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Nach 15 Minuten renne ich runter. Hoffentlich verzeiht er mir die fünf Minuten Verspätung… Doch als ich in die Küche komme, ist der gesamte Tisch leer geräumt. Ich schaue auf den leeren Tisch, als plötzlich die Stimme meines Vaters mich zusammen zucken lässt. „Du bist zu spät!“ weist er mich darauf hin, was ich sowie so schon weiß. „Ich weiß. Kann ich bitte doch noch frühstücken?“ Ich drehe mich um. „Nein. Dafür ist es zu spät!“ sagt mein Vater. Er wirft mir ein trockenes Brötchen hin. „Aber verhungern lassen kann ich dich ja auch nicht.“ Dann dreht er sich um du geht. Das Brötchen liegt auf dem Boden. Schnell hebe ich es auf und beiße ab. Nachdem ich mein Brötchen gegessen habe, ziehe ich mir meine Jacke an und öffne die Tür. „Wo gehst du hin?“ ruft mein Vater aus dem Wohnzimmer.  „In die Stadt.“ Antworte ich. „Sei um Punkt 18 Uhr wieder zurück!“ Ich verlasse das Haus.

Draußen fange ich an zu laufen. Immer schneller laufe ich Richtung Stadt, bis ich plötzlich gegen  Etwas knalle. Besser gesagt gegen Jemanden. Zwei starke Arme fangen mich auf. Ich schaue auf und blicke in wunderschöne Augen. Als ich die dazugehörige Stimme höre, hüpft mein Herz. „Hey Aimee, wohin willst du denn so schnell?“ fragt Benny. Ich lächle ihn an. „In… die… Stadt…“ keuche ich, noch  ziemlich außer Atem.  Sehr guter Auftritt… sagt meine innere Stimme sarkastisch. Er lacht. „Da komme ich gerade her. Ich war eigentlich auf dem Weg zu dir.“ Hah, von wegen Schicksal… „Oh… Was wolltest du denn von mir?“ Er grinst und antwortet: „Ich wollte dich fragen, ob du mit mir ins Kino gehen willst…“ Ich lächle und nicke schnell. „Ja, natürlich!“ Er grinst, schließt den letzten Raum zwischen uns, indem er auf mich zukommt und sanft meine Hand nimmt. Die Berührungen von ihm tun so gut…  Er führt mich weiter in Richtung Stadt. Als wir beim Kino ankommen, fragt er mich, welchen Film wir gucken wollen. „Ist mir eigentlich egal… Was guckst du denn so am liebsten?“ Er lächelt. „Horror oder Actionfilme!“ Ich lächle zurück. „Gut dann Horror.“ Er legt den Arm um mich und geht  mit mir zur Kasse. „Zwei Karten für Before I wake bitte.“ Er bezahlt die Karten und legt seinen Arm um meine Taille. „Wir müssen zu Kino 5.“ Sagt er. Wir laufen die Treppen hoch und kaufen uns oben angekommen eine große Popcorntüte und eine große Cola. Ja. EINE! Er bezahlt wieder alles und wir gehen in den Saal. Außer uns ist noch kein Anderer drinnen. Wir suchen unsere Plätze. Als wir sie gefunden haben, schaue ich auf eine Kuschelbank. Benny setzt sich hin und klopft neben sich, als Aufforderung mich neben sich zu setzen. Ich lasse mich langsam darauf nieder. Ich weiß es ist albern, aber irgendwie sind wir uns meiner Meinung nach plötzlich viel zu schnell viel zu nah gekommen. Ich lasse normaler Weise Menschen nicht so schnell an mich ran… Dann fängt der  Film an. An einer besonders gruseligen Stelle drücke ich mich in den Sitz. Plötzlich spüre ich wie Benny den Arm um mich legt und mich sachte zu sich heran zieht. Ich lehne mich an seine Brust und er streichelt meinen Unterarm. Dann drehe ich mein Gesicht langsam zu ihm und schaue zu ihm hoch. Er nimmt mein Gesicht in die andere Hand. Ich zucke zusammen, als er meinen schmerzenden Kiefer berührt. Bilder, wie mein Vater mich wütend ansieht, tauchen in meinem Kopf auf und ich drehe mich schnell von ihm weg, murmel eine Entschuldigung, stehe auf und lasse ihn allein im Kinosaal zurück. „Aimee!“ höre ich ihn noch rufen, dann knallt die Tür zu. Ich gehe auf eine der Toiletten, stelle mich vor den Spiegel und sehe mir selbst in die Augen. „Alles ist gut, Aimee. Er ist nicht hier! Hier ist nur der liebevolle Benny, der das wirklich nicht verdient hat. Gehe jetzt da raus und vergesse deinen Vater einfach für ein paar Stunden.“ Spreche ich mir selbst Mut zu. Ich atme noch einmal tief durch, setze ein Lächeln auf und verlasse die Toilette wieder. Auf dem Flur sehe ich Benny hilflos umher irren. „Suchst du was?“ frage ich ihn lachend, aber es ist kein echtes Lachen. „Ja! Dich! Wo warst du?“ besorgt läuft er mir entgegen und mein Herz wird schwer. Ganz ruhig bleiben! „Ich musste halt mal…“ sage ich etwas zu laut. Statt irgendetwas zu sagen, zieht Benny mich einfach in seinen Arm. Dann halte ich es nicht mehr aus und breche zusammen. Meine Beine geben nach. Würde Benny mich nicht halten, wäre ich gefallen. Ich schluchze auf, aber Benny hält mich einfach nur fest, sagt nichts. Ich bin ihm so dankbar dafür. Nachdem ich mich langsam wieder beruhigt habe, löse ich mich aus Bennys Umarmung. „Was ist denn los?“ fragt er mich vorsichtig. Ich schaue zu Boden. Unmöglich kann ich ihm das mit meinem Vater erzählen… Benny merkt, dass ich nicht reden will und nimmt mich einfach wieder in Arm. Ich will jetzt eigentlich nicht mehr berührt werden, bin aber zuschwach um ihn wegzustoßen. Stärke ist noch nie meine Stärke gewesen… Schließlich schaffe ich es doch mich von ihm zu lösen und ihn zu fragen: „Bringst du mich bitte nach Hause?“ Obwohl das eigentlich genau das ist, was ich am allerwenigsten wollte. Denn nach Hause bedeutet zu meinem Vater zurück.

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