Kapitel 23

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Ich hielt die Luft an. Mein Kopf dröhnte und alles in meinem Körper schrie danach einfach wegzurennen. Stattdessen ließ ich mich von Hayes weiter in Richtung Erde drücken. Durch einen kleinen Spalt am Boden konnte man die dunklen Stiefel eines Wächters näherkommen sehen. So sehr ich auch wollte, ich konnte den Blick nicht abwenden. Jetzt waren wir am Ende.

Plötzlich ertönten aufgeregte Schreie und der Mann, der fast das Gebüsch erreicht hatte, machte auf den Absatz kehrt und rannte in die entgegengesetzte Richtung davon. Mir blieb fast die Spucke weg. In einiger Entfernung war Lucas zu sehen, der zum Spurt seines Lebens ansetzte. Dicht hinter ihm die fünf Männer und ihr Anführer, der sich nun doch von seinem Platz entfernt hatte. Sie waren verdammt schnell.

„Gott, Lucas. Ich hoffe er hat einen Plan", murmelte ich und schüttelte den Kopf. Ich wurde am Arm gepackt und in Richtung des Eingangs gerissen.

„Los, komm, sein Opfer bringt uns nichts, wenn wir jetzt nicht schnellstens zum Portal gelangen!", rief Hayes und ich nickte, wieder ganz bei Sinnen. Er hatte Recht. Es war Zeit zur Tat zu schreiten.

Die felsigen Gänge wirkten noch kälter als sonst und auch die Fackeln an der Wand trugen nichts zu einer Erwärmung der Atmosphäre bei. Wir hetzten durch die Tunnel, auf nichts achtend, mit dem einzigen Ziel so schnell wie möglich in die Hölle zu gelangen.

„Glaubst du, man hat ihn erwischt?", fragte mich Hayes gehetzt, aber leise und ich zuckte mit den Schultern. „Wenn er keinen Plan hat, dann werden sie ihn früher oder später einfangen. Aber Lucas weiß, was er tut", antwortete ich, teilweise auch einfach nur, um mich selbst zu beruhigen. Die letzte Kurve erschien vor unseren Augen und ich spürte, wie mein Herz noch einen Gang zulegte. Wir erhöhten noch einmal kurz das Tempo, dann zwängten wir uns durch die erste kleine Pforte und fanden uns direkt vor dem Portal wieder. Hayes und ich warfen uns einen letzten Blick zu und schritten hindurch.

Einen Luftzug später standen wir in den Gemäuern der Höllenfestung. Hayes links von mir, wir beide einen Moment sprachlos. Es war das vertraute Gefühl der Teleportation, das mich Innehalten ließ. Ich musste an meine Heimat denken, an das friedliche Gefühl von damals, als ich mir noch nicht so viele Sorgen hatte machen müssen. Hayes Hand an meinem Arm brachte den nötigen Impuls und ihm zunickend schritt ich zur Tür. Vorsichtig öffnete ich diese. Der Gang, der sich dahinter erstreckte, war leer und totenstill. Unheimlich still.

„Sieht frei aus", flüsterte ich, den Blick bereits auf die Türe geheftet, hinter der ich unser Ziel vermutete. „Dann los. Lass uns hier nicht länger bleiben als wirklich nötig"

Ich ging einige Schritte auf den Flur hinaus und wartete dann darauf, dass Hayes mir folgte. Er schlich sich an mir vorbei und übernahm die Führung den Gang hinunter. Es war trostlos. Steinerne Wände, einzelne Lichter an den Wänden und massig Staub und Dreck auf den dunklen Ablagen, die neben jeder Türe zu finden waren. Ich hasste diese Zellen und mein Körper sträubte sich regelrecht tiefer in diesen finsteren Teil meiner Vergangenheit vorzudringen. Schnell schüttelte ich die Gedanken ab, die sich aufdrängten und konzentrierte mich auf Hayes. Dieser war stehengeblieben und deutete stumm auf den Raum vor sich, der durch eine aus besonders starkem Holz zusammengeschlagene Tür von uns getrennt war. Drei Gitterstäbe waren darin eingelassen worden. Ich blickte vorsichtig hindurch, während Hayes den Gang im Blick behielt.

„Was willst du?"

Ich zuckte zurück. Die Stimme war klar und bestimmt, klang dennoch alt und erschöpft. Wieder spähte ich in den Raum und langsam gewöhnten sich meine Augen an die Dunkelheit. An der Wand gegenüber stand ein Tisch mit Hocker, links davon ein altes Bett, auf dem eine zusammengesunken Gestalt saß und finster zu mir rüber sah. Sie hatte den Körper in eine Decke gewickelt, die vermutlich auch schon bessere Tage gesehen hatte und um den Kopf war ein dunkles Tuch geschlungen, sodass nur noch die Augen daraus hervorblitzten.

„Du bist Black, richtig?", fragte sie nochmal.

„Ja", antwortete ich, viel zu erstaunt, dass sie meinen Namen kannte, um weiter auf sie einzugehen.

„Kommt er heute nicht vorbei? Bist deshalb du da?", sie lachte bitter auf, „Das sieht ihm ähnlich"

„Von wem sprechen Sie?"

„Lucifer", antwortete sie und diesmal schaute sie misstrauisch auf, „Er hat dich nicht geschickt?" Hinter mir hörte ich Hayes schnauben.

„Nein. Ich diene ihm schon lange nicht mehr, falls sie das meinen" Sie lachte wieder auf und schüttelte den Kopf. „Dann wundere ich mich noch mehr, was du hier suchst" Ich warf einen kurzen Blick über die Schulter zu Hayes. Dieser nickte nur, tippte sich zweimal auf eine Stelle am Handgelenk und gab mir somit zu verstehen, dass ich mich beeilen musste.

„Kommt Lucifer regelmäßig vorbei?"

„Früher ja. Aber in letzter Zeit nur noch sehr selten und eine Zeit war er ganz verschwunden. Niemand wollte mir etwas sagen. Das Essen haben sie mir gebracht und sind wieder abgehauen. Lucifer hat wenigstens noch mit mir gesprochen" Es erstaunte mich so etwas über ihn zu hören. Er war eben doch ein einsamer Teufel.

„Er war tot" Die Frau hielt in der Bewegung inne, sich etwas Wasser in einen Becher zu füllen. Dann stand sie langsam auf. Sie musste sich dabei an der Kopfstütze des Bettes hochdrücken und nahm anschließend einen abgegriffenen Stock, der am Tisch lehnte. Ich sagte nichts, wollte bloß nichts falsches sagen. Schließlich hielt sie direkt vor der Türe an, den Blick fest auf mich geheftet.

„Da du die Vergangenheit benutzt, würde ich sagen, jemand hat ihn wiederbelebt", ich nickte, „Und du willst wissen, wer dahinter stec- " Hayes klopfte mir hektisch zweimal auf den Rücken, als Zeichen, dass sich jemand näherte. Auch ich vernahm die entfernten Stimmen, die durch die hohlen Gänge getragen wurden.

Ich fluchte lautlos. Das konnte nicht wahr sein, nicht jetzt. Gerade als ich mich wegdrehte, um ein geeignetes Versteck zu finden, griff eine knöchrige Hand durch die Gitterstäbe und zog mich in einem Ruck wieder zur Türe. Geschockt starrte ich in das Gesicht der alten Frau, das jetzt nur noch durch die Türe von meinem getrennt war.

„Die einzige, die wirklich davon profitiert, ist Dana. Dieses Miststück von Gebieterin. Wer auch immer Lucifer wiedergeholt hat, muss auserwählt gewesen sein. Dana hat damals neben dem ersten Auserwählten auch eine Münze erschaffen, mit der sie ihn zu kontrollieren gedachte..." Ich brauchte einige Sekunden, um die Info sacken zu lassen. Das hieß...

Ich sah wieder zu ihr, bis in jede Pore schockiert.

Jemand packte mich von hinten und zog mich ruckartig von der Türe weg.


Liebe Leute, nach weitaus mehr als einem Jahr, geht es endlich weiter. Morgen Abend um diese Uhrzeit wird das nächste Kapitel erscheinen. Ich weiß, viele werden nicht mehr weiterlesen, weil sie nicht einmal mehr wissen, worum es in diesem Buch geht. Und das verstehe ich. Dennoch hoffe ich, dass nachfolgende Leser weiterhin Spaß an dieser Fortsetzung haben werde, deren dramatisches Finale doch schon bald naht.

Liebe Grüße,

Liebe Grüße,

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White  -die AuserwählteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt