmerteil, neben der Eingangstür, während die lauten Stimmen der restlichen Drei zu uns nach draußen dringen. Sein Haar steht in alle Richtungen ab, als hätte er es zu oft gerauft oder sich im Schlaf hin und her geschmissen. Eine nagelneue Brille sitzt auf seiner Nase. Der durchsichtige Glasrahmen entpuppt sie schnell als ein Geschenk der Spielmacher. Sie lag beim Aufwachen neben ihm. Ich würde sie hassen. Eine Erinnerung daran, dass er auf etwas angewiesen ist, was nur sie ihm geben können. Und auch nur, wenn er für sie tötet.
Schweigend setze ich mich zu ihm. Ich habe ein Brot mitgebracht, welches irgendjemand vorhin aus einem der Vorratsschränke herausgeholt hat und reiche ihm ein Stück.
"Nein. Ich will nichts essen."
Ich schiebe mir selbst eine verkrustete Ecke in den Mund.
Ich bin mir nicht sicher, ob er reden will oder einfach nur Gesellschaft braucht, aber ich will ihn nicht hier draußen versauern lassen. Ich war nie gut in so etwas, aber Waylon zu liebe versuche ich zu helfen. Ich mag den alten Waylon lieber als den schweigsamen, mit sich selbst ringenden, der jetzt neben mir sitzt.
Ich benötige mehrere Anläufe, bis ich mich dazu überwinden kann endlich ein Wort zu sagen.
"Waylon," Ich drehe mich zu ihm hin und seufze. Ich weiß nicht einmal, ob er mir überhaupt zuhört. Trotzdem rede ich weiter. "Falls es dir irgendetwas bedeutet, niemand hier gibt dir die Schuld an Auroras Tod."
"Ich gebe mir die Schuld an ihrem Tod."
Darauf weiß ich keine Antwort. Wir schweigen wieder, während Akiras Stimme aus dem Inneren des Gebäudes uns alle an die Pillen erinnert, die wir von den blauen Geistern in der Shell erhalten haben. Ab und zu hole ich meine aus der Tasche und drehe sie zwischen meinen Fingern herum, in der Hoffnung sie würde mir ihre Funktion offenbaren. Ein dunkelblaues Auge ist in die Seite eingraviert. Wächst mir davon ein drittes Auge? Wie soll man denn sichergehen, dass man die Pille gerade braucht oder verschwenden wird, wenn man dessen Wirkung nur erraten kann?
Akira und Jackson unterhalten sich jetzt über einen Computer, den sie in einem der oberen Zimmer entdeckt haben. Ich höre nicht mehr zu, denn in diesem Moment entscheidet sich Waylon, mir doch noch etwas zu erzählen.
"Es war ein schreckliches Gefühl, in diesem Baum festzustecken. Ich kann mich nicht mehr an viel erinnern." Sein Gesicht verdunkelt sich bei dem Versuch die richtigen Worte zu finden. "Ich konnte nur zusehen... ich habe geschrien."
"Waylon, du warst dieser Baum. Dein Körper..."
"Aber ich habe mich nicht verwandelt! Verstehst du nicht? Meine Gedankengänge, meine Empfindungen, alles was mich ausmacht, das war noch da. Gefangen." Sein eben noch feurig auflodernder Blick verläuft sich wieder in der Ferne.
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Warclash
AdventureZehn Clasher. Eine tödliche Insel. Ein gefährliches Spiel. Als Mik und Nia gemeinsam mit acht weiteren Clashern auf einer einsamen Insel erwachen, fehlen ihnen jegliche Erinnerungen an ihre Vergangenheit. Eine bedrohliche Instanz verspricht den Clas...