Kapitel 18

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Blacks Sicht

Hastig sammelten wir uns um Hayes, der den Roman triumphierend in der Hand hielt. Der Titel verhieß schon nichts Gutes und ich wunderte mich nach den ersten Zeilen, was es im Regal der Geschichtsbücher zu suchen hatte. Die Schrift war recht groß und so konnten wir schnell die Seiten überfliegen. Ungefähr in der Mitte stockte Hayes und zeigte in einer Zeile relativ am Anfang der Seite. Das erste Wort, das mir ins Auge fiel, war ‚Lucifer' und ich seufzte. Hier hatte er einen Mann mit Hilfe von Angwarding wieder zurückgeholt. Ich schluckte, das sah echt nicht gut aus für Aylin. Hayes Miene verhärtete sich etwas und ich konnte mir sehr gut vorstellen, was in ihm vorging.

„Zeig mal, ich würde es mir gerne zu Ende durchlesen", meinte Hayes harsch und nahm Lucas das Buch aus der Hand. „Jetzt?", war meine Antwort und ich seufzte. Das würde ja ewig dauern und dazu hatten wir keine Zeit. „Vielleicht finden wir ja noch Hinweise?", entgegnete Hayes und ich zuckte nach einem Blick zu Lucas mit den Schultern. „Dann nimm es mit. Ich habe keine Lust hier lange zu bleiben und anschließend vielleicht noch erkannt zu werden" Hayes zögerte lange nach Lucas Aussage, entschied sich dann aber doch dafür den Roman mitgehen zu lassen. Ich war einverstanden, mir war es lediglich wichtig endlich Licht hinter das Ganze zu bringen.

Im Haus angekommen, schmiss Lucas sich auf das Sofa und beobachtete, genauso wie ich, wie Hayes sich in einen der Sessel setzte und das Buch hervorzog. Dann, mit aller Ruhe, blätterte er zu der Seite in der Mitte und begann zu lesen. Nach ein paar Minuten wurde es mir zu viel. Ich wandte mich Lucas zu, dessen Blick fragend auf mich fiel.

„Hunger?", fragte ich ihn und er nickte. Wir gingen in die Küche und fanden gerade noch etwas für Nudeln mit Tomatensoße vor. Ein Zeichen, dass wir dringend mal wieder einkaufen mussten. Als Hayes nach mehrmaligem Rufen nicht zum Essen kam, setzten wir uns schweigend gegenüber und beruhigten unser Magengrummeln. Eine unheilvolle Stille legte sich über uns. Sie zeigte genau das an, was uns schon lange klar war. Es würde nach dieser kurzen Ruhe wieder ein Sturm kommen, gewaltig und zerstörerisch. Wir hatten es bisher verdrängt, doch je länger ich den mir eigentlich völlig Unbekannten anstarrte und an Aylin dachte, die vermutlich gebrochen und tieftraurig bei sich zu Hause nach einem Sinn suchte, umso mehr wurde mir bewusst, dass es so nicht weitergehen konnte. Das, was wir alle getan hatten, uns zu verschließen, in Wut und Unglaube zu versinken, gelähmt von unseren Emotionen, war so unglaublich falsch gewesen. Wir hätten stattdessen die Zeit nutzen müssen, um einen Plan zu entwerfen wie wir all das wieder lösen können, hätten Aylin erstmal Glaube schenken und sofort nachforschen sollen. Mittlerweile war ich mir fast schon sicher, dass da mehr dahintersteckte.

„Was sollen wir jetzt machen?", fragte mich Lucas und unterbrach damit meine Gedanken abrupt. Ich zuckte mit der rechten Schulter. „Es wäre gut, wenn wir mit ein paar der Schutzengeln in Lightsky sprechen könnten, aber ich glaube, das ist für uns zu gefährlich. Wahrscheinlich steckt Michael da auch noch irgendwie drin", antwortete ich langsam, „Wenn wir doch wenigstens einen winzigen Anhaltspunkt hätten" Lucas nickte nur, ihm schien auch nichts einzufallen. Plötzlich hörten wir einen Aufschrei aus dem Wohnzimmer und mit dem Gedanke ertappt und angegriffen zu werden, rasten Lucas und ich in den Raum nebenan. Doch Hayes saß seelenruhig in seinem Sessel. Seine Augen funkelten leicht, als er seinen Kopf hob, um uns anzuschauen. Augenscheinlich hatte er etwas gefunden und mit der Hoffnung endlich ein paar Antworten zu finden, setzte ich mich direkt vor ihn auf das Sofa.

„Ich denke, ich habe einen Anhaltspunkt gefunden", meinte Hayes dann nachdenklich und wies auf die aufgeschlagene Seite des Buches. „Diese sogenannte Wiederbelebung war die erste, die überhaupt jemals durchgeführt wurde und unser Autor war meines Erachtens nach der Bruder des Toten. Die Frau hat Lucifer als Gegenleistung versprochen ihre Schutzengelbindung aufzugeben und ihm in der Hölle zu dienen. Michael und Dana waren damals auch dabei, als Zeugen nehme ich an" Ich stutzte. Dana? „Dann ist das ja wirklich lange her, wenn Dana zu der Zeit einfach noch rumspaziert ist", unterbrach ich Hayes, bevor erweitersprechen konnte. Die beiden nickten simultan. „Jedenfalls", nahm Hayes den Faden wieder auf, „ist es doch interessant zu wissen, wer da alles anwesendwar" Sein Augen wanderten zwischen Lucas und mir hin und her und er wollte mit diesem deutlichen Blick wohl etwas sagen. Ich verstand es nicht. Lucas wohl schon. „Du hast das doch gerade selbst gesagt, Black. Hier geht es um Michael. Stell dir doch vor, in was für einer Position er war nach Lucifers Tod. Er hatte weder Angwarding, noch Lucifer, der seine einzige Verbindung zu Dana war" Ich runzelte die Stirn, nickte dann langsam. „Aber wie soll er das geschafft haben? Angwarding war ja eben in Aylins Besitz. Eine andere Möglichkeit gibt es ja nicht", wandte ich ein. Das war sonderbar, irgendetwas daran schien nicht zu stimmen. Doch im Grunde war es richtig, es ging um die Machtsicherung von Michael, der mit Leo als fairen Herrscher sicherlich nichts anfangen konnte. „Eigentlich ist es ja so, dass wir lediglich von einer Methode wissen. Vielleicht gibt es ja doch noch eine andere" Ich sah zu Lucas. Er hatte ja Recht, aber der Weg, wie wir an mehr Informationen gelangen würden, war mir in keinster Weise klar.„Sollen wir dann wieder in die Bibliothek? Alle Bücher durchschauen?", fragteHayes zweifelnd. Keiner von uns wirkte überzeugt.

 Keiner von uns wirkte überzeugt

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White  -die AuserwählteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt