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Elizabeth POV

Elias' Pupillen schrumpften schlagartig. "Sie... Sie sind nach New York geflogen?"

Ich verstand nicht warum Elias so bestürzt war. "Ja, sie ist mit der kleinen Schwester von Liam nach New York geflogen. Liam meinte dass sie dorthin wollte um sich die Häuser anzugucken, aber er sagte dass es völlig schwachsinnig sei, da sein Vater das niemals zulassen würde. Es muss einen anderen Grund geben."

Elias hielt sich die Hand vor den Brustkorb und atmete erleichtert aus. "Du hast mir fast einen Herzinfarkt gegeben."

"Warum denn das? Hattest du Angst dass sie Liam mitnimmt oder was?"

Elias richtete seine kastanienbraunen Augen prüfend auf meine. "Wann hast du mit Liam darüber gesprochen?"

Ich fuhr mir nervös durch die roten Haare. "Frag mich das bitte nicht. Heute nicht jedenfalls. Ich hab wirklich nicht die Kraft heute noch darüber zu sprechen."

Elias lachte plötzlich vor Wut. "Erst droht mir diese verrückte Frau, dann fange ich an zu halluzinieren und jetzt geschehen noch Dinge von denen ich keine Ahnung habe. Ich sollte mich vielleicht direkt ins Irrenhaus einweisen."

"Nicht doch." Ich rieb seine Knie. "Vielleicht hast du diese Leiche ja wirklich gesehen."

Elias erstarrte. "Woher weißt du dass ich eine Leiche gesehen habe?"

Die Schlaflosigkeit hatte mir den Sinn vernebelt. "Morgen, Elias. Ich erzähle dir alles morgen. Sonst verplapper ich noch meine ganze Scheiße."

"Du hast mich nicht einmal gefragt welche Frau mir gedroht hat.", fügte Elias hinzu und guckte mich beleidigt an. "Ist dir das etwa egal?"

Ich schüttelte panisch den Kopf. "Ich weiß doch dass dir Liam's Mutter gedroht ha--" Ich schlug mir auf die Stirn. "Ich sage kein Wort mehr.", unterbrach ich mich selbst und vergrub mein Kopf im Kissen.

"Du weißt schon dass das mein Bett ist, oder?", erinnerte mich Elias und stubste auf meine Schulter.

Erst jetzt wurde mir klar wie peinlich mein Verhalten war und ich setzte mich sofort aufrecht hin. "Sorry! Ich eh... Ich sollte ins Wohnzimmer gehen."

Elias guckte aus dem Fenster, wo man das Dach von dem Haus des Nachbarn sehen konnte. "Ich weiß dass es ein sehr schwerer Tag für dich war, aber kannst du mir wenigstens sagen warum du... gesagt hast dass... das mit der Leiche keine Einbildung sein könnte?" Er blickte mir nicht einmal ins Gesicht; seine Augen waren aufs Dach fokussiert. Ich sah wie er die Decke fest umklammert hatte sodass seine Knöchel völlig weiß geworden waren.

Er hatte jetzt schon so viel Angst, da konnte ich ihm auf keinen Fall sagen was wir in den Nachrichten gelesen hatten. "Du hast bestimmt etwas danach geähnelt und nicht halluziniert. Vielleicht war das ja eine Puppe oder so etwas."

Elias erhob sich und schob die Gardinen zu. "Es ist so als ob ihr Gesicht plötzlich vor meinem Fenster erscheinen würde."

"Das ist doch normal. Ich konnte früher Nachts nicht aus dem Fenster gucken weil die Äste wie Geister aussahen."

Elias' Mundwinkel hoben sich leicht hoch, aber ich sah dennoch wie angespannt er war. "Ich möchte trotzdem zu einem Psychiater. Nur um sicher zu gehen."

"Wenn du mich nicht falsch verstehst...", stammelte ich hervor. "Also wenn du nichts dagegen hast... Kann ich, eh... Können wir zusammen schlafen?"

Für eine Sekunde hoben sich Elias' Brauen verwundert hoch und ein warmes Lächeln umspielte seine Lippen. "Was soll ich denn daran falsch verstehen? Ich hatte sowieso Schiss alleine zu schlafen." Er schloss das Licht des Zimmers und stellte ein Nachtlicht neben sein Bett.

Ich legte mich neben Elias nachdem er in die Richtung der Wand gerutscht war. "Warum hast du eigentlich drei Kissen in deinem Bett?", fragte ich als ich den überflüssigen Kissen in die Arme genommen hatte.

"Eins ist für mich, Lennart und Annie. Wenn meine Mutter nicht Zuhause ist schlafen wir meistens zusammen, aber ansonsten benutze ich die Kissen als ein Kuscheltier wenn sie nicht da sind."

"Ihr seid wirklich süß. Ich wünschte ich hätte auch Geschwister wie du. Dann hätte ich auch jemanden zum umarmen wenn ich mich nicht wohl fühle." Ich presste den Kissen noch fester gegen meine Brust und versuchte den plötzlichen Schmerz zu lindern.

Elias strich mir sanft über die Hand und guckte mich mit seinen funkelnden Augen an. "Du bist nicht mehr alleine. Wenn du dich nicht wohl fühlst musst du mich nur anrufen und schon bin ich da."

"Danke, Elias." Ich nahm behutsam seine Hand in meine, die neben meiner Hand viel größer wirkte. "Du bist ein guter Mensch. Du verdienst wirklich bessere Freunde."

Das Funkeln in dem Braun seiner Augen verschwand plötzlich. "Was soll dass denn heißen?"

"Liam.", sagte ich. "Er ist so ein Arsch. Du tolerierst immer seine Selbstsüchtigkeit, obwohl er keins dieser Toleranz verdient."

"Das stimmt." Elias seufzte. "Aber ich liebe ihn. Er ist wie ein Teil meiner Familie. Egal wie viele Fehler sie machen, kann man sie leider nicht so einfach hassen."

"Dann hat meine Mutter wohl nie zur Familie gehört da ich sie so leicht hassen kann."

"Das was du spürst ist kein Hass, sondern Wut.", korrigierte mich Elias. "Ich hatte mal einen Spruch gehört das sagt dass man sein Gesicht im kochenden Wasser nicht sehen kann, aber sobald es sich stillt, dies wieder möglich ist und dass die Wut unseren Sinn genauso beeinflusst. Warte ab bis deine Wut vergeht und du wirst nicht mehr sagen können dass sie dir egal ist."

"Und ob.", widersprach ich und ließ Elias' Hand los. "Du weißt nicht was für ein Mensch sie ist."

"Muss ich auch nicht.", warf Elias ein. "Sie ist deine Mutter. Das reicht mir als Beweis dass du sie niemals hassen kannst."

"Ach Elias... Nicht jede Mutter ist so liebevoll wie deine. Wenn wir schon von Sprüchen reden... Ich habe irgendwo mal gelesen dass die Person die die Welt von seinem brennenden Haus betrachtet denkt dass die ganze Welt im Feuer liegt. Nur weil du in einer liebevollen Familie groß geworden bist, denkst du das alle so aufgewachsen sind wie du, aber das stimmt nicht."

Elias schob sich die hellbraunen Strähnen aus der Stirn. "Du redest so über deine Mutter als ob sie dich gefoltert hätte.", meinte er ironisch und sah mich ungläubig an.

Meine Brust zog sich zusammen. Die Wanne voller Wasser kam mir in den Sinn; wie sie mich dort fast ertränkt hatte, mich ohne Essen für zwei Tage Zuhause eingesperrt hatte und jedesmal wenn ich ihr nicht gehorchte, mich schlug bis ich Ohnmächtig wurde. Ich musste mein Gesicht immer mit mehreren Schichten von Make-up bedecken damit man meine Wunden nicht sah. Ja, sie hatte mich gefoltert und zwar mein ganzes Leben lang.

"Sag mir nicht...", fing Elias an und richtete seine intensiven Blicke in meine Augen. "Hat... Hat sie das etwa tatsächlich getan!?"

Der perfekte LiebesbriefWo Geschichten leben. Entdecke jetzt