Kapitel 7

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Ich schaute fasziniert nach oben und hätte niemals gedacht, dass mich das so begeistern würde.
»Gefällt es dir?«, flüsterte mir der Dunkelblonde ins Ohr und ohne meinen Blick von der Decke abzuwenden, antwortete ich: »Es sieht toll aus und es ist unglaublich, was für schöne Dinge es in unserem Weltraum gibt.« Gerade wurde die Milchstraße gezeigt, die aufgrund ihrer kreisenden Bewegungen eine hypnotisierende Wirkung auf mich hatte. Unglaublich, dass sich dies alles über unseren Köpfen befindet, wir es aber ohne Hilfsmittel nicht richtig wahrnehmen können. Ich verspürte den Drang mir ein Teleskop zu kaufen, damit auf unserer Terrasse zu sitzen und mir jeden Abend den Sternenhimmel anzuschauen. Mir sprang auch gleich ein Buch in den Sinn, welches wir im Laden verkauften und mich somit bei meinen Anfängen unterstützen könnte. Ich kniff leicht meine Augen zusammen und hatte eine Tatsache vergessen. Nach der Shoppingtour von heute, sollte ich es lieber auf den nächsten Monat verschieben. Toms Hand legte sich plötzlich auf meine, die sich auf der Lehne des Stuhls befand. Ich wandte überrascht meinen Blick ab und schaute zu ihm auf.
»Das freut mich«, flüsterte der Arzt und ein zartes Lächeln machte sich auf seinen Lippen breit. Er blickte gespannt in den künstlichen Sternenhimmel und die ganzen bunten Lichter, die dort oben erzeugt wurden, spiegelten sich in seinen Augen wider. In diesen Moment hatte er etwas Magisches an sich. Mein Blick wanderte langsam hinab und ich betrachtete unsere Hände. Dabei schlug mein Herz wie wild in meiner Brust und als Tom seine Finger in meine hineingleiten ließ, unsere Hände somit eng miteinander verschlungen waren, verstärkte sich dieses Pochen. Seine Wärme ging zu mir über und ein flaues, aber angenehmes Gefühl breitete sich in meinem Bauch aus.

Der Blauäugige senkte langsam seinen Kopf und drehte ihn zu mir, dabei lächelte er zaghaft, als er auch schon meine Hand hochhob und dieser einen sanften Kuss gab.
»Ich bin sehr froh, dass du mich heute begleitest«, hauchte er auf meine Haut. Mein Herz hörte auf zu schlagen und ich traute mich nicht zu atmen. Sanft legte er unsere Hände wieder zurück auf die Lehne und schaute wieder hinauf in den künstlichen Sternenhimmel. Tom war sicherlich ein toller Mann, aber es gab immer wieder Momente, wo er sich komisch benahm. Und ich bin fest davon überzeugt, dass er mir etwas verheimlicht. Ich schaute wieder hoch zur Decke und betrachtete das Schauspiel. Egal wie schön die Sterne gerade waren und wie viel Mühe ich mir gab, um mich zu konzentrieren, ich konnte diese Gedanken nicht vertreiben.

Nach circa einer Stunde war die Vorstellung vorbei, das Licht im Saal ging an und die Besucher standen, einer nach dem anderen, auf. Ich erhob mich ebenfalls aus den bequemen, roten Sitzen und wollte wie die anderen, den Saal verlassen, als der Dunkelblonde mich wieder zurück in den Sessel zog. Überrascht, aber sanft, plumpste ich darauf.
»Lass uns warten, bis die anderen gegangen sind«, sagte er und setzte sich die Sonnenbrille auf. Erneute Zweifel stiegen in mir hoch. Wieso scheute er sich so vor anderen Menschen? Hat er eine Phobie? Selbst, wenn er Menschenmassen nicht mag, könnte ihm die Brille auch nicht schützen.
»Ziehst du dieses Ding schon wieder auf?«, fragte ich und sah ihn verwundert an. Sonnenbrillen haben die Funktion, unsere Augen vor UV-Strahlen zu schützen, aber hier drinnen schien keine Sonne, weshalb es mehr als albern war.
»Ja, ich habe dir doch gesagt, ich will einen coolen Eindruck bei dir hinterlassen.« Tom lächelte mich an, doch ich konnte seine Gestik nicht erwidern. Ich zog misstrauisch meine Augenbrauen zusammen und befreite mich von seiner Hand.
»Es ist total lächerlich hier drinnen eine Sonnenbrille zu tragen!«, zischte ich ungewollt. »Keine Ahnung, wieso du denkst, dass es cool wirkt, aber ich finde es einfach nur albern.« Auf seiner Stirn bildeten sich einige Falten und er zog seine Augenbrauen leicht hoch, die anschließend über das Gestell zum Vorschein kamen.

»Du hast recht«, stammelte er und kratzte sich verlegen am Kopf.
»Wenn ich ehrlich bin, finde ich das hier alles ein wenig merkwürdig. Eine Sonnenbrille in einem dunklen Raum tragen, seltsame Hintereingänge benutzen, um hier reinzukommen. Du lädst mich in ein Restaurant ein, in dem nichts los ist, anstatt eins hier direkt in London zu besuchen. Ich weiß nicht, was du mir verheimlichst, aber ich weiß, du tust es. Das gefällt mir überhaupt nicht.« Der Arzt zog die Sonnenbrille vorsichtig ab und sah mich erschrocken an. Er hat mit diesen Worten scheinbar nicht gerechnet.
»Rose, ich verheimliche dir nichts.« Ich spannte meinen Kiefer an und war mich sicher, dass er in diesem Moment log, weshalb ich einfach aufstand und aus dem Saal ging. So wie es sich gehört, folgte ich den anderen durch den Hauptausgang nach draußen. Ich hatte keine Ahnung, ob Tom gerade dabei war mir zu folgen, aber wenn ich ehrlich war, war mir das egal. Ich hatte keine Lust, von ihm angelogen zu werden. Von Lügen hatte ich in meiner Vergangenheit so viele gehört, dass es für fünf Leben reichte. Sein Verhalten war auffällig und komisch. So verzweifelt war ich nicht, um mich darauf einzulassen. Draußen angekommen, holte ich einmal tief Luft, ehe ich mich umsah. Ich entdeckte eine Bushaltestelle.

»Perfekt.« Ich kuschelte mich in meine Jacke, da ein kühler Wind aufzog. Nachdem ich in meiner Jackentasche nach meinem Stirnband kramte, zog ich es mir schnell über, als ich es zu greifen bekam.  Ohne groß drüber nachzudenken, lief ich über den Parkplatz. Da wo wir eigentlich hätten parken müssen. Ich wollte schnell zur Bushaltestelle und mich schützend, vor dem Wind, unter das Bushäuschen stellen. Doch plötzlich packte jemand nach meinem Arm, woraufhin ich mich erschrocken umdrehte. Es waren die blauen Augen von Tom, in die ich schaute.
»Rose, warte«, flüsterte er und sah sich nervös um.
»Ich will zum Bus, Tom«, beteuerte ich dem Mann, der mehr als seltsam war. Der Bus kam gerade angefahren und wenn ich diesen verpasse, muss ich bestimmt 20 Minuten auf den Nächsten warten. Und das Wetter lud einen nicht dazu ein, sich lange draußen aufzuhalten. Ich versuchte mich aus seinem Griff zu befreien, doch er ließ nicht locker, weshalb ich ein wenig Angst bekam.
»Lass mich bitte los«, nuschelte ich furchtsam. Tom nahm rasch seine Hand von mir und führte sie langsam in seine Gesäßtasche.

»Alles gut? Du bist so blass?« Ich nickte zaghaft.
»Ich mag es nicht, gegen meinen Willen festgehalten zu werden«, stotterte ich und rang nach Luft.
»Tut mir leid«, sprach er leise und blickte einmal nach rechts und links. »Ich fahre dich«, murmelte er und hielt mir seine rechte Hand hin. Ich drehte mich zum Bus um, der gerade davonfuhr. Laut seufzte ich und ließ meine Schultern hängen. Dann wandte ich mich wieder an Tom und legte meine Hand, in die seine. Er zog mich sanft zu seinem Auto und ich ließ es geschehen, ohne weiteren Widerstand. Vielleicht würde er mir ja jetzt erklären, was mit ihm los war. Der Blauäugige öffnete die Beifahrertür von seinem Auto und bat mich leise: »Steig ein.« Ich kam seiner Bitte nach und stieg ins Auto. Tom machte die Tür zu und ich beobachtete die Besucher, die sich angeregt unterhielten. Nachdem er sich hinter das Lenkrad setzte, startete er den Wagen. Mein Blick, war noch immer nach draußen gerichtet und der Arzt fuhr vom Parkplatz herunter, direkt auf die Straße. Es war still, denn keiner von uns sagte etwas. Das Radio war auch ausgeschaltet, dabei hatte es uns auf der Hinfahrt so viel Spaß gemacht zu singen. Doch die Stimmung war angespannt, nicht nur bei mir, sondern auch bei ihm. Tom räusperte sich und ich sah vorsichtig zu ihm. Er bemerkte meinen Blick und sah mich ebenfalls an, ehe er nachdenklich wieder auf die Straße schaute.

»Das mit der Sonnenbrille sollte eigentlich witzig rüberkommen«, bemerkte er leise. Ich verdrehte die Augen und blickte wieder hinaus aus dem Fenster. Entweder lügt er mich an oder er hat einen echt lahmen Humor. Beim zweiten wusste ich nicht, ob ich mich daran gewöhnen könnte.
»Es geht nicht nur um die Sonnenbrille. Wir parken abseits und betreten Hintereingänge. Das ist alles sehr merkwürdig, da mache ich mir halt so meine Gedanken.«
»Und welche Gedanken wären das?«, fragte er mich. Ich sah kurz zu ihm auf und senkte meinen Kopf langsam wieder.
»Ich bin ehrlich zu dir. Du verheimlichst mir etwas, das steht fest. Vielleicht bist du ja verheiratet und hast Angst, dass man uns zusammen sieht«, erklärte ich meine Zweifel. Nervös spielte ich derweil mit dem Band meiner Jacke herum. Tom fuhr das Auto augenblicklich auf einen Seitenstreifen und legte den Leerlauf ein. Überrascht sah ich ihn an, während er leicht mit seinem Kopf schüttelte.
»Was?«, fragte er und lachte auf. Diese Mimik machte mich ein wenig sauer, da er mir das Gefühl gab, mich nicht ernst zu nehmen.
»Du hast mich schon richtig verstanden«, knurrte ich und verschränkte meine Arme. Stur schaute ich mich selbst im Seitenspiegel an und musste feststellen, dass mein Stirnband nicht richtig saß. Bin ich etwa die ganze Zeit so herumgelaufen? Wie peinlich! Ich richtete es eilig, als ich Tom auch schon laut seufzen hörte.

»Ich bin nicht verheiratet. Rose, ich würde mich sonst nicht mit dir treffen.« Ich beobachtete sein Spiegelbild in der Fensterscheibe. Er drehte seinen Körper leicht zu mir und sah mich gekränkt an.
»Naja, Männer hält das nicht davon ab, sich mit anderen Frauen zu treffen, nur weil sie vergeben sind.« Ich verschränkte meine Arme abermals und vermied den Blickkontakt zu ihm, dennoch beobachtete ich ihn weiter durch die Scheibe. Der Dunkelblonde hielt sich mit seiner linken Hand weiter am Lenkrad fest und setzte sich wieder gerade hin. Traurig blickte er aus der Frontscheibe.
»Frauen auch nicht«, entgegnete er mir. Ich sah schweigend zu ihm. Darauf konnte ich nichts erwidern, denn Unrecht hatte er natürlich nicht.
»Rose, ich bin Single und möchte dich wirklich besser kennenlernen. Ich bin kein Mann, der mit einer Frau spielt, oder was du noch von mir denkst. Also mach es mir bitte nicht so schwer und gib mir eine Chance.« Er nahm meine Hand, woraufhin ich mich anspannte und führte sie zu seinem Mund. Mit einem sanften Kuss auf meinem Handrücken, ließ er sofort mein Herz höher schlagen.

Hallo zusammen,
ich hoffe, Rose kommt nicht zu zickig rüber. Es ist garnicht so einfach, sie freundlich und zeitgleich skeptisch darzustellen 😅

between lies and truthWo Geschichten leben. Entdecke jetzt