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Während der Autofahrt hatte ich Socke die ganze Zeit auf meinem Schoß. Er hatte ganz still da gelegen. Wir hielten noch beim Zoogeschäft, um die benötigten Sachen für Socke zu besorgen. Nunn sind wir wieder zurück zu Hause. Ich halte Socke immer noch in den Armen. Mein Vater trägt Sockes Sachen in mein Zimmer. „Sockes Körbchen kann direkt neben mein Bett!“ sage ich meinem Vater. Als alles fertig ist, lasse ich Socke von meinem Arm. Neugierig beschnuppert er alles und läuft in meinem Zimmer herum. Mein Vater verlässt den Raum, um Essen zu machen. Vielleicht wird jetzt ja wirklich alles gut… Doch ich täuschte mich gewaltig…

Gleich am nächsten Tag ist die gute Stimmung meines Vaters verflogen. „Komm jetzt sofort runter!“ schreit mein Vater.  Ich stehe seufzend auf, setze Socke auf dem Boden ab und gehe langsam die Treppe runter. „Was hat das zu bedeuten?!“ schreit mein Vater mich an und klatscht einen geöffneten Brief auf den Tisch. „Was ist das?“ frage ich ihn vorsichtig. „Das war gestern im Briefkasten.“ Mit einer Handbewegung deutete er mir an, dass  ich mir den Brief ansehen soll. Auf dem Briefumschlag steht in sauberer Handschrift: Für Aimee  Ich nehme den bereits etwas zerknüllten Brief in die Hand und lese:

Liebe Aimee,

der Tag mit dir gestern war wunderschön. Können wir das nochmal wiederholen? Ich vermisse dich!

Dein Benny

PS. Ich muss dir was sagen…

Treffen wir uns übermorgen an der großen Eiche im Stadtpark? Ich werde warten.

„Was hat das zu bedeuten?“ fragt mein Vater mich wieder, als ich den Brief aus der Hand lege. Ich schaue nicht auf, als ich ihm antworte. „Ich weiß nicht…“  Ich spüre, dass er mich anstarrt und jede meiner Bewegungen verfolgt. „Wirst du hingehen?“ fragt mich mein Vater ganz sanft. „Ich denke ja.“ Antworte ich. „Und ich denke Nein!“ Der Tonfall meines Vaters ist plötzlich wieder ganz scharf. „Gehe jetzt in dein Zimmer!“ Ich sehe auf. Sein Blick ist eiskalt. „Aber…“ Ich will wiedersprechen, aber er unterbricht mich. „Gehst du trotzdem, wird das Konsequenzen haben! Und jetzt geh auf dein Zimmer! Ich will dich heute nicht mehr sehen. Ohne ein weiteres Wort gehe ich hoch. „Ach Socke… Ich muss einfach zu Benny!“ flüstere ich Socke ins Ohr. Als Antwort schnurrt er nur.

Gegen 15 Uhr werde ich total unruhig. In zehn Minuten geht mein Vater zum Sport… Dann kann ich unauffällig verschwinden… Was kann er mir schon tun? Außer ein paar Schlägen mehr…  Als ich ein Auto vorfahren höre, springe ich auf und schaue aus dem Fenster. Mein Vater verlässt gerade das Haus und steigt ins Auto. Das ist meine Chance. „Socke? Ich muss jetzt gehen… Ich bin nachher wieder zurück! Ich hab dich lieb!“ Ich drücke ihm einen Kuss auf die Stirn, dann verlasse ich mein Zimmer und schließe die Tür hinter mir.

Im Park angekommen, laufe ich schnell zu der besagten Eiche. Dort angekommen, sehe ich gerade noch, wie Benny sich zum gehen wendet.  „Benny! Warte!“ Er dreht sich um. Ich renne auf ihn zu und er nimmt mich in den Arm. „Ich dachte schon, du kommst gar nicht mehr!“ murmelt er in mein Haar. Dann lässt er mich los und nimmt meine Hände in seine. Er schaut mir lange, tief in die Augen. Dann holt er etwas aus seiner Tasche. Es ist eine kleine Schachtel. Ich halte die Luft an, als er sie langsam öffnet. Ich sehe etwas aufblitzen, während er den Gegenstand heraus nimmt. Es ist eine kleine, silberne Kette mit einem Anhänger… einem Herzanhänger… Er dreht das Herz langsam um und zeigt mir die Gravur. „Ich liebe dich“  Ich atme die angehaltene Luft zischend aus. Mir hat noch nie jemand gesagt, dass er mich liebt… Ich sehe zu Benny, der mich erwartungsvoll ansieht. „Sie ist… wunderschön…“ flüstere ich. Dann legt er mir die Kette lächelnd um und zieht mich in seine Arme. Ich weiß, ich hätte ihm jetzt sagen sollen, dass ich ihn auch liebe… Aber ich konnte es nicht… Ich glaube nicht mehr an die Liebe. Also kann ich sie auch nicht empfinden. Benny scheint  zu merken, dass etwas in mir vorgeht. Er hält mich an den Schultern vor sich, um mich genau ansehen zu können. „Ist alles okay?“ Sorge steht  ihm ins Gesicht geschrieben. „Ja.“ Sage ich, aber scheinbar ist er nicht ganz überzeugt, denn er hält mich immer noch an den Schultern fest und betrachtet mich skeptisch. Ich ringe mir ein Lächel ab, obwohl ich am liebsten geheult hätte. „Benny?“ sage ich nach einiger Zeit. „Was denn?“ fragt er. „Ich glaub… Ich glaub ich muss dir was erzählen…“ Konnte ich das wirklich wagen? Konnte ich mich ihm so anvertrauen? Ihm alles erzählen? Ich biss auf meine Unterlippe. Dann ratterte ich alles ganz schnell herunter. Ich wollte es nur so schnell wie möglich hinter mir haben. Angefangen bei dem Unfall, bis hin zu der Veränderung meines Vaters. Ich erzähle ihm alles, was ich fühle. Ich erzähle ihm von dem Verbot ihn hier zu treffen. Ich erzähle ihm auch von den Schlägen. Zwar in einer etwas harmloseren Form, aber ich denke nicht, dass er die Wahrheit über die Heftigkeit der Brutalität meines Vaters verkraftet hätte. Er schwieg die ganze Zeit. Er unterbrach mich nie. Bei keinem Wort. Und ich war so froh darüber. Damit machte er es mir etwas leichter. Als ich fertig bin bringe ich es nicht fertig ihn anzusehen. Ich erwartete, dass er entweder angeekelt von mir sein würde oder, dass er ein riesiges Mitleid für mich haben würde. Ich hasse Mitleid. Aber er tut nichts von alle dem. Er nimmt nur vorsichtig meine Hand und streichelt mit seinem Daumen über meinen Handrücken, was mir eine Gänsehaut bringt. Dann streicht er mir eine ins Gesicht gefallene Haarsträhne hinters Ohr. „Komm diese Nacht mit zu mir! Ich lasse dich jetzt nicht gehen.“ Flüstert er. „Ich… kann nicht…“ Ich reiße mich von ihm los und blicke ihn an. „Ich kann nicht!“ wiederhole ich dieses Mal sicherer. Ich wollte zwar im Moment nichts lieber, aber die Angst vor den Konsequenzen war stärker. „Es tut mir leid!“ ich drehe mich mit einem Ruck um, vergrabe meine Hände in meinen Jackentaschen und blicke zu Boden. Doch je mehr ich mich von ihm entferne, desto größer wird auch meine Angst. Ich spüre, wie mir eine Träne die Wange herunter fließt und beschleunige meine Schritte. Als ich schon längst dachte, ich hätte ihn weit hinter mir gelassen, umarmt mich jemand von hinten und hindert mich somit weiter zu gehen. Mir steigt Bennys Geruch in die Nase und ich schließe die Augen und lasse mich in seiner Umarmung fallen. So stehen wir lange Zeit da, bis er mich sanft umdreht. „Komm bitte mit mir!“ ich sehe ihm an, dass er es wirklich ernst meint. Ich nicke und er hebt mich einfach so hoch. Ich werde von ihm im Brautstyle zu ihm nach Hause getragen. Selbst, wenn ich es gewollt hätte, hätte ich mich wehren können. Ich war einfach zu schwach. Ich schließe einfach nach einer Zeit meine Augen und in auch schon bald auf seinem Arm eingeschlafen. 

Hey :)

Auf dem Bild könnt ihr die Kette, die Aimee von Benny bekommen hat sehen.

Ist sie nicht wunderschön? *__*

LG PeerlessMystery

Life goes on.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt