Kapitel 8

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Ich schaute weiterhin aus dem Fenster, auch wenn seine Geste mir gefiel, wollte ich nicht, dass er glaubt, ich wäre schnell rumzukriegen. Tom ließ von meiner Hand ab, weshalb ich sie langsam auf meinem Bein ablegte. Ein unbeschreibliches Kribbeln in meinem Bauch, vermischte sich mit dem mulmigen Gefühl, dass etwas nicht stimmte. Er meinte zwar, dass er nicht vergeben sei, und ich gab mir die Mühe, ihm zu glauben, aber dennoch war hier etwas faul.
»Rose«, flüsterte mein Gegenüber leise. Er legte seine Hand auf meine und strich sanft über meine Haut. Ich musste zugeben, dass die Situation ein wenig quer war. Hier saßen zwei Menschen, die sich sympathisch fanden, dennoch Fremde waren und trotzdem gab es schon solche Diskussionen zwischen uns. Warum blieb er sitzen und versucht mich zu besänftigen, anstatt sich zu denken, wie anstrengend ist diese Frau? Wieso hörte ich ihm zu und dass, obwohl mein Gefühl mir sagte, dass etwas nicht stimmt.
»Du musst mich verstehen«, murmelte ich. »Bei so vielen seltsamen Situationen, denkt man nun mal skeptisch und hinterfragt alles.« Aber nicht nur das, war der Grund für mein Handeln. Ich habe in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen gemacht. Dafür konnte Tom natürlich nichts, aber sowas prägt einem.

»Ich versteh dich, aber bitte mach dir nicht so viele Gedanken«, säuselte der Arzt und ließ meine Hand los. »Ihr Frauen neigt dazu, Dinge zu interpretieren, die nicht vorhanden sind, weshalb ihr euch ständig euer hübsches Köpfchen zerbricht und das nicht immer positive Auswirkung auf eine Beziehung hat.« Ich sah den Dunkelblonden seit langem wieder ins Gesicht. Er lächelte und strich mir mit seiner Hand über die Wange.
»Vertrau mir einfach«, flüsterte er. Ich drückte meine Lippen zusammen und konnte ihm darauf nicht antworten. Vertrauen? Das war wirklich ein sehr großer Begriff und ich weiß nicht, ob ich jemanden so viel Vertrauen entgegenbringen kann, den ich kaum kannte. Dafür müssen wir uns öfters sehen, dann könnte ich mir auch ein genaueres Bild über ihn machen. Tom startete den Wagen und bedrängte mich nicht weiter. Er gab mir gerade den Raum, den ich benötigte, um meine Gedanken zu ordnen. Der Blauäugige fuhr auf dem direkten Weg zu mir nach Hause. Während der Autofahrt sagte keiner von uns etwas und dafür war ich dankbar. Bei meiner Wohnung angekommen, parkte er das Auto und machte den Motor aus. Tom atmete einmal tief aus und drehte sich leicht zu mir.
»Das ist jetzt unpassend, aber ich muss die nächsten Tage viel arbeiten und werde dich nicht treffen können. Dass ich dir das nach unserem Gespräch sagen muss, ist wirklich unangenehm. Ich kenne dich nicht, aber nach unserem Gespräch von heute, glaube ich, dass meine Abwesenheit nicht hilfreich ist, aber das ist die Wahrheit! Keine heimliche Ehefrau oder Freundin oder sonst etwas. Wirklich nur die Arbeit, die mich in Beschlag nimmt«, erklärte Tom.

Ich konnte mir ein Schmunzeln nicht verkneifen, weil es schon sehr liebevoll klang, wie er versuchte mich zu besänftigen. Der vielbeschäftigte Arzt gestikulierte wild mit seinen Händen und sah mich entschuldigend an. Vielleicht habe ich mir von Olivia einen Floh ins Ohr setzten lassen. Er hat Recht und ich habe mir zu viele Gedanken gemacht, weil ich jeden seiner Handlung kritisch beobachtet und analysiert habe. Tom schaute mich mit seinen wunderschönen blauen Augen an.
»Da ich aber trotzdem wissen möchte, wie es dir geht, hätte ich gerne deine Nummer. Dann können wir in Kontakt bleiben, auch wenn wir uns nicht sehen können.« Ich nickte ihm zu und freute mich über seinen Vorschlag. Welche Frau steht nicht auf Nachrichten von einem attraktiven Mann. Außerdem würde er mir niemals seine Nummer geben, wenn er mich angelogen hätte und bereits vergeben war. Der Arzt holte sein Handy aus der Hosentasche und unauffällig lugte ich auf das Display. Er hatte einen hübschen Hund als Hintergrundbild eingestellt. Dies beruhigte mich zusätzlich und ich begann meinen Körper zu entspannen. Tom öffnete einen neuen Kontakt und sah zu mir rüber. 
»Wie lautet deine Nummer?«, fragte er gespannt. Ich nannte sie ihm und er tippte sie eifrig ein.

»Aber du musst dich auch melden«, sprach ich streng und hob bedrohlich meinen Finger. Er lächelte mich an und nickte, bevor er sich mit der Zunge über seine Lippen fuhr.
»Wenn es dich beruhigt, dann kannst du auch meine Nummer haben. Wenn ich mich nicht bei dir melde, dann kannst du mit mir schimpfen.« Ich schüttelte leicht den Kopf, wollte, dass er sich bei mir meldet und nicht ich mich bei ihm. Daran würde ich sehen, ob sein Interesse wirklich so groß war, wie er behauptet. Außerdem bin ich ein ungeduldiger Mensch und würde es nicht lange aushalten, ehe ich mich bei ihm melde.
»Nein, ich warte darauf, dass du dich bei mir meldest.« Ich grinste ihn an und hatte das Gefühl, als ob mir ein Stein vom Herzen fällt. Es war richtig, ihm meine Sorgen mitzuteilen, denn so konnten wir uns aussprechen. Er konnte einige Zweifel aus dem Weg räumen und ich musste lernen mich mehr zu entspannen.
»Ich werde mich zu 100 Prozent bei dir melden, versprochen«, entgegnete er.
»Gut, dann sollte ich jetzt gehen«, bemerkte ich. Ich drückte den Türgriff hinunter und wollte gerade aus dem Auto steigen, doch er fasste nach meinem Unterarm, weshalb ich mich verwundert zu ihm umdrehte. Tom schnallte sich ab und lehnte sich zu mir vor. Seine Augen waren auf meine Lippen gerichtet, während er sich meinem Gesicht immer weiter näherte. Auch ich schaute kurz auf seine Lippen, bevor ich meine Augen schloss.

between lies and truthWo Geschichten leben. Entdecke jetzt