Es ging schnell nach Hause zu kommen und so stand ich eine halbe Stunde später vor dem Haus meiner Eltern. Noch immer kamen mir unaufhörlich die Tränen und ich fühlte mich unglaublich verlassen. Ich konnte ihr Misstrauen einerseits verstehen, dennoch war ich darüber mindest ebenso enttäuscht. Es musste noch einen anderen Auserwählten geben. Ich war es nicht gewesen, das ergab alles einfach keinen Sinn. Ich hatte einfach keine Lust mehr mir weiter Gedanken darüber zu machen. Man hatte mich alleine gelassen, alleine gelassen mit riesigen Problemen, die ich nicht einmal verstand. Mit klopfendem Herzen betätigte ich den Klingelknopf und hoffte im ersten Moment, dass meine Eltern nicht da waren. Wie sollte ich all das erklären? Den Ausstieg aus der Schule, den kompletten Kontaktabbruch? Ich wartete ein paar Minuten, dann wurde die Türe von Innen aufgezogen und ich blickte meiner Mutter entgegen. Wir standen anfangs nur da und starrten einander an, bis mein Vater um die Ecke kam. „Aylin", hauchte meine Mutter und ein Lächeln umspielte ihre Lippen. Im Nuh fand ich mich in ihren Armen wieder, die sie fest um mich geschlungen hatte und die nötige Wärme spendeten, um mein Inneres zeitweise zu beruhigen. Nachdem meine Mutter mich losgelassen hatte, kam mein Vater an die Reihe. Es tat gut nicht zu reden.
„Wo warst du die letzten Monate?", wollte meine Mutter wissen und ihr durchdringender Blick ließ mich zusammensacken. Meine Augen wanderten auf dem weiß gefliesten Boden der Küche umher. Was sollte ich sagen? Was durfte ich überhaupt sagen? „Ich bin verreist, zusammen mit Hayes", antwortete ich und bei seinem Namen zog es mir alles zusammen. Ich vermisste alle drei jetzt schon, sehnte mich zu der Zeit zurück, in der sie alle so fürsorglich gewesen waren. War das jetzt endgültig vorbei? Würde ich sie jemals wiedersehen? „Aylin?", fragte mein Vater und ich schreckte hoch. Sie waren verwirrt und das verstand ich gut. „Entschuldigt. Ich habe Mist gebaut, weil ich euch über nichts informiert habe, es tut mir so leid." Ich schluchzte bei meinen Worten, wischte die Tränen dennoch nicht aus meinem Gesicht. Sie sollten sehen, dass ich es ernst meinte, dass ich mich im Nachhinein dafür schämte.
Wir hatten noch viel geredet. Ich hatte mich so oft entschuldigt, dass sie irgendwann schon fast genervt davon gewesen waren. Meine Rückkehr hatte ich damit begründet, dass Hayes und ich uns getrennt hatten. Es schmerzte, immer wieder aufs Neue. Denn eine Trennung von meinem Freund hatte ich wirklich hinter mir. Verzweifelt drückte ich mein Gesicht in das Kissen und schlang die Decke fester um meinen Körper. Der vertraute Duft machte mich schläfrig und ich ließ von der Frage ab, was ich ab morgen überhaupt machen würde. Irgendwie würde ich alles überleben, über das Geschehene hinwegkommen. Irgendwann bestimmt.
Blacks Sicht
Ungläubig sank ich zurück in den Sessel. Das konnte doch nicht sein. Nicht Aylin, nicht das Mädchen, dem ich so sehr vertraut hatte! Hayes neben mir schien ebenso entsetzt. Er raufte sich immer wieder die Haare und sah so verzweifelt drein, dass es in mir einen noch größeren Schmerz auslöste. „Ich glaube das nicht", hörte ich Lucas sagen. Mein Blick schnellte zu ihm. Wie bitte? „Wieso sollte sie lügen? Sie hat Recht, wieso sollte sie mit in die Bibliothek kommen, wenn sie es uns verschweigen wollte?", murmelte er dann und rieb sich nachdenklich das Kinn. Natürlich ergab es wenig Sinn, aber es passte zu Aylins seltsamen Verhalten der letzten Wochen. Die Stunden, die sie schweigend im abgeschlossenen Zimmer verbracht hatte, ihre wirren Worte manchmal, all das machte plötzlich Sinn. „Ich gehe", meinte Hayes, stand auf und ging auf den Ausgang zu. „Wohin?", rief ich ihm hinterher und machte mich eilig daran ihm zu folgen. Die polierten Holzdielen waren rutschig und so kam ich mehrmals schlitternd zum Stehen. „Ich gehe heim." Hayes hatte sich noch einmal umgedreht und warf mir einen traurigen Blick zu. Welches Zuhause meinte er? Hier in Lightsky hatten wir schon lange keins mehr, zu verstrickt waren wir in Probleme gewesen. „In das Haus, das ich seit Monaten als unser Haus bezeichne. Auch wenn Aylin jetzt nicht mehr da ist." Wollte er sie wirklich einfach ignorieren? Vergessen was gerade passiert war? „Black, ich kann ihr das nicht verzeihen, nicht nach all dem, was wir durchgemacht haben wegen Lucifer", flüsterte er und sprach damit genau das aus, was mir auf dem Herzen lag. Wie hatte sie nur so unvorsichtig sein können? Und wieso zur Hölle leugnete sie es jetzt? Auch wenn ich Lucas Einwand verstand, war dieser kaum ernst zu nehmen.
Sie war die einzige Auserwählte zu der Zeit gewesen.
Habe ein Kapitel geschafft und bin relativ zufrieden damit.
Was/Wer denkt ihr steckt hinter all dem?
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White -die Auserwählte
FantasyTEIL 2 DER SCHUTZENGELREIHE Nach Lucas Wiederauferstehung weiß niemand, was er sagen soll. Ist er der einzige, der den spektakulären Tod überlebt hat? Und wie soll das überhaupt möglich sein? Was Aylin und ihre Gefährten im zweiten Buch erleben, er...