* Kapitel 6 *

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Sophia hatte große Mühe ruhig zu bleiben als sie Cole unter das Deck folgte. Isabelle war ihr dicht auf den Fersen, so dicht, das Sophia stets deren Atem in ihrem Nacken spüren konnte. Man konnte nur hoffen, das Isabelle das durchhielt und nicht panisch wurde. Die Gänge unter Deck waren ziemlich eng, doch es gab mehr Räume als es Sophia auf einem Schiff vermutet hätte. Cole führte die beiden Burschen zu einem der Türen und öffnete diese. Dahinter kam ein großer Raum zum Vorschein, in dem mehrere Hängematten hingen.
"Hier werdet ihr mit dem Rest der Crew schlafen", erklärte Cole und er konnte beobachten, wie die beiden ganz bleich wurden. Ihnen gefiel die Vorstellung nicht, mit den Männern in einem Raum zu schlafen und ehrlich gesagt, gefiel dies Cole auch nicht. Doch er hatte keine andere Wahl. Es würde zu verdächtig wirken, wenn er die Burschen bevorzugt behandelte und ihnen eine eigene Kajüte gäbe. Da musste Sophia durch, aber wehe dem, der es wagen sollte, ihr etwas zu tun. Cole räusperte sich kräftig und zeigte den Burschen dann die Vorrats und die Waffenkammer. Letzteres erfüllte die beiden mit Unbehagen. Sophia hoffte und betete, das sie bis zum nächsten Festland in keine Seeschlacht geraten würden und wichtiger noch, das keine Piraten ihren Weg kreuzten. Als Nächstes öffnete Cole eine Tür, die in eine große Kajüte führte und die beiden Burschen kamen aus dem Staunen nicht mehr hinaus. Sophia hätte niemals erwartet, dass ein Schiff so gut ausgestattet sein könnte. Zum einen erblickten sie ein großes Bett, viel zu groß für nur eine Person. Da waren massive Schränke und ein Schreibtisch. Wie Sophia bemerkte, war alles an Wand und Boden befestigt. Das war wohl auch bitter nötig, denn die See konnte manchmal recht unruhig werden. Auf dem Schreibtisch entdeckte Sophia ein totales Chaos aus Büchern und losen Schriftstücken. Auch auf dem Boden lagen überall Sachen herum, was bezeugte, das Cole kein unbedingt ordentlicher Mensch war. Hinter einem roten Vorhang konnte sie einen Zuber erblicken. Im ganzen Raum hing ein Duft, der Sophia sehr gefiel und erst als Cole die Tür wieder verschloss wurde ihr klar, das es sein Geruch war.
"Dies ist meine Kajüte, betretet sie nur, wenn ich es erlaube", sagte er und die beiden nickten. Die Entdeckung des Schiffes ging nun weiter und sie fanden sich kurz darauf in einer recht großen Küche wieder. Erneut war Sophia erstaunt, denn diese Küche konnte locker mit einer vom Festland konkurrieren. Hier ließ sich gewiss gute Speisen zaubern. Allerdings hing ein unschöner Geruch in der Luft. Es stank so widerlich, das sie beinahe gewürgt hätte. Wie sie bemerkte, erging es Isabelle und Cole ebenso.
"Da ging wohl wieder ein Gericht schief", hörte man Cole leise murmeln. Sophia fand schnell den Ursprung des Geruches hinaus. In einem der Töpfe stinkerte eine bräunlich, grüne Brühe vor sich hin. Rasch legte Sophia einen Deckel auf den Topf, hoffend, dies würde den Geruch etwas mildern.
"Sebastian, mein Koch, hat vor kurzem seinen Geschmack verloren. Tristan, du wirst ihm dabei helfen diesen Makel auszugleichen. Mit deiner Hilfe wird das Essen gewiss wieder genießbar", meinte Cole und Sophia nickte gehorchend.
"Und was ist mit Tom?", fragte sie.
"Für ihn habe ich andere Arbeit, kommt mit", meinte Cole und führte die beiden wieder auf das Deck. Dort stellte er ihnen einige aus der Crew vor. Sophia hatte zwar keine Probleme damit, sich die ganzen Namen zu merken, schwieriger wurde es aber, diese den passenden Gesichtern zuzuordnen. Es waren einfach zu viele. Mit der Zeit würde sich dies gewiss bessern und wenn nicht, so war ihr dies auch egal. Rasch fuhr Sophia aus ihren Gedanken, als sie bei einem Mann innehielten, der strohblondes Haar hatte und lässig gegen der Reling lehnte. Seine blauen Augen fixierten die beiden Burschen mit eisiger Kälte.
"Ben, du wirst dich um Tom-Tom kümmern", sagte Cole und der Blonde zog ein grimmiges Gesicht, während Isabelle sichtlich aufschreckte.
"Was soll ich denn mit solch einem Schmächtigen anfangen?", fragte Ben.
"Benutze ihn als Pulveräffchen oder so, mir egal, du wirst schon passende Arbeit für ihn finden", meinte Cole und Ben wirkte überhaupt nicht glücklich. Doch er fügte sich dem Befehl seines Kapitäns. Sophia unterdrückte einen Aufschrei, als Isabelle sich an sie klammerte und ihr beinahe den Arm zerquetschte. Sie hatte sichtlich Panik bei der Vorstellung, diesem düster dreinschauenden Ben gehörig sein zu müssen. Sophia gefiel dies auch nicht, sie hatte gehofft, sie müssten sich auf diesem Schiff nicht trennen. Doch sie mussten sich fügen.
"Reiß dich zusammen", flüsterte Sophia ihr mahnend zu.
"Dann macht euch beide direkt mal an die Arbeit", verlangte Cole und Sophia wollte ihm gehorchen, schaffte es aber nicht sich von Isabelle zu lösen. Ben und einige andere Männer, sahen den zitternden Tom-Tom mit erhobenen Augenbrauen an.
"Mach hier jetzt keine Szene", flüsterte Sophia und zu ihrer Erleichterung blieb Cole ruhig, obwohl sich sein Blick etwas verdüsterte.
"Tom ist sehr schüchtern", versuchte Sophia die Lage zu erklären.
"Tom-Tom ab an die Arbeit oder ich werfe dich ins Meer", drohte Cole und Isabelle gehorchte ihm, wenn auch aus Angst. Besorgt sah Sophia dabei zu, wie sich Isabelle zu Ben gesellte, der ihr einen vernichtenden Blick schenkte. Wie es zwischen ihnen weiterging, wusste Sophia nicht, den Cole versperrte ihr nun die Sicht auf Isabelle.
"Ab in die Küche, Sebastian sollte inzwischen dort sein. Stell dich ihm vor", sagte er und hektisch nickend eilte sie davon, wobei sie das Gefühl hatte, die bohrenden Blicke ihres Kapitäns im Rücken zu spüren.

Des Piraten liebster SchatzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt