Life goes on.

25

„Aua!" Ich reibe mir meine schmerzende Hüfte. Ich blicke hoch und kann die Dachspitze sehen. Scheiße! Wie hoch bin ich denn bitte? Vorsichtig wende ich meinen Blick nach unten und drücke mich schnell wieder gegen das Dach. Es mehrere Meter nach unten. Einen Fall würde ich nicht überleben. Plötzlich greift jemand meine Hand und zieht mich noch höher auf das Dach. Dann sitze ich neben Tarik auf dem Dach, gegen einen Schornstein gelehnt. Er stößt mich mit der Seite leicht an. „Hey! Jetzt schaue dir doch mal die Aussicht an!" Ich hole tief Luft, dann löse ich den Blick vom Dach und schaue in die Ferne. „Wow!" Mehr bringe ich nicht heraus. Man kann von hier oben Kilometer weit gucken und die Welt erstreckt sich unter mir, wie ein unberührter Teppich mit kleinen Falten und Erhöhungen. „Schön nicht wahr?" fragt Tarik und legt einen Arm um mich. Ich bin so fasziniert von der Aussicht, dass ich es geschehen lasse und ihn sogar noch etwas näher heranrücken lasse. Irgendwann drehe ich den Kopf zu ihm hoch. „Wie alt bist du eigentlich?" frage ich ihn, gespannt auf seine Antwort. Er lacht. „Was schätzt du denn?" Ich beiße auf meine Unterlippe. „Vielleicht 19?" Versuche ich. Er lacht wieder leise. „Fast. Aber so alt dann doch noch nicht. Ich bin 17!" Nur ein Jahr älter als ich? Hätte ich nicht gedacht... Er scheint meine Gedanken lesen zu können, denn er schaut etwas selbstverliebt in die Ferne. „Ich werde oft älter eingeschätzt. Wundert mich also nicht." „Okay und wo wohnst du?" frage ich jetzt vorsichtig. „Nirgendwo!" antwortet er. Er schaut lachend auf mich herunter, als er bemerkt, wie ich ihn anstarre. „Was?! Noch nie einen Abenteurer getroffen?" Ich werde leicht rot und bin über die Dunkelheit sehr froh. Aber er scheint es trotzdem zu bemerken, da er mich amüsiert ansieht. „Wie lange bist du schon Abenteurer?" „Schon immer." Ich schaue ihn wieder geschockt an. „Und deine Eltern?" Er zuckt mit den Schultern. „Die haben sich nie für mich interessiert. Aber soweit ich weiß, waren deine ja auch nie für dich da!" Okay das hat gesessen! Ich schaue weg, damit er nicht bemerkt wie mir Tränen in die Augen treten und rutsche noch etwas von ihm ab. Aber er redet einfach weiter. „Ich hab gehört, dein Vater hat dich misshandelt und deine Mutter ist tot." Jetzt laufen mir die Tränen herunter. Ich schließe die Augen und klammere mich an meine Knie. Meine Lippen formen einen geraden Strich. „Also ich an deiner Stelle hätte den Vater mal zurück geschlagen." Jetzt reicht's! „Jetzt halt dein Mund! Du weißt doch gar nicht, wie das ist!" Er schaut mich genauso wütend an. „Ach so? Du kennst mich doch gar nicht und machst hier Urteile über mich? Wer gibt dir das Recht dazu?" „Du kennst mich doch auch nicht!" schreie ich ihn wieder an. „Whoa, whoa, woah! Jetzt komm mal wieder runter! Ich kenne dich immer noch besser als du mich!" „Nein! Nur weil du ein paar Fakten über mich kennst, heißt das noch lange nicht, dass du mich kennst!" Ich springe nun vollkommen aufgelöst auf und verliere dabei das Gleichgewicht. „Scheiße!" schreie ich, dann falle ich. Gerade im letzten Moment, packt Tarik mich am Arm. „Ich hab dich, Aimee!" Ich schaue panisch nach unten. „Halte mich fest!" rufe ich. Dann zieht Tarik mich hoch und nimmt mich in den Arm. „Es tut mir leid, okay?" flüstert er. Mein Herz beginnt unnormal schnell zu schlagen und ich bin mir nicht sicher, ob es an der Aufregung oder an ihm liegt. Ich löse mich aus seiner Umarmung und schaue ihm tief in seine strahlenden Augen. „Komm! Ich bringe dich in dein Zimmer, damit du noch etwas Schlaf bekommst. Er nimmt meine Hand und balanciert zu meinem Fenster zurück. Ich folge ihm unsicher. Bei meinem Fenster angekommen, hebt er mich in mein Zimmer. „Wir sehen uns!" sagt er noch und schwingt sich elegant vom Dach, um an der Hauswand herunter zu klettern. „Danke." Flüstere ich noch in die Dunkelheit und ich bin nicht sicher, ob er es noch gehört hat.

Hey :)

Auf dem Bild könnt ihr den Ausblick vom Dach sehen.

LG PeerlessMystery