Kapitel 8

1.3K 111 12
                                    

Völlig erschöpft hielt ich mich an einem der unzähligen Baumstämmen fest. „Weiß eigentlich jemand wo wir sind?", fragte ich und drehte mich kopfschüttelnd im Kreis. Meilenweit erstreckten sich nur Bäume und ich seufzte niedergeschlagen. Jetzt hatten wir nicht einmal mehr ein Dach über dem Kopf. „Ich habe darauf geachtet, wo wir langgehen. Von hier aus ist es eine halbe Stunde zum Portal, wenn wir fliegen", antwortete Black. Also waren wir wohl wirklich auf dem Weg in die Hölle, wortwörtlich. „Wir sollten warten bis es dunkel ist", schlug Lucas vor und wir nickten einstimmig. Müde setzte ich mich auf das Moos, das den Waldboden größtenteils bedeckte und lehnte mich an einen der Stämme. Black setzte sich neben mich und schenkte mir ein Lächeln, das ich erwiderte. Ich wollte gerade einmal an gute Sachen denken, nicht an das, das wahrscheinlich kommen würde. Wenn Lucas wieder von den Toten zurück war, dann bestand auch eine Chance, dass Lucifer es ebenfalls geschafft hatte. Hoffentlich nicht, nicht noch ein weiteres Problem. Ich seufzte und sah mich um. Die anderen Beiden hatten sich hingelegt und die Augen geschlossen. Bei Lucas wirkte es, als würde er wirklich schlafen, aber Hayes war deutlich unter Anspannung. Er passte immer auf, dass er alles unter Kontrolle hatte, fast wie ein Hund. Ich musste lächeln bei diesem Gedanken.

Es war stockdunkel, als wir uns für den Abflug bereitmachten. Ich hatte zwischendurch auch geschlafen und fühlte mich jetzt wieder fit genug, um zu fliegen. Vorsichtig traten wir aus dem Wald, spähten in alle Richtungen. „Was ist, wenn sie uns beim Portal auflauern?", fragte ich und erzitterte unter dem Gedanken erneut gegen Engel kämpfen zu müssen. Lucas zuckte mit den Schultern. „Dann ist es so, wir müssen jedenfalls da durch", antwortete er und ich ließ mich von Black noch ein paar Meter weiter aufs Feld ziehen. Dann öffnete ich vorsichtig meine Flügel und hob mit den anderen zusammen in die Luft ab.

Black gab die Richtung an und ich musste zugeben, sein Orientierungssinn war ziemlich beeindruckend. Ich hätte in fünf Jahren nicht zum Portal gefunden, geschweige denn überhaupt aus dem Wald raus. Alle schwiegen vor sich hin und auch ich genoss die frische Luft, die um meinen Körper zog. Es brachte mir einen klaren Kopf. In der Ferne erstreckte sich ein kleines Dorf, dessen wenige Lichter ruhig vor sich hin schimmerten. Ich vermisste mein Zuhause, mein Bett und vor allem meine Eltern. Was die wohl von mir dachten? Hoffentlich machten sie sich keine allzu großen Sorgen. Und Liz. Ob sie wohl jetzt eine andere beste Freundin hatte? Erst jetzt fiel mir auf, dass ich vermutlich niemals den Schulabschluss machen würde, niemals studieren, nichts dergleichen. Es war erdrückend und erst als wir vor den Ruinen der Kirche standen, in dessen Inneren das Portal zu finden war, konnte ich wieder ohne den Druck auf der Brust atmen. Es war still und unheimlich. Doch so sehr ich mich auch auf alle Geräusche und Bewegungen konzentrierte, es war nichts Verdächtiges zu erkennen. Waren diese Engel wirklich nicht auf die Idee gekommen, dass wir eventuell durch das Portal gehen würden? Ich schüttelte verständnislos den Kopf, deren Intelligenz war in Frage zu stellen. „Sie können immer noch drinnen warten, freu dich lieber nicht zu früh Aylin", meinte Hayes warnend. Ich nickte, er hatte Recht. Im Gebäude gab es noch immer einhundert Möglichkeiten uns zu überraschen und umzubringen.

Die Eiseskälte in der Ruine ließ mich erschaudern und vorsichtig tastete ich nach Blacks Hand, die ich fest umklammerte. Ich hasste gruselige Orte, allein deswegen hatte ich bisher nie Horrorfilme geguckt. Doch die Jungs ließen keinen Rückzug meinerseits zu, also hatte ich keine Wahl. „Auf in den Tod", murmelte ich und drückte mich noch ein bisschen näher an meinen Beschützer. Black hingegen schien völlig gelassen, genauso wie Hayes und Lucas, die knapp vor uns den dunklen Gang hinabschritten. Es war wie die letzten Male, kalt und furchteinflößend. Wir waren alle still und lauschten angestrengt, doch außer unserer Schritte war für mich nichts zu vernehmen. Ich entspannte mich ein wenig und erlaubte es mir tief durchzuatmen. Vielleicht hatten wir es ausnahmsweise wirklich mal mit minderbemittelten zu tun. Doch genau während dieses Gedankens blieben Hayes und Lucas abrupt stehen. Ich zog sofort den Kopf ein und fing an hektisch zu atmen. Dann hörte ich es auch. Den Widerhall von mehreren eiligen Schritten weiter vor uns. Und diese Schritte kamen eindeutig näher. Ich spürte wie ich mich versteifte und meine Hände klammerten sich um Angwardings Griff, woraufhin dieser blau aufleuchtete. Innerlich machte ich mich auf einen Kampf bereit, so sehr ich mich in Gedanken auch dagegen wehrte. Ein paar Meter vor uns machte der Gang eine scharfe Biegung und an der Wand, die uns gegenüberlag, konnte man jetzt deutlich die flackernden Lichter erkennen. Gut, dass wir selbst keine hatten, wir hätten uns schon verraten. „Hier lang", zischte Hayes und ich spürte nur, wie ich nach links in eine Nische gezogen wurde. Es war eng und rutschig, schützte uns aber optimal vor Blicken und vor allem vor Licht. Dicht aneinander gedrängt standen wir da, versuchten so leise wie möglich zu atmen und auch sonst keine Geräusche zu machen. Mein Herz schlug mir bis zum Hals und ich konnte nur daran denken, dass es an uns lag unentdeckt zu bleiben. Das Licht schob sich um die Kurve und die kräftigen Schritte hallten nun so laut von den Wänden ab, dass ich mich unwillkürlich noch weiter nach hinten drückte. Blacks Hände ruhten auf meiner Taille, drückten mich an seinen beruhigend warmen Körper und versicherten mir, dass ich nicht alleine war. Dann lief der erste Engel an uns vorbei. Er trug eine normale dunkle Jeans, dazu allerdings eine dicke, schwarze Jacke und ein Schwert, dessen Klinge im Flackern der Fackeln bedrohlich schimmerte. Gerade als ich dachte der erste Engel wäre vorüber, blieb dieser stehen und blickten den anderen entgegen. Über meine Arme zog sich eine Gänsehaut, als ich sein Gesicht betrachtete. Er hatte eine riesige Narbe quer über das Gesicht und wenn ich mich nicht täuschte, hatte er pechschwarze Augen, deren Bedrohlichkeit von dunklen buschigen Brauen verstärkt wurde. Ich hielt den Atem an und lauschte auf seine Worte. „Wir gehen nach oben, machen eine kleine Pause und laufen dann erneut den Rundgang. Und um es deutlich zu machen: Wer dem Herrn der Hölle auch nur ein kleines Wörtchen von dieser Pause erzählt, dem reiße ich eigenhändig das noch pumpende Herz heraus", informierte er seine Untergebenen mit einer ruhigen Stimme, die jedoch im Nachklang so furchteinflößend war, dass es mich erzittern ließ. Die anderen sagten nichts, sondern folgten ihm einfach. Erst als der komplette Gang wieder im Dunkeln lag und kein Geräusch mehr zu hören war, trauten wir uns aus dem Versteck zu kommen. Ich ließ mich stumm von Black weiterziehen und achtete nur darauf einen Fuß ordentlich vor den anderen zu setzen. Gott sei Dank waren wir nicht entdeckt worden, gegen diesen Mann und seine einschüchternde Persönlichkeit hätte ich nichts tun können.

Here we are

at the end of the year...

Ich wünsche euch zu diesem Anlass eine  guten Rutsch 

und ein ganz tolles neues Jahr! <3

Bis 2018, 

eure Luna 

White  -die AuserwählteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt