Ich öffnete langsam meine Augen und wünschte mir im selben Augenblick einfach unbesorgt weiter schlafen zu können. Doch schon strömten die Gefühle über mich herein und meine Gedanken kreisten wieder nur um das eine Thema. Ich versuchte den Kloß in meinem Hals herunterzuschlucken, doch dieser hatte sich festgesetzt und bewies ein weiteres Mal, dass ich wirklich viel geweint hatte. Denn auch meine Augen waren noch immer rot und stark verquollen. Ich fuhr mir langsam durch die Haare und musterte mein müdes Gesicht im Spiegel. Die Lebensfreude war diesem Gesicht entwichen, mir entgegen starrte eine fast schon magere Fratze, deren leerer Ausdruck scheinbar auf ewig eingemeißelt war. Ich seufzte.
Es roch im ganzen Haus nach Kaffee und Bacon, doch auch wenn mir bei dem Gedanken an mein Lieblingsfrühstück das Wasser im Mund zusammenlief, schaffte ich es nicht zu lächeln. Wann würde ich sie wiedersehen? Würde ich jemals noch einmal die Möglichkeit haben, sie von meiner Unschuld zu überzeugen? Es zerriss mein Inneres aufgrund meines Willens einfach wieder zu gehen und mich sobald wie möglich in Blacks Arme zu werfen.
Er hatte mich verstoßen, regelrecht mit Misstrauen geschlagen. Ich schluchzte und klammerte mich am Geländer der Holztreppe fest. Es tat so weh an ihre Gesichter zu denken, aber schlimmer war es zu wissen, dass ihr Misstrauen irgendwie auch begründet war. Die einzige Auserwählte war ich gewesen, diese Tatsache war nun mal beständig. Erst spät bemerkte ich, dass meine Eltern besorgt im Türrahmen der Küche standen und zu mir rauf sahen. Sie konnten die Tränen sehen, die nicht aufhörten und darunter die steinerne Maske, die ihnen keine Möglichkeit ließ tiefer in die Gefühlswelt ihrer Tochter zu sehen. Es war ihnen nicht erlaubt mehr zu wissen, überhaupt die Wahrheit zu erfahren.
Eine unangenehme Stille herrschte in der Küche, während jeder vor sich auf den Teller starrte. Ich dachte an die Zeit zurück, in der das hier üblich gewesen war, in der ich mich in diesem Haus wohl gefühlt hatte. Doch jetzt war ich so voller Schuld und Lügen, dass ich es kaum aushielt meinen Eltern in die Augen zu schauen. „Wir haben Liz Bescheid gegeben. Sie kommt nachher vorbei", meinte meine Mutter vorsichtig und mein Blick zuckte nach oben. Ich fühlte mich überrumpelt. Dazu war ich nicht fähig. Ich konnte jetzt nicht auch noch Liz alles erklären, mich bei ihr entschuldigen. Doch ich nickte einfach. Der Gedanke jetzt meinen Eltern zu widersprechen, löste einen mir unbekannten Druck in der Brust aus. Was sollte ich ihr sagen? Hatte ich überhaupt das Recht mich ihr Gegenüber zu verteidigen, nachdem ich einfach ohne Worte gegangen war? Ich konnte mir gut vorstellen wie enttäuscht sie gewesen sein musste, jetzt konnte ich es noch besser verstehen.
Ich beobachtete sie durch das Fenster des Wohnzimmers. Sie stand nun schon geschlagene fünf Minuten an derselben Stelle, mit der rechten Hand auf dem Türgriff und starrte auf den abgenutzten Holzschmetterling vor ihr an der Türe, den meine Mutter einmal vor Jahren dort angebracht hatte. Etwas zog sich in meiner Brust zusammen, immer stärker und nahm mir fast den Atem. Wahrscheinlich ging es ihr ähnlich, wohl eher aber vor Unbehagen. Gerade als ich einfach zur Türe gehen und sie öffnen wollte, klingelte es. Mit wackeligen Schritten durchquerte ich den großen Raum und entriegelte die Türe.
Wir standen uns schweigend gegenüber. Ganz eindeutig wartete sie darauf, dass ich als erste reagieren würde, doch ich war auf einmal wie versteinert. Sie hatte geweint. Eindeutig. Es versetzte mir einen heftigen Stich und von Gefühlen getrieben, ging ich ein paar Schritte auf sie zu. Vor ein paar Tagen noch hatte ich gedacht, dass ich meine beste Freundin nie wiedersehen würde und jetzt stand sie vor mir und ich brachte kein Wort über die Lippen.
„Du dämliche Kuh! Du Idiot! Du kleiner Egoist! Was hast du dir gedacht? Was hast du dir verdammt nochmal dabei gedacht unsere langjährige Freundschaft so zu hintergehen für ein Arschloch, dem du jetzt nur noch bitterlich und bemitleidenswert nachweinst?!", schrie sie und ich zuckte zusammen. Es war so plötzlich gekommen, dass ich es nur schaffte mich auf die letzten ihrer harten Worte zu konzentrieren. Doch auch diese trafen mich tief und hinterließen ein schmerzhaftes Vibrieren, das sich in meinem Bauch breitmachte. Ich gab ihr jedes Recht, sich über mich aufzuregen, doch ihr letzter Satz hatte etwas ausgelöst, das mich dazu brachte keuchend in die Knie zu gehen.
Bemitleidenswert hatte sie gesagt. Etwas, das ich nie hatte sein wollen, genauso wenig wie eine Person, die anderen nachweinte. Ich schnappte hektisch nach Luft und ließ mich zur Seite plumpsen. Ein Arschloch, ja, das war er, genauso wie sein Bruder. Doch irgendwo konnte ich dieses Wort für Black, Hayes und Lucas nicht akzeptieren. Irgendwo hielt ich an der Zeit der Geborgenheit und Liebe zwischen uns fest, die Zeit, in der ich mich am wohlsten in meinem bisherigen Leben gefühlt hatte. Sie hatten es geschafft, dass ich sie so sehr in mein Herz geschlossen hatte, dass ich sogar für sie gestorben wäre. Und ganz, ganz tief in meinem Inneren würde ich das noch immer tun.
Weil Liebe nicht einfach verschwand. Weil Liebe so viel tiefer ging als dass ein einziger Kratzer sie zerstören konnte.
„Aylin!", rief jemand und ich wurde leicht geschüttelt. Ich blinzelte ein paar Mal und wandte meinen verschwommenen Blick von dem einsamen Ahornbaum in der Ferne ab. Meine Eltern und Liz hatten sich über mich gebeugt und fast schon panisch immer wieder meinen Namen gerufen. Verwirrt sah ich zu ihnen auf.
„Was ist denn los? Rede endlich mit uns darüber!"
Hallihallo
Ich bin auch mal wieder dooo.
Habe es heute endlich mal geschafft ein Kapitel zu schreiben, dass mir ganz gut gefällt.
Ich habe Ferien *clap clap*
Vielleicht schaffe ich es jetzt ja mal mehr zu schreiben....
Ich habe by the way überlegt mal eine Lesenacht zu machen^^
Was haltet ihr davon?
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White -die Auserwählte
FantasyTEIL 2 DER SCHUTZENGELREIHE Nach Lucas Wiederauferstehung weiß niemand, was er sagen soll. Ist er der einzige, der den spektakulären Tod überlebt hat? Und wie soll das überhaupt möglich sein? Was Aylin und ihre Gefährten im zweiten Buch erleben, er...