Kapitel 6

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Der nächste Tag verging friedlich und ohne wirklich nennenswerte Ereignisse. Ich hatte den ganzen Tag mit meinen Hofdamen verbracht. Wir haben gepicknickt und den ganzen Tag nur geplaudert. Es war fast so wie früher in Irland. Claude oder ein anderes Mitglied der Valois-Familie war ich nicht begegnet. Alle waren zu beschäftigt damit Claude's Hochzeit vorzubereiten. Es störte mich aber nicht, denn die Ruhe tat mir gut.

Am darauffolgenden Tag war nun leider schon Claude's Hochzeit. Claude hatte am Frühstückstisch ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter aufgesetzt. Das konnte ich nachvollziehen, schließlich wurde sie wie ich in eine Ehe mit einem Mann gezwungen den sie nicht liebte. Zum Glück hatte ich im Gegensatz zu ihr noch ein paar Tage Freiheit, wenn man das hier so nennen konnte.

Nach dem Frühstück plauderte ich noch ein bisschen mit meinen Freundinnen, bevor ich mich für Claude's Hochzeit herausputzte. Ich trug meine Haare wieder offen und hatte mich wieder nur dezent geschminkt. Ich hatte ein wunderschönes schwarz und goldenes Kleid mit dazu passenden Schuhen an. Dann machte ich mich mit meinen Hofdamen auf dem Weg zur Hochzeit.

Als ich in der Kapelle ankam, waren fast schon alle da. Die Gäste bildeten einen Durchgang zum Traualtar, wo der Bräutigam schon wartete. Es war Narzisse's Sohn, Luc, den Claude zum Mann nehmen musste. Nun fehlte nur noch Claude. Es dauerte noch einen Moment bis sie endlich erschien. Sie sah umwerfend aus, wenn auch ein bisschen traurig. Anmutig schritt sie zum Traualtar, während alle Blicke auf sie gerichtet waren. Als sie schließlich vor ihrem Bräutigam stand wurde es Zeit für die Zeremonie. Währenddessen suchte ich mit meinem Blick Charles. Der war aber nirgends zu sehen. Er würde doch nicht wirklich die Hochzeit seiner eigenen Schwester verpassen? Doch wie es aussah tat er genau das.

Nach der Zeremonie eröffnete das Brautpaar den Tanz. Mit und mit kamen immer mehr Paare auf die Tanzfläche, selbst Catherine und Narzisse tanzten miteinander. Auch Cera und Éanna hatten einen Tanzpartner gefunden. Ich konnte momentan aufs Tanzen verzichten, da ich sowieso bald auf meiner eigenen Hochzeit tanzen müsste. Ich blieb am Rand der Tanzfläche und beobachtete die Paare bis sich schließlich jemand zu mir gesellte. Es war Leeza. „Bald wirst du die Braut sein" fing sie ein Gespräch mit mir an. „Ja in der Tat" gab ich tonlos zurück. „Glaubst du denn mein Bruder wird mindestens zu seiner eigenen Hochzeit erscheinen" fragte sie mich. Ich wusste nicht so recht was ich darauf antworten sollte. „Ich denke schon" antwortete ich unsicher. „Nun bei ihm kann man sich nicht gewiss sein. Bis jetzt geht er seinen Pflichten als König nur aus dem Weg. Hoffen wir mal das er wenn es soweit ist, seine Pflichten als Ehemann erfüllt" während sie dies sagte konnte ich aus dem Augenwinkel eine Gestalt erkennen. Es war Charles! Er wischte sich gerade etwas vom Mund und verschwand dann wieder. War das etwa Blut?! „Aideen liebes, ich rede mit dir" riss Leeza mich aus den Gedanken. „Verzeihung, aber ich fühle mich gerade etwas unwohl" sagte ich. „Soll ich Hilfe holen?" fragte sie mich. „Nein Danke. Das ist lieb, aber wahrscheinlich brauche ich nur etwas frische Luft" entgegnete ich ihr und entfernte mich. Im Flur hörte ich Catherine's Stimme. „...Man erzählt sich schon das ihr Nekrophil seid. Wenn jemand euch in diesem Zustand sieht, würde man euch für einen Vampir halten, der sich gerade am Blut eines unschuldigen..." redete sie auf ihren Sohn ein. „Stop, hört auf" unterbrach er sie und warf sie zu Boden. Mir blieb das Herz stehen. Diesen Mann würde ich heiraten müssen. Charles rannte weg und Catherine erhob sich so schnell sie konnte. Ich hingegen versuchte so schnell wie möglich in mein Zimmer zu flüchten, wo ich mich einigermaßen in Sicherheit fühlte. Ich hatte Angst. Ich hatte Angst vor ihm. Ich war verzweifelt. Wie sollte ich nur mein Leben mit so einem Mann verbringen. Ich zog mir schließlich mein Nachthemd an und legte mich in meinem Bett. Ich versuchte einzuschlafen, was fast unmöglich war, da mir diese Bilder einfach nicht mehr aus dem Kopf gingen. Irgendwie schaffte ich es dann, doch einzuschlafen.

Als ich am nächsten Morgen aufstand, war ich immer noch müde. Da meine Hofdamen noch schliefen half mir eine Sofe beim ankleiden. Dann machte ich mich auf dem Weg zum Frühstück auch wenn ich nicht wirklich viel Appetit hatte. Am Tisch saß momentan nur Leeza. Ich setzte mich wohl oder übel neben ihr. „Na geht es dir Heute besser?" fragte sie mich. „Ja, ich bin nur noch etwas müde" entgegnete ich. Sie schaute mich misstrauisch an. „Hast du schon das neueste Gerücht gehört?" fragte sie mich. „Nein von Gerüchten halte ich nichts" antwortete ich ehrlich. „Man erzählt sich dass der König kleine Kinder verschlingt. Erst Gestern ist wieder eines verschwunden" erzählte sie mir. Das Blut in meinem Adern gefror. In diesem Moment kam Catherine an. „Leeza, da bist du ja!" sagte sie ohne mich zu beachten. „Komm mit ich muss mit dir reden" sagte sie zu ihr. Diese stand auf und verschwand. Nun war ich alleine. Ich aß noch zu Ende und machte mich dann schließlich auf dem Weg zu den Zimmern meiner Hofdamen.

Auf dem Weg dorthin kam ich an Charles Tür vorbei. Sie war offen! Ich verspürte Angst aber dennoch gewann die Neugier in mir die Oberhand. Ich guckte durch die offene Tür und erblickte Charles. Er stand am Fenster und schien über etwas zu grübeln. Er trug nur ein weißes Hemd und eine schwarze Hose. Vorsichtig trat ich etwas näher um ihn besser beobachten zu können. Das stellte sich aber als ein großer Fehler heraus, da er mich bemerkte. Jetzt gab es kein zurück mehr. Ich packte all meinen Mut zusammen und trat in sein Zimmer ein. Schließlich müsste ich fast mein ganzes Leben mit im verbringen müssen. Ich konnte mich nicht ewig vor ihm fürchten, auch wenn es mir viel Überwindung kostete. „Ist etwas?" fragte er mich irritiert. „Nichts besonderes. Ich wollte nur sehen wie es dir geht da du Gestern nicht bei der Hochzeit deiner Schwester anwesend warst" stammelte ich nervös. „Es ist nett von dir, dass du dich bei mir erkundigst" sagte er freundlich. Ich brachte nur ein zaghaftes Lächeln hervor und merkte das meine Hände zitterten. Ich konnte nicht anders, ich musste immer wieder an Gestern denken. Er bemerkte mein zittern und blickte mich traurig an. „Hast du Angst vor mir?" fragte er mich vorsichtig. Ich schaute zu Boden. Ich wusste gerade nicht was ich darauf antworten sollte. Nach einem kurzen Moment hob ich den Kopf wieder, sagte jedoch nichts. Er deutete mein Schweigen als ein ja und  schaute traurig zu Boden. Ich hatte jetzt irgendwie ein schlechtes Gewissen und dass obwohl ich mich immer noch vor ihm fürchtete. Ich ging ein paar Schritte näher an ihn ran, doch als er den Kopf hob stoppte abrupt. „Darf ich dich etwas fragen?" sagte er zu mir. „Ja, natürlich" versuchte ich freundlich zu wirken. „Hast du das Gerücht über mich gehört?" fragte er schließlich. Ich nickte nur. Ich wusste genau wovon er sprach. „Hast du deswegen Angst vor mir?" hakte er nach. „Ja, auch" antwortete ich ehrlich. „Auch, wieso fürchtest du dich denn noch vor mir?" fragte er weiter. Ich wusste nicht ob ich ihm die Wahrheit sagen sollte. Als er mich jedoch mit seinem Blick durchbohrte, hatte ich wohl oder übel keine andere Wahl. „Nun...Gestern hab ich gesehen dass du mit Blut am Mund zurück gekommen bist und dann war da noch das mit deiner Mutter..." erzählte ich ihm. Ich konnte kurz Panik in seinen Augen aufflackern sehen. Dann kam er recht schnell auf mich zu und stand nun genau vor mir. Da ich kleiner war als er, schaute er auf mich hinab, was mich noch mehr einschüchterte als ich es so schon war. „Hast du jemanden davon erzählt" fragte er besorgt. „Nein! Ich werde es auch niemanden erzählen" sagte ich, während ich ihm in die Augen schaute. Sein Gesicht entspannte sich und er ging er paar Schritte zurück. „Gut" gab er erleichtert von sich. Es herrschte nun für einen kurzen Moment eine peinliche Stille zwischen uns. Niemand von uns wusste was er noch sagen sollte. „Ich geh dann mal" sagte ich. Er nickte und ich verließ den Raum.

Ich machte mich nun wieder zu meinem eigentlichen Ziel auf und erreichte dieses schon bald.

Prinzessin Aideen von IrlandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt