Kapitel 3

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»Hast du jetzt Ärger von deinem Chef bekommen?«, fragte mich Tom und schien ernsthaft besorgt, um mich zu sein. Mir entwich ein zartes Lächeln, als ich in seine betrübten Augen sah. Auch wenn wir beide uns nicht kannten und ich ihm gerade offenbart hatte, dass ich ihn attraktiv fand und mir deshalb eine dämliche Ausrede einfallen ließ, sah er mich nicht verachtend an. Im Gegenteil, er dachte daran, dass ich möglicherweise in Schwierigkeiten stecken könnte, die ich mir zugegebenermaßen selbst eingebrockt habe.
»Mein Chef war nicht sonderlich begeistert über die Situation.« Was ich ihm auch nicht verübeln konnte. »Aber der Ärger hielt sich tatsächlich in Grenzen. Er hat mir vorgeschlagen mich lieber auf Tinder und Co umzuschauen, anstatt mich an Kunden ranzuschmeißen.« Mir entwich ein schüchternes Lächeln, als mir auch schon etwas einfiel. Ich kramte in meiner Handtasche nach dem Buch, das Tom heute zurückgebracht hat und was ich schon längst bezahlt hatte. Nachdem ich den Blauäugigen anlächelte, reichte ich ihm das Buch. »Hier, es gehört dir!«, bemerkte ich. »Ich schenke es dir und es wird dich immer an diese sehr seltsame Situation erinnern.« Tom sah verwundert auf das Buch, das ich ihm hinhielt.

»Aber...«
»Ich schenke es dir«, unterbrach ich ihn. »Ich hatte es damals gleich bezahlt, als du es dir ausgeliehen hast.«
»Das kann ich nicht annehmen«, murmelte er leise und zog seine Augenbrauen zusammen. Ich drückte ihm das Buch energisch gegen seine Brust.
»Und ob du es annehmen kannst«, sprach ich ernst und schaute ihn eindringlich an. »Ich lese zwar sehr gerne, aber dieses Buch behandelt eine Thematik, die mich nicht sonderlich anspricht«, ergänzte ich.
»Okay.« Widerwillig nahm der Dunkelblonde das Buch an sich und betrachtete es, während er es in seiner Hand hin und her drehte. War es das jetzt? Sollten wir uns voneinander verabschieden oder sollte ich jetzt doch meinen ganzen Mut zusammennehmen und mich interessant machen. Immerhin trug ich heute das schickste Kleid aus meinem Schrank, ob Tom ein Mann war, dem so etwas auffiel? Ich meine, es gibt so viele Männer, denen bei ihren eigenen Frauen noch nicht einmal auffällt, dass sie beim Friseur waren, also wieso sollte ein fremder Mann bemerken, dass sich eine unbekannte Frau schick gemacht hat, weil sie hoffte ihn wiederzusehen? Tom stand ebenfalls unruhig vor mir und es machte den Eindruck, dass er selbst nicht wusste, ob er sich jetzt umdreht und geht oder ob es noch etwas gibt das wir besprechen könnten.

»Du hättest aber ruhig früher auftauchen können. Ich habe die ganze Zeit auf dich gewartet«, stammelte ich und entschied mich das Gespräch aufrecht zu erhalten.  Ein Lächeln zeichnete sich auf seinem Gesicht ab und er fuhr mit seiner Zunge über seinen Lippen, ehe er verstohlen und belustigt zur Seite schaute.
»Hätte ich gewusst, dass so eine schöne Frau auf mich wartet, hätte ich alles in Bewegung gesetzt, um früher zu kommen.« Der Blauäugige sah wieder zu mir auf und seine Augen blickten tief in die meine, weshalb mir augenblicklich der Atem stockte. Mein Bauch zog sich zusammen und mein Herz begann wild zu schlagen. Ich war sehr überrascht über seine direkte Antwort. Tatsächlich wusste ich nicht, was ich ihm darauf entgegnen sollte, da er mich mit seinen Worten überrumpelt hatte. Verlegen strich ich mir eine Strähne aus dem Gesicht und spürte die Hitze in meinen Wangen aufsteigen.

»Hast du noch Zeit?«, fragte der Dunkelblonde mich. Überrascht schaute ich zu ihm auf. Wollte er mich auf ein Date einladen? Hatte ich es trotz meiner Aktion nicht bei ihm versaut? Stand er möglicherweise auf tollpatschige und dämliche Frauen?
»Ja, wieso?«, fragte ich unsicher. Tom drückte seine Zähne in seine Unterlippe und wandte seinen Blick von mir ab. Er schaute sich nervös um und blickte anschließend auf das Buch. Mit großen Augen hob er es in die Luft und schaute wieder zu mir.
»Ich würde dich gerne als Dank für das Buch zum Essen einladen.«
»Ja!«, rief ich viel zu euphorisch, weshalb der Blauäugige amüsiert mit dem Kopf schüttelte. Ich räusperte mich und besann mich ein wenig. »Ich würde sehr gerne deine Einladung annehmen, Tom.« Mensch Rose, du musst dich ein bisschen zurückhalten. Du benimmst dich wie ein kleines Kind, das ein Geschenk vom Weihnachtsmann bekommen hat. 

between lies and truthWo Geschichten leben. Entdecke jetzt