Kapitel 52

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Ein wenig nervös, knotete ich mein Bandana am Hinterkopf zusammen, um meine Haare vor unserem heutigen Projekt zu schützen. Tom und ich waren soeben in unserem neuen Haus angekommen. Die Handwerker kamen zügiger voran, als erwartet. Weshalb die Räume immer mehr Form annahmen und es mir immer leichter fiel, mir vorzustellen, wie es später aussehen könnte. Deshalb konnten Tom und ich uns um einige Angelegenheiten sowie Kleinigkeiten im Haus kümmern, wenn die Zeit es zuließ. Während er einige Materialien aus dem Auto holte, zog ich mich in unserem Bad um. Ich hatte zu Hause in meinem Schrank ein altes Kleid gefunden, dass bereits durch Farbflecken unbrauchbar geworden ist. Als Olivia und ich damals in unsere Wohnung gezogen sind, wollte ich mein Zimmer in einem Hellrosa streichen. Wir waren dabei sehr optimistisch, weshalb ich ein gutes Kleid dabei anhatte. Aus dieser Aktion hatte ich gelernt und nun trug ich bei solchen Arbeiten nichts mehr, was sich für den Alltag  noch eignete. Das Bad war bereits fertig und konnte in seinem ganzen Umfang genutzt werden. Was mich ziemlich erfreute. Denn ich hatte frische Kleidung mit und konnte später duschen, falls das notwendig ist. Doch heute waren wir wegen einem anderen Raum hier, der mir, so wie er jetzt war, nicht ganz gefiel. Ich hatte Tom überreden können die Wände in der Küche zu streichen. Zwar standen die Möbel schon an ihrem Platz, aber das hielt mich nicht auf, die Wände neu zu gestalten. Das Weiß, in dem sie sich aktuell befanden, war mir zu langweilig. Tom war von der Idee nicht ganz so begeistert, da die Küchenzeile schon stand. Allerdings war ich ziemlich stur und wenn ich mir etwas vornahm, dann wollte ich das mit allen Mittel umsetzen. Ich hatte mich von daher gestern schon auf den Weg hierher gemacht und die komplette Küche abgedeckt und einige Bereiche mit Klebeband abgeklebt. Natürlich war es umständlich, um die Hängeschränke herumzustreichen, aber das war kein Problem, das sie nicht lösen ließ. Tom war dies bezüglich nur sehr bequem, weshalb er jeden Tag aufs Neue versucht hat, mir diesen Schritt auszureden. Doch was soll ich sagen! Wir sind hier und er lädt gerade Farbe sowie Pinsel aus.

»1:0 für dich Rose«, sprach ich amüsiert und sah in den riesigen Badezimmerspiegel, der über dem  freistehenden Waschbecken hing. Ich drehte mich um und schaute begeistert auf die weiteren Sanitäranlagen. Wir hatten uns für eine riesige, ebenerdige Regendusche mit Glaswänden entschieden. Ich konnte es jetzt schon nicht abwarten, dort mit Tom nach einem anstrengenden Tag duschen zu gehen. Falls wir darauf keine Lust haben, besteht die Möglichkeit in der riesigen, freistehenden Badewanne zu entspannen. Uns fehlten nur noch einige Schränke, die für Stauraum sorgen sollten und das Badezimmer wäre komplett fertig. »Naja, und Dekoration«, schmunzelte ich und verließ das Bad. Ich stieg eilig die Stufen hinunter ins Erdgeschoss und traf dort auf Tom, der sich scheinbar ebenfalls umgezogen hat. Er trug eine graue Jogginghose und ein einfaches weißes T-Shirt. Liebevoll schmiegte ich mich an ihn und war überglücklich über die gemeinsame Zeit, die wir hier heute verbringen werden.
»Du hättest mir ruhig Bescheid geben können, dass du dich umziehst. Dann hätte ich dir dabei geholfen.« Schmunzelnd sah er zu mir hinunter und legte seinen Arm, um meinen Rücken. »Wir könnten die Küche auch einfach so lassen und uns wichtigeren Dingen widmen«, sagte er und fixierte dabei meine Lippen.
»Niemals!«, schrie ich und löste mich von ihm. »Lass uns lieber anfangen zu streichen, sonst sind wir noch die ganze Nacht hier«, bemerkte ich und ging in die Küche. Tom hatte bereits alles in die Mitte des Raumes gestellt und begeistert stemmte ich meine Hände an die Hüfte.
»Bist du dir sicher, dass du die Küche in Babyblau streichen möchtest?«, fragte Tom skeptisch. Ich drehte mich zu ihm um und beobachtete, wie er sich unsicher den Schriftzug auf dem Farbeimer ansah.
»Ja, ich denke, das ist ein guter Kontrast zu der weißen Küche«, murmelte ich und sah mir die Wände an, die von uns heute einen neuen Anstrich bekommen.

»Ja«, sagte er zähneknirschend, »diese Küche mag ich jetzt schon nicht mehr!« Ich rollte mit meinen Augen und atmete laut aus. Seine Aussage stimmte nicht ganz. Denn wir hatten uns beide auf Anhieb in genau diese Küche verliebt. Sie war weiß und besaß eine Arbeitsplatte aus Eiche. Die Griffe waren schwarz, sowie die ganzen elektronischen Geräte. Sein Zorn, den er mir entgegenbrachten, lag eher an der Tatsache, dass wir uns im Laden gestritten haben, als es um das bezahlen ging. Tom konnte nicht akzeptieren, dass ich mich finanziell beteiligen wollte. Ich hatte Angst, dass dieses Problem immer auftritt, wenn es um Anschaffungen geht. Es war vor einigen Wochen ein Kraftakt gewesen, als Tom meinen Check annehmen sollte, damit ich ebenfalls zum Kauf des Hauses beitragen konnte. Wenn es um solche Angelegenheiten ging, war er so stur, dass es beinahe unerträglich war.
»Tom, lass gut sein«, meckerte ich und wollte meine Euphorie, wegen seinem eigensinnigen Ego nicht stoppen. »Ich weiß, dass dir die Küche ebenfalls gefällt und du nur sauer bist, weil ich die Hälfte bezahlt habe. Allerdings bin ich mir sicher, dass du das schnell vergisst, wenn ich das erste Mal ohne Kleidung für dich darin koche.« Herausfordernd sah ich über meine Schulter zu ihm und während der Deckel des Farbeimers scheppernd zu Boden fiel, fixierte er mich mit offenstehenden Mund.
»Was?«, stammelte er.
»Du hast mich schon richtig verstanden«, teilte ich mit und zwinkerte ihm zu.
»Wie soll man sich bei solchen Anspielungen noch aufs Arbeiten konzentrieren«, stammelte er und nahm ein altes Stück Holz, um die Farbe im Eimer einmal kräftig umzurühren. Ich hob derweil die Packung mit den Pinseln auf und öffnete sie.
»Darin bist du doch ein Profi«, murmelte ich. »Immerhin ist es dein täglicher Job, dich auf die Arbeit zu konzentrieren, obwohl du von schönen Frauen umgeben bist«, gab ich giftig zu. Ich hielt ihm einen der Pinsel hin, dessen Holzstiel er mit seiner Hand umgriff und mich ruckartig zu sich zog. Wankend stolperte ich ihm entgegen und landete in seinen Armen.
»Wärst du meine Schauspielkollegin, dann könnte ich keine Sekunde lang einen klaren Gedanken fassen. Doch das bist du nicht und alle anderen Frauen sind mir vollkommen egal. Es gibt nur eine Person auf dieser Welt, die mich in diesen Zustand versetzen kann«, flüsterte er und kniff in meine Wange.

between lies and truthWo Geschichten leben. Entdecke jetzt