Kapitel Vierzehn

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Mik

Unter diesem Himmel, in dieser Dämmerung und mit seinen langen, fast weißen Haaren, erinnert Nia mich an einen Engel. In meinem Inneren schreit alles. Noch heute Morgen hat mein Clash die Pläne für diesen Kampf geschmiedet. Das ist es, was das hier werden soll: ein Kampf. Keine Shell mehr.

Wir wussten, dass sie kommen würden. Schon im Morgengrauen stand eine Kiste voller Waffen unter dem verpixelten Himmel. Die Spielemacher wollen Blut sehen.

Und zum aller ersten Mal haben Akira, Zane, Jackson und Waylon mir tatsächlich zugehört, als ich gesprochen habe. Ich musste ihnen von dem Computer und den Pillen erzählen, nach dem Gespräch mit Nia war ich fest davon überzeugt, dass er alles tun würde, um seinen Clash zu schützen. Zu dem Zeitpunkt war meine Wut noch nicht ganz versiegt.

Tatsächlich hat Jackson auch einen Computer bei uns gefunden, wusste aber nichts damit anzufangen. Anscheinend reichen seine Hackerfähigkeiten nicht so weit wie Calebs. Immerhin hat er eine Auflistung all unserer Namen, inklusive Fotos finden können, was vermuten lässt, dass auch Clash Blau das gefunden hat.

Nia, Caleb, Dean, Joyce und ein rotes X über Auroras Namen. So stand es auf dem flackernden Computerbildschirm. Werde ich noch heute einen von ihnen auf dem Gewissen haben? Niemals Nia. Ich muss ihn hier rausholen, nach unserem Gespräch ist mir das klarer denn je.

Jetzt starre ich den hageren Jungen an, wie er seine genauso verängstigten Teamclasher hierherführt. Zu uns, die genauso viel Angst haben und trotzdem gezwungen sind zu kämpfen.

Ich werde nicht zulassen, dass ihm etwas passiert. Koste es, was es wolle.

Zehn Meter vor uns bleiben sie stehen. Schnell zwinge ich mich Nias Gesicht nicht länger anzustarren.

Eine Weile lang spricht niemand. Auch mir steckt ein Kloß im Hals.

Schließlich ist es Akira, die als erste vortritt. Ihre braune Haut glänzt bereits vom Schweiß. Sie war diejenige, die wollte, dass jeder von uns jede verfügbare Zeit dafür nutzt zu trainieren. Niemand von uns ist ein Krieger, alles was wir haben, ist der unwiderrufliche Wille zu Überleben. Es erscheint mir wie eine gefährlichere Waffe als das scharfe Metall in meinen verdreckten Händen.

"Dieses Mal seid ihr diejenigen, die zu unserem Building kommen. Ein zweites Mal hauen wir nicht ab." Akiras Entschlossenheit schwingt in jedem Wort mit.

"Wir auch nicht." Nia tritt vor. Mein Atem stockt erneut. "Ich will das hier nicht, aber welche Wahl haben wir?" Seine Muskeln zeichnen sich schwach unter dem Neoprenanzug ab, als sein gesamter Körper sich anspannt.

Anstelle einer Antwort legt Akira einen stählernen Pfeil an und spannt die Sehne ihres Bogens. "Eine Wahl haben wir nicht."

Der Pfeil fliegt so schnell, dass niemand von den umstehenden reagieren kann. Mit einem Surren verfehlt er Caleb nur um Haaresbreite. Bevor ich sagen kann, ob das einschüchternde Absicht war, oder ein Fehlschuss, kommt Bewegung in jeden Einzelnen. Erst ist es Caleb, der erschrocken ausweicht und mit wutverzerrtem Gesicht auf Akira losstürmt, dann folgen nacheinander auch die anderen. Schließlich renne auch ich los.

Das ist deine Chance.

Je länger ich laufe, desto leichter wird das Schwert in meiner Hand. Adrenalin pumpt mit einem Mal wie mein eigenes Blut durch meine Adern. Es ist, als würde ich hierhergehören.

Wo ich hinlaufe, weiß ich vorerst nicht, nur weg von Nia. Die anderen wussten meinen Bericht über die Pillen zu schätzen, aber wenn sie wüssten, dass ich das nicht durch Einbrechen in das blaue Clashbuilding, sondern durch ein Gespräch mit Nia herausgefunden habe, würden sie mich niemals wieder zu ihm lassen. Damit niemand etwas ahnt, müssten wir jetzt kämpfen und ich kann mir nichts Schlimmeres vorstellen.

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