Kapitel 9

1.4K 107 26
                                    

Nachdem wir sicher durch das Portal gegangen waren, fanden wir uns in der Kirche in Lightsky wieder. „Lightsky? Ich dachte wir wollten in die Hölle gehen?", fragte ich erstaunt und wandte mich mit einem fragenden Blick an die anderen, die, wie ich ebenfalls, auf dem Boden saßen und keine Anstalten machten aufzustehen. Ich konnten in jedem der drei Gesichter die Müdigkeit erkennen und wusste, dass das bei mir nicht anders war. „Wir können nicht einfach so in die Hölle spazieren, das müsstest du eigentlich mittlerweile wissen Aylin. Was auch immer dort los ist, wir sind bestimmt am aller wenigsten erwünscht", antwortete Hayes und mich hätte es nicht gewundert, wenn er dabei noch mit den Augen gerollt hätte. Ich war plötzlich wütend. Was fiel ihm ein so mit mir umzugehen? Seine abgehobene Art zurzeit nervte mich und ich hatte echt Lust ihm mit einer leicht schnippischen Antwort eine reinzuwürgen, doch wurde ich in meinen Gedanken unterbrochen. „Benehmt euch", meinte Lucas und warf uns einen warnenden Blick zu, was meine momentane Gefühlslage nicht besser machte. Er behandelte mich wie ein Kind, wie ein kleines Kind, das nur Quatsch im Kopf hatte. War ich das? Ich schüttelte den Kopf und stand auf. Während ich mir noch die Hosen abklopfte, waren die anderen schon an der großen Eingangspforte angelangt und warteten geduldig auf mich. Wenigstens das.

Ich hatte das Gefühl, dass niemand von uns so recht wusste, was wir machen sollten. Irgendwann blieb ich stehen und wartete so lange an der Stelle, bis die Jungs sich fragend umdrehten. Wieso schwiegen alle? „Was tun wir jetzt? Sinnlos in der Gegend rumzuwandern, ist, denke ich, die schlechteste Lösung", äußerte ich meine Gedanken leider etwas unvorsichtig und erwartete eigentlich schon, dass ich wieder eine genervte Antwort von Hayes bekam, doch der nickte. Kurz standen wir einfach so im Kreis, jeder dachte über einen Weg nach an Informationen zu kommen. Michael fragen? Nein, der würde uns sofort gefangen nehmen. „Wie wärs, wenn wir einfach irgendeinen Engel hier auf der Straße fragen?", schlug Lucas grinsend vor, woraufhin ich mir am liebsten an die Stirn klatschen wollte. Dass ich nicht selbst auf die Idee gekommen war.

Black hatte sich natürlich dafür bereit erklärt unseren Plan durchzuführen und stand mittlerweile bei einem kräftigen Engel mit Dreitagebart und riesigen schwarzen Schwingen. Sie redeten leise und die Unterhaltung schien entspannt zu verlaufen. Doch an einer Stelle wechselte sich plötzlich Blacks Verhaltensweise. Es schein fast, als würde er taumeln, fasste sich dann allerdings und redete mit erhobener Stimme auf den Mann ein. Ich runzelte die Stirn und sah fragend zu den anderen, doch diese zuckten mit den Schultern. Als Black dann zurückkam, war der düstere, niedergeschlagene Ausdruck in seinem Gesicht kaum zu übersehen. „Was ist los?", fragte ich neugierig. Black schwieg kurz, sah uns einfach nur an. „Das wird euch nicht gefallen"

„Er lebt?", rief ich erschrocken und mein Herz machte einen Satz. Das konnte nicht sein. Wie war das überhaupt möglich? Erst Lucas und dann auch noch Lucifer. Kein Wunder, dass in der Hölle alles drunter und drüber ging. Hayes schüttelte immer wieder den Kopf. „Das kann nichts sein. Wie verdammt noch mal haben du und er das geschafft?", wandte er sich an Lucas und seine Stimme triefte nur so von Misstrauen. „Wenn ich das wüsste Hayes, hätte ich euch das schon längst gesagt. Aber um es in deinen Kopf zu bekommen: Ich weiß es nicht!", antwortete Lucas und ging bedrohlich auf seinen Gegenüber zu. Schnell quetschte ich mich zwischen die Beiden. „Ist gut, lasst es bleiben. Ein Streit bringt uns jetzt nicht weiter", meinte ich, drückte sie auseinander und warf ihnen warnende Blicke zu. Es kehrte Schweigen ein, schon wieder.

„Dann ist es Lucifer, der uns sucht", stellte Black fest und schüttelte grimmig den Kopf. Ich nickte. „Wir müssen herausfinden, wie es möglich war, dass er nicht tot ist" „Vor allem wie wir dieses Mal gegen ihn vorgehen", ergänzte Hayes. Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt und sah dermaßen böse drein, dass es mir eine Gänsehaut den Rücken runter jagte. Mir kamen die Tränen, während ich auch die anderen beobachtete. Wen würde ich diesmal verlieren? Hatte ich überhaupt die Kraft all das noch einmal durchzustehen? So sehr ich es auch versuchte zu unterdrücken, die Tränen rollten meine Wangen herunter. Unauffällig versuchte ich sie wegzuwischen, doch schon begegneten mir drei besorgte Blicke. „Wir schaffen das, alle. Wir sind eine Gruppe und wir haben alle Schreckliches durchgemacht. Zusammen können wir es beenden, was auch immer hier abgeht", munterte Black mich auf, legte einen Arm um mich und lächelte mich an. Es war das wärmste und schönste Lächeln, das mir jemand jemals geschenkt hatte. Auch Hayes und Lucas nickten, lächelten mich an, was mir wirklich Hoffnungen machte. Noch immer zitterte ich, wischte mir immer wieder hastig die Tränen aus dem Gesicht. Doch langsam beruhigte ich mich, atmete immer wieder tief durch, während die anderen mich von neugierigen Blicken abschirmten.

„Lasst uns in die Bibliothek gehen", schlug Hayes vor. Niemand hatte einen besseren Plan, auch wenn es unwahrscheinlich war, dass es ein Buch gab, das über Auferstehungen von Engeln handelte. Ich nahm Blacks Hand, klammerte mich daran, als wäre sie mein einziger Halt. Er gab mir Sicherheit, etwas, das ich jetzt unbedingt brauchte. Black beugte sich zu mir runter.

„Ich liebe dich"




White  -die AuserwählteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt