Ich öffnete die Augen. Zumindest dachte ich, ich hätte sie geöffnet. Doch es blieb alles tiefschwarz. Ich schluckte eine Welle erste Verzweiflung runter, die durch die eisige Kälte um mich herum nur verstärkt wurde. Und dann erinnerte ich mich daran, was passiert war. Kurz vor meiner Ohnmacht hatte ich eine Stimme gehört. Es war ziemlich sicher eine weibliche Stimme gewesen. Ich setzte mich abrupt auf und begann eilig um mich zu tasten. Der Boden war hart und kalt. Träumte ich wieder? Was passierte hier bloß?
„Aylin, du bist also endlich wieder anwesend"
Ich zuckte zusammen und meine Atmung verschnellerte sich um das Dreifache. Der erste Drang war zu schreien, doch ich blieb still. Wer war sie? Und was wollte sie von mir?
„Wo bin ich?", fragte ich mit zitternder Stimme und setzte mich langsam auf. Nur mit Mühe konnte ich auf meinen wackeligen Beinen stehen.
„Du hast dich aus Angst in deinem eigenen Kopf verbarrikadiert. Ich brauche dich allerdings möglichst bald. Also hör auf mit dem Unsinn und wache auf!
Ich hatte was? Aber es machte Sinn, die Dunkelheit, das benebelnde Gefühl im ganzen Körper. Ich versuchte mich darauf zu konzentrieren, was die Frau noch gesagt hatte. Etwas davon, dass sie meine Hilfe brauchte? Wozu? War das meine eigene Fantasie? Entweder ich war Opfer meines eigenen durchgedrehten Verstands oder etwas Übernatürliches war hier am Werk. Und seltsamerweise, in Anbetracht der jüngsten Ereignisse, kam mir letzteres als wahrscheinlicher vor. Es wurde augenblicklich kälter um mich. Was immer diese Frau von mir wollte, es konnte nichts Gutes sein.
„Ich habe dich vielleicht etwas falsch eingeschätzt und bin die Sache zu unbesorgt angegangen. Glaub mir Aylin, egal wie stark du bist, ich bekomme, was ich wi-"
Die Stimme brach abrupt ab und ich konnte spüren, dass ich wieder alleine war. Ich hatte also die gesamte Kontrolle über meinen Körper zurückerlangt. Tief einatmend schloss ich die Augen und ließ mich zurück in die Leere fallen. Was auch immer mein Körper da unbewusst getan hatte, er hatte mir damit zumindest ein klein bisschen Zeit verschafft, um Herr über die Lage zu werden.
Blacks Sicht
Wie aus dem Nichts überkam mich ein sonderbares Gefühl der Enge. Es nahm mir die Luft zum Atmen und schien meinen Brustkorb brutal einzuschnüren. Ich schnappte hastig nach Luft und hielt mich instinktiv an der Sofalehne fest, um nicht die Kontrolle zu verlieren. Es hielt nur ein paar kurze Momente an, doch fühlte ich mich danach wie gerädert.
„Black, alles in Ordnung?", fragte mich Hayes besorgt, der mir gegenüber auf einem Stuhl Platz genommen hatte. Ich nickte, nur um direkt danach den Kopf zu schütteln. „Das muss etwas mit Aylin zu tun haben. Ich konnte die Schutzengelbindung spüren", antwortete ich ihm und versuchte diesem beunruhigenden Gefühl eine Bedeutung zuzuordnen. Hayes hob eine Augenbraue. „Ist sie in Gefahr?", wollte er dann wissen, legte das rote Stück Stoff in seiner Hand zur Seite und rutschte an die vordere Kante des Stuhls. Darauf hatte ich keine Antwort. Ich hatte nicht das Brennen gespürt, das einem Schutzengel normalerweise klar machte, dass sein Schützling in Gefahr war. Aber Aylin war ja auch kein normaler Mensch mehr.
„Wir können auch erst bei ihr vorbeischauen, sicher gehen, dass alles gut ist, falls dir das lieber wäre?", meinte Lucas von der Wohnzimmertüre aus. Er hatte es also auch mitbekommen. Wieder schüttelte ich den Kopf. „Nein, das nimmt uns zu viel Zeit und wir können Aylin nicht vertrauen. Was auch immer das war, es zeigt nur, dass etwas ganz und gar nicht mit ihr stimmt" Hierbei schien weder Hayes noch Lucas etwas erwidern zu wollen. Also machten sie sich wohl ähnliche Gedanken wie ich und es zeigte, dass wir uns mit unserem Plan beeilen sollten. Mein Blick fiel auf den Stoff auf dem Tisch.
„Was ist das eigentlich?" Hayes nahm es als Antwort wieder in die Hand und hielt es in die Luft, damit es sich entfalten konnte. Das Werk entpuppte sich als Ebenbild der Wächtertücher, die diese immer um den Arm gebunden trugen. Sie hatten ein schwarzes Logo mit den Initialen Lucifers aufgestickt. Hayes hatte dies erstaunlich gut nachgebildet. Ich lächelte, erfreut über die Tatsache, dass die Umsetzung unseres Plans bisher funktionierte. Als ich aufstand, klopfte ich Hayes kurz aufmunternd auf die rechte Schulter und machte mich anschließend auf den Weg nach oben. Bevor wir in die Hölle zurückkehren würden, brauchte ich noch Schlaf. Viel Schlaf.
Ja upsi,
irgendwie ist das Kapitel recht kurz geworden. Allerdings hat das natürlich seinen Grund.
Ich hoffe ihr habt Spaß beim Lesen,
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White -die Auserwählte
FantasyTEIL 2 DER SCHUTZENGELREIHE Nach Lucas Wiederauferstehung weiß niemand, was er sagen soll. Ist er der einzige, der den spektakulären Tod überlebt hat? Und wie soll das überhaupt möglich sein? Was Aylin und ihre Gefährten im zweiten Buch erleben, er...