Kapitel 15

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[Teil 3 der Lesenacht]

Blacks Sicht

Wir waren gänzlich schweigend nach Hause zurückgekehrt. Niemand war willig gewesen die Stille zu brechen und so saßen wir jetzt alle ebenso leise im Wohnzimmer und starrten in möglichst unterschiedliche Richtungen. Sogar Lucas hielt sich zurück und betrachtete störrisch seine Finger. Ob er wohl noch immer daran festhielt, dass Aylin unschuldig war? Wenn ich an Aylin als Person dachte, traute ich es ihr ebenso wenig zu. Aber hier ging es darum den Tatsachen ins Auge zu sehen und diese waren nun mal allessagend. Zeitweise wünschte ich mir wirklich mit ihr darüber sprechen zu können. Zu stark brannte die Frage in meinem Kopf, wie sie es mit dem Schwert alleine geschafft hatte. Und ob sie sich denn nicht schlecht fühlte uns alle so hintergangen zu haben. Ich raffte mich mühselig auf und warf noch einen kurzen Blick auf Hayes. Es schien ihn besonders mitzunehmen, denn ab und zu waren Tränen in seinen Augenwinkeln zu sehen, die er mit einer flüchtigen Handbewegung wegwischte. Es verletzte mich noch mehr ihn so zu sehen, immerhin war er mein Bruder. Mit zusammengepressten Lippen stieg ich die Treppe hoch auf mein Zimmer.

Mein Zimmer. Ich sah mich um. Überall lagen noch Sachen von ihr und es roch wundervoll nach Lavendel. Es war ihr Geruch, der einen Stich in meinem Herzen auslöste und mich dazu brachte auf die Bettkante zu sinken. Ich hatte sie verloren, sie, der ich so vertraut hatte wie niemand anderem. Aylin hatte mir tatsächlich das Herz gebrochen, auf so schreckliche Weise, dass sich mein Körper vor Abscheu zusammenzog. Wie hatte sie es wagen können die Person wiederzuholen, die Kira getötet und uns monatelang terrorisiert hatte? Meine Hände pressten sich zu Fäusten und keuchend legte ich den Kopf auf die Brust. Es schmerzte so sehr. Zu sehr. Und doch konnte ich die Gedanken an sie nicht verbannen. Vor meinem inneren Auge erschienen ihre glänzenden Haare, ihre strahlenden grünen Augen und ihr wunderschönes Lächeln, das mein Herz zu jeder Zeit erwärmt hatte. So sehr ich es mir auch wünschte, es war nicht möglich zu leugnen, dass auch ich meine Zweifel hatte. Wie hatte so ein herzensguter Mensch so etwas tun können? War ihre Sehnsucht nach Lucas so groß gewesen? Aber wieso? Was zog sie zu ihm, so stark, dass sie selbst solch eine Bürde auf sich nahm? Immerhin liebte sie mich.

Tat sie das? Hatte sie das überhaupt jemals? Wütend knurrte ich auf und boxte mit der bloßen Faust gegen den Bettpfosten. Es schmerzte und das Knacken der Knochen war wohl die einzige Reaktion auf mein unüberlegtes Handeln. Ich musste sie vergessen, jetzt sofort. Sonst würde ich wahnsinnig werden, vielleicht schlimme Dinge tun, die die Situation nicht verbessern würden. Außerdem bestand noch immer das Problem mit Lucifer. Wie sollten wir das in den Griff bekommen? Ob er uns noch immer suchte? Wahrscheinlich waren wir hier erstmal sicher, da sie sicherlich nicht vermuteten, wir würden zurückkehren.

Und Aylin? War sie denn sicher? Denn so verantwortlich sie auch für die Situation war, sie befand sich vermutlich in noch größerer Gefahr als wir anderen. Ob sie sich dem bewusst war? Was sie wohl überhaupt gerade machte? Ich biss mir auf die Unterlippe, um mit dem Schmerz meine Gedankengänge zu stoppen. Wenn ihr etwas passierte, würde ich es mitbekommen, ganz gleich ob ich wollte oder nicht. Ich hörte leise Schritte auf der Treppe, die nach einer kurzen Weile verklungen und dann vom Quietschen der Nachbartüre übertönt wurden. Vermutlich war es Hayes, der sich entschieden hatte sich hinzulegen.

Mit dröhnenden Kopfschmerzen legte ich mich auf das Bett. Seit zwei Stunden hatte ich nun versucht mich zu beruhigen und zu entspannen. Doch immer wieder schwirrten mir die gleichen Fragen im Kopf herum und hinterließen ein grausames Pochen, als wollte mich mein Kopf daran hindern sie zurückzulassen. Mir wurde klar, dass ich mit den anderen reden musste, um Linderung zu erhalten. Ich nahm an, dass es ihnen genauso ging wie mir und sie ebenfalls kein Auge zu bekamen.

Es wunderte mich, dass ich Lucas und Hayes in einem Bett vorfand. Sie waren beide augenscheinlich zu müde zum Streiten und starrten Rücken an Rücken an die ihnen gegenüber liegenden Wand. Das karg eingerichtete Zimmer wirkte trostlos und übermittelte ein zusätzlich niederschmetterndes Gefühl. Ich wollte mir wohl nicht eingestehen, dass ich dieses Haus leid war. Genauso wie die gegenwärtige Situation. Sie erlaubte mir nicht durchzuatmen, ließ nicht zu, dass ich auch nur für eine Minute völlig entspannt die Augen schloss.

Es war wegen ihr passiert. Wegen Aylin.


Das war der letzte Teil der Lesenacht! 

Ich hoffe sie hat euch gefallen und ihr bleibt weiterhin munter dabei und lest mit. Wie es in den nächsten Wochen weitergeht, habe ich mich noch nicht entschlossen. Momentan habe ich Ferien, gehe aber ab nächstem Schuljahr in die zwölfte Klasse und muss dann viel lernen (Abitur, juhu). Deswegen bin ich mir unsicher, ob es sinnvoll ist ein regelmäßiges Upload-Datum einzurichten.

Aber dazu später mehr. 

Schlaft gut und bis bald, Luna.

Schlaft gut und bis bald, Luna

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White  -die AuserwählteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt